Die Befürchtungen, die zum Ende der ersten Staffel geschürt wurden, bewahrheiten sich. Ashley Magnus wurde von der „Verbindung“ genetisch verändert und vereint nun mehrere Fähigkeiten in sich, die das vampirische Ursprungsblut verleiht. Netter Nebeneffekt für die „Verbindung“ ist, dass Ashleys Bewusstsein dabei fast vollständig ausgelöscht wird und sie so zuverlässig Gehorsam leistet. Die Mutationen werden auf fünf weitere Menschen übertragen, so dass die „Verbindung“ nun einen Einsatztrupp hat, dem kaum jemand etwas entgegenstellen kann. Ein Sanctuary nach dem anderen wird angegriffen und es wird nicht lange dauern, bis das Netzwerk vernichtet sein wird.
Helen Magnus muss sich zwangsläufig zwischen ihrer Lebensaufgabe und dem Leben ihrer Tochter entscheiden...
Was in der ersten Staffel noch wie ein wirklich kleines Netzwerk mit wenigen weiteren Zufluchtsstätten neben dem in Old City wirkte und das permanent der Gefahr der Entdeckung ausgesetzt war, ist nun eine weltumspannende, gut ausgebaute Infrastruktur, die von den meisten Staaten unterstützt oder zumindest geduldet wird. Neben dieser Konzeptänderung bzw. -erweiterung ist wohl der Ausstieg Emilie Ullerups die signifikanteste Änderung der zweiten Staffel.
Nachdem ihr Charakter in der ersten Staffel schon vollkommen ausgereizt wirkte und die Beziehung zu dessen Mutter auch nicht so recht auf dem Bildschirm funktionierte, ist dies ein positiver Schritt für die Serie. Die Lücke im Cast wird zwar mit Agam Darshi als Kate Freelander wieder nach der Formel Eye Candy + Waffen (was mit Stärke gleichzusetzen sein soll) besetzt, doch wird gleich zu Beginn versucht, diesem Charakter zum einen eine nicht vollständig erahnbare Vorgeschichte und zum anderen die Möglichkeit sich weiterzuentwickeln zu geben. Freelander hat in den ersten Episoden der Staffel große Probleme damit, das Vertrauen des restlichen Teams zu erlangen und überhaupt mit ihren Prioritäten ins Reine zu kommen, ist sie doch mehr oder weniger immer noch eine Diebin. Ebenso erschwert der kürzliche Verlust Ashleys den Zugang auf persönlicher Ebene. Dies wird durchaus vernünftig dargestellt.
Gerade die Episode „Der Weg ins Licht“ ist hier zu erwähnen. Magnus scheint allmählich den Verstand zu verlieren, ist sie doch überzeugt, dass ihre Tochter die Ereignisse in „Das Ende aller Nächte, Teil 2“ irgendwie überlebt hätte. Während alle anderen ihren Weg finden, um um Ashley zu trauern, steigert sie sich weiter in einen Wahn. Hierbei kommen mehrere kurze Szenen mit Druitt zustande, die wieder von Heyerdahls Spiel dominiert werden und einfach fies sind. Prima.
Nach dem eher düsteren Einstieg in die Staffel wird mit „Zweite Haut“ bewiesen, dass man mittlerweile witzige und selbstironische Episoden schreiben kann, in denen sich die Charaktere locker und selbstsicher bewegen können, ohne dass es gewollt oder lächerlich wirkt. Die teilweise krampfhaft erzwungene Coolness ist fast vollständig gewichen. Die Chemie zwischen den Charakteren stimmt langsam aber sicher und die Dialoge wissen zu überzeugen. Ist Nikola Teslas erster Auftritt in der ersten Staffel noch etwas daneben, macht seine Überheblichkeit die Folge „Könige der Welten“, in der er ein neues Vampirgeschlecht heraufbeschwören will, einfach äußerst spaßig. Wie er über die von ihm eher aus Versehen geschaffenen „hippen“ Vampire herzieht ist goldig.
Der Höhepunkt dieser neuen Gelassenheit findet wohl in den letzten beiden Episoden der Staffel statt. Die Geschichte ist ordentlich geschrieben, baut gut Spannung auf und ist unverkennbar „Sanctuary“, was z.B. Folgen wie „Patient Null“, „Fragmente“ oder „Der Absturz“ fehlt. Ich möchte hier nicht spoilern, so dass ich nur sagen kann, dass die entscheidende Wende durch eine Aktion bzw. eine Szene herbeigeführt wird, die einfach so herrlich neben der Spur ist, dass man als Zuschauer unweigerlich anfängt zu lachen. So macht Sanctuary Spaß.
Quelle: www.kochmedia-film.de |
Visuell bleibt es mehr oder weniger beim Alten. Die großen Räume im Sanctuary sehen immer noch gruselig aus und das Sanctuary in London ist eine Katastrophe. Auch wenn man sich daran langsam gewöhnt, bleibt der Plastik-Look. Allerdings muss man eingestehen, dass hier anscheinend ein Lernprozess im Gang ist. Das Set, das die Gassen von Mumbai darstellen soll und im Staffelfinale Verwendung findet, sieht wirklich gut aus und auch gegen die Szenen, in denen Teile des Sets in computergenerierte Bilder eingefügt wurden, kann man nichts Negatives sagen.
Die Kreaturen sehen mal mäßig, mal grandios aus. Totalausfälle gibt es hier wieder keine. Die Interaktion zwischen Schauspielern und CGI-Monstern kann teilweise wirklich überraschen.
An den drei Blu-rays gibt es aus technischer Sicht nichts zu beanstanden. Genau wie bei der vorigen Staffel gibt es 13 Episoden in brillantem HD. Dazu kommen Audiokommentare zu allen (!) Folgen und Unmengen Extras. Darunter ein Beitrag von der Comic Con, Hinter den Kulissen mit Robin Dunne (der übrigens immense Freude daran hat, seinen Arsch zu zeigen) und Anatomie einer Folge um nur ein paar zu nennen.
Sanctuary - Wächter der Kreaturen: Staffel 2 macht Einiges besser als Staffel 1. Die Charaktere wirken natürlicher, die Chemie stimmt und der Witz wirkt unverkrampft. Auch wenn manche Folgen ein selbstbewusstes „Sanctuary“ auf der Brust tragen, schummeln sich leider dennoch ein paar darunter, die nicht so recht glänzen wollen.
6,8 von 10 dreckige Arbeiten, die zu erledigen waren...