Before Watchmen: Minutemen #1 (DC)
In den Jahren 1986/87 erschien unter der Feder von Alan Moore und dem Zeichenbrett von Dave Gibbons eine der besten Graphic Novels 12-teilige Maxi Series unserer Dekade, die es als einzige ihrer Art im Jahr 2005 auf die Liste der 100 besten englischsprachigen Romane des Time Magazines schaffte. Eine zeitlose Geschichte, die neben den Philosophischen Fragen über die Existenz und Sinnhaftigkeit des menschlichen Lebens bis hin zu sozialen und psychologischen Fragen des einzelnen Individuums ein enormes Spektrum abdeckt. Die Serie war eine der Vorreiterinnen im Bezug auf die Antithese, zum in der Goldenen und Silbernen Ära der Comics bekannten Heldentum. Helden waren nicht mehr unfehlbare, glänzende Gestalten sondern ganz gewöhnliche kaputte Menschen.
In diesem Jahr, gut 26 Jahre nachdem die Watchmen von DC Comics herausgebracht wurden erscheint das offizielle Sequel zu eben jener großen Geschichte. Mit Before Watchmen wird versucht die Vorgeschichten und tieferen Hintergründe jener sonderbaren Helden zu umschreiben, die wir alle aus dem Roman bereits kennen. Ausgabe #1 beschäftigt sich hierbei mit den Minutemen, also jener ersten Gruppierung von maskierten Abenteurern, die in Watchmen bereits lange in Rente und in traurige Vergessenheit geschickt wurden.
Der Issue wird aus der Perspektive von Hollis Mason erzähl, der seiner Zeit die erste Night Owl verkörpert hat. Dieser Arbeitet grade an seinem Buch „Under the Hood“ in dem er alles über die Zeit bei den Minutmen bekannt geben möchte. Sozusagen die ungeschönte Wahrheit. Die erste Ausgabe macht es meiner Meinung nach sehr geschickt und gelungen, wie sie aus Hollis wehmütiger Schwelgerei für das „alte“ Heldentum, jeden einzelnen der maskierten Rächer nach und nach vorstellt, jeden mit seinem ganz speziellen Hintergrund und Flair, was auch im leicht variierenden Stil der einzelnen Panels grafisch gut unterstützt wird. Getragen wird die Geschichte dabei von Night Owls schwermütiger Erzählstimme mit der er den Leser durch die einzelnen Vorstellungssequenzen führt. Es mag nur mir so gehen, dennoch habe ich das Gefühl, dass die Autoren es äußerst gut getroffen haben die Erzähl- und Ausdrucksweise von Alan Moore anzunehmen, sodass sich die Geschichte tatsächlich anfühlt als wäre sie dem Selben Universum entsprungen. Überallem schwingt, selbst hier, ein Hauch der Watchmen typischen Melancholie mit. Was für die Dialoge zutrifft stimmt in gleichem Maße auch für den visuellen Bereich, hier wurde ebenso verhältnismäßig liebevoll versucht den Stil des 80er Jahre Originals gerecht zu werden ohne aber im Detail auf moderne Methoden zu verzichten besonders der zwei seitige Teil eins von „The Curse of the Crimson Corsair“ ist mit seinen düsteren, überschattierten Szenen ein Beispiel für diese gute Überführung ins Modernere.
Es gab eingangs von vielen Seiten Kritik und rollende Augen als DC Mitte letzten Jahres mit der Idee um die Ecke kam, die Watchman mit einem Sequel neu aufleben zu lassen. Von Geldmacherei, Ausschlachtung bis zum Boykott war in der Nerdszene viel gewettert worden. Nach Betrachtung der ersten Ausgabe scheinen all diese Zweifel allerdings gründlich ausgeräumt worden zu sein. Es wird sich zeigen ob sie dieses hohe erzählerische Niveau auf Dauer durchhalten werden. Before Watchmen: Minutemen #1, macht in jedemfall sehr viel Lust auf mehr aus dem Watchmen Universum.
8 von 10 Minuten-Menschen