Samstag, 7. Juli 2012

Freud – Die Graphic Novel (Knesebeck)

Freud – Die Graphic Novel (Knesebeck)

Sigmund Freud ehemals Sigismund Schlomo Freud ist als Mitbegründer der modernen Psychoanalyse wohl einer der bekanntesten Experten auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften. Kaum einer kennt ihn nicht, besonders weil er von Anfang der Neunziger Jahre bis in die heutige Zeit eine Art Kultstatus erreicht hat, ganz ähnlich wie es auch bei Albert Einstein gewesen ist. Sein Geist ist Kultur und seine Person Sinnbild für die Psychologie und Psychiatrie geworden und auch wenn viele seiner Ideen nicht bis heute bestand hatten, so sind doch einige seiner Methoden auch heute noch gängige Praxis in der Behandlung von seelischen Erkrankungen.

Eben jenem Wiener Arzt, Psychologen und sogar Religionskritiker widmen sich die Psychologin/Soziologin Corinne Maier und die Künstlerin Anne Simon in einer französischen Graphic Novel, die die wichtigstens und prägsamsten Momente in Freuds Leben einzufangen versucht. In ein bis zweiseitigen Passagen werden diese Erlebnisse grafisch und auch etwas spielerisch dargestellt. Von seiner Geburt in einer armen jüdischen Familie, sein Leben in Wien, sein Interesse an der Medizin und dem geistigen Wesen der Menschen und später seine Passion für die Psychoanalyse.

Einer seiner ersten Fälle der von Anna O. , an dem er erkennt wie unbrauchbar die bisherigen Methoden der Medizin (in diesem Fall von Dr. Breuer) sind um der Frau mit Hysterie wirklich helfen zu können. Dies führt ihn auf den Weg etwas Neues zu versuchen der Weg der sogenannten „talking cure“ einer frühen Form der heutigen Gesprächstherapie. Sein Selbst ebenfalls nicht frei von Makel führt ihn in eine Phase der Selbstanalyse in der er sich auf seine eigene Traumwelt konzentriert, die ihn zunehmend umtreibt. Durch das dokumentieren und beobachten seiner einen Träume gelangt er zur Erkenntnis über die als Traumdeutung bekannte Methodik in der gewissen Bildern und Symbolen bestimmte seelische Vorgänge und Wünsche zugeordnet werden können. Für ihn selbst führt dies zu einer klareren Selbsterkenntnis, Sigmund fürchtet sich sehr vor seiner eigenen Vergänglichkeit und dem Tod.
Viele Jahre später, in welchen er als Missionar für die Psychoanalyse durch Europa und letztlich sogar nach Amerika reiste erlangt er zunehmende Bekanntheit wird aber auf Grund seiner strikten Sexualisierung des menschlichen Handelns („mit der Libido lässt sich alles erklären“) zunehmend stärker kritisiert. Spätestens der Fall Dora macht deutlich wie strikt konservativ Freuds Denkweise gewesen ist und das auf einem zugleich so revolutionären Gebiet wie der Psychoanalyse. Eben jener Patientin unterstellt der Professor nämlich auf Grund ihrer Abneigung zu Herrn K. (einem Mann der Dora avancen macht), dass diese sich zu ihm hingezogen fühle. Was Dora sehr verärgert auf nimmt und die Behandlung empört beendet. Freud hatte sich auf Grund seiner beschränkten Sichtweise geirrt, sie war in wirklichkeit an der Frau von Herrn K. interessiert gewesen. Diese Frauenfeindlichkeit führte zu einer Welle der Empörung veränderte Freud aber kaum. Auch ohne sein zu tun hatten sich längst viele Frauen dazu entschlossen Psychoanalytikerinnen zu werden, nicht zuletzt auf Grund der Frauenbilder die jene alt eingesessenen „Herrengesellschaften“ zu prägen pflegten.

Aber wie bereits angemerkt waren nicht alle auf Sigmunds Seite und besonders das  Zerwürfnis mit seinem einstigen „Schüler“ Karl Gustav Jung zeigte wie strikt Freud an seiner Sexualtheorie festhalten wollte. Es folgen zwei Kriege und die Verfolgung durch die Nazis, was Freud letztlich aus seinem geliebten Österreich nach England vertreibt. Hier verbringt er die letzten Jahre seines Lebens, bis ihn das Leiden an dem vor einigen Jahren diagnostizierte Gaumenkrebs so sehr zeichnet, dass er seinen Arzt Dr. Schur bittet ihn von der Qual zu erlösen – am 23. September 1939 verstirb Sigmund Freud im Kreise seiner Familie. Doch seine dutzenden Theorien, Bücher und Aufzeichnungen werden diesen Tag überdauern.

Die einzelnen Panels die seine Geschichte erzählen sind mit einer relativ beschränkten Farbpalette aufgetragen worden. Am häufigsten vertreten sind die Farben Braun, Rot und Grün. Diese eher gedeckten Töne in Kombination mit jenen typisch französischen Comic-Zeichnungen, der École des Arts Décoratifs, lassen die Novel zwar historisch aber zugleich auch verspielt aussehen.
Ergänzend dazu wird alles aus Freuds Sicht erzählt und zwar ganz ähnlich, wie etwa in "Es war einmal das Leben" (falls jemand diese französisch/deutsche Kindersendung noch kennt). Freud der häufig vergnügt als Erzähler von seinem Leben, seinen Gedanken und seinen Patienten berichtet wirkt dabei mehr wie ein Freund der den Kindern oder den Lesern einfach etwas erzählen möchte. Ein Vorgehen, dass es ermöglicht das schwere Thema der Psychoanalyse in vereinfachter Weise dem großen Publikum beinzubringen, so dass jeder in etwa versteht warum Freuds Ideen eine solche Bedeutung für die moderne Psychologie haben.

Alles in allem eine wirklich gelungene Aufarbeitung des Lebens einer der einflussreichsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, zusammengefasst und mit eine Prise Selbstironie aufbereitet ist diese Graphic Novel uneingeschränkt zu empfehlen.

8.9 vom 10 unterdrückten Freud‘n