Der Dieb von Bagdad (1940) [Anolis]
Der junge Kalif Ahmad (John Justin) möchte ein guter Herrscher sein. So mischt er sich verkleidet unter das Volk des ihm untergebenen Bagdads. Dem Großwesir Jaffar (Conrad Veidt) ist er jedoch ein Dorn im Auge. Er stellt dem gutmütigen Herrscher eine Falle und sperrt ihn in den Kerker. Dort lernt dieser den Dieb Abu (Sabu) kennen. Gemeinsam können sie ausbrechen und nach Basra flüchten, wo sich Ahmad und die Tochter (June Duprez) des dortigen Sultans (Miles Malleson) unsterblich ineinander verlieben. Leider hält auch Jaffar Basra für eine Reise wert. Ahmad und der tapfere Abu werden erneut gefasst und diesmal verzaubert. Ahmad erblindet und Abu wird in einen Hund verwandelt. Währenddessen flieht die Prinzessin aus dem Palast...
Die Zusammenfassung trifft den Inhalt nicht mal im Ansatz. Nicht nur, weil sie die Handlung wirklich nur ankratzt, sondern auch dem Märchen- und Zauberhaften des Films in keinster Weise gerecht wird. Screw you, sprachliches Unvermögen!
Dieses Remake des Stummfilms mit demselben Namen von 1924 ist letztlich der Inbegriff dessen, was man sich von einem Abenteuerfilm im Umfeld von Tausenduneine Nacht vorstellt. Da gibt's Intrigen unter den Herrschaften, unsterbliche Liebe, Magie, Wesen wie ein Flugpferd und einen Dschinn, den ausgefuchsten, klugen und liebenswerten Dieb Abu und später sogar einen fliegenden Teppich. Das sind alles Elemente, die zwar schon zuvor schon in Geschichten und auch im Film zu haben waren, doch Der Dieb von Bagdad brachte sie 1940 sowohl vom Drehbuch als auch von der Technik her so schön unter einen Hut, dass der Film auch heute noch seinen Zauber wirken kann. Erstaunlich ist, dass man, obwohl die Charaktere alle vollkommen überzeichnet sind, kaum auf Stereotypen trifft, die dem damaligen Zeitgeist entsprangen und uns heute als befremdlich oder schlichtweg politisch nicht korrekt erscheinen. Bei einer "westlichen" Produktion, die sich mit einer "exotischen" Geschichte beschäftigt und Ende der Dreißiger entstand, empfinde ich das als bemerkenswert. Hiermit habe ich es dann auch bemerkt. Bravo.
Der Film wird nicht strikt linear erzählt. Es werden über mehrere Rückblenden Teile der Geschichte offenbart, so dass man sich langsam dem Ist-Zustand annähert. Der Ist-Zustand ist zu Beginn der, dass der erblindete Ahmed in den Palast des Großwesirs gelockt wird und er dort das bisher Geschehene erzählt. Ab etwa der Mitte des Films kommt das Erzählte in der Filmgegenwart an. Ein Konzept, das den Film auch bei heutigen Sehgewohnheiten immer noch spannend gestaltet.
Tricktechnisch ist der Farbfilm ein Meisterwerk. Der Aufwand, der damals betrieben wurde, ist auch heute noch spürbar. Natürlich sehen Szenen wie der Kampf mit der Riesenspinne, der im Übrigen von Robert E. Howards "The Tower of the Elephant" inspiriert wurde, dann doch eher lustig als imposant aus. Andererseits sind die Szenen mit Abu und dem Dschinn (Rex Ingram) großartig.
Anolis Entertainment hat den Film mit der vorliegenden Blu-ray würdevoll in das HD-Zeitalter transferiert. Auch wenn die Qualität soweit in Ordnung ist, gibt es immer wieder Szenen, die ein wenig mehr Aufmerksamkeit bei der Nachbearbeitung verlangt hätten. So sind Szenen unscharf oder haben leicht veränderte Farben. Zudem flackert das Bild in wenigen Fällen.
Der Ton ist nur Mono vorhanden, aber hier hat auch niemand Wunder erwartet. Das leichte Grundrauschen hätte jedoch eventuell verhindert werden können.
Das Bonusmaterial ist fein ausgewählt worden. Es umfasst zum einen die fast einstündige Dokumentation "Sabu - Der Elefantenjunge" über das bewegte Leben des Sabu, der auch später noch durch "Das Dschungelbuch" von 1942 Ruhm erlangen konnte. Desweiteren gibt es Trailer zum Film, u.a. auch einen "Trailer from Hell", in dem Ernest Dickerson etwas zu seinen Erfahrungen mit dem Film berichtet. Nicht zu vergessen ist der Audiokommentar von Filmhistoriker Dr. Rolf Giesen.
Der Dieb von Bagdad ist auch heute noch ein wunderbarer Film für Groß und Klein. Die Veröffentlichung von Anolis kann sich sehen lassen, auch wenn ein paar Abstriche gemacht werden müssen.
8,2 von 10 Würste für in die Hand