Die offizielle Marvel-Comic-Sammlung #55 - Thunderbolts: Vertrauen in Monster (Hachette)
Enthält die US-Hefte Thunderbolts #110-#115 und Civil War: Choosing Sides
Als über 800 Menschen durch das Fehlverhalten der New Warriors verstarben, starb mit ihnen auch die Hoffnung, die die Menschen in ihre Superhelden steckten. Die Avengers waren plötzlich so unbeliebt wie nie und die schillernde Phase ihrer Karriere für immer vorbei. Als Reaktion darauf initiierte Tony Stark, auch bekannt als Iron Man ein Regierungsprogramm das dazu dienen sollte alle Superhelden zu registrieren. Danach sollten sie für die USA in den Kampf ziehen. Doch Captain America und einige andere Helden sträubten sich dagegen sich in die Hände der Regierunge zu begeben. Dies ist die Zeit der Thunderbolts, ehemalige Superschurken die unter der Führung des machthungrigen Norman Osborne aus verschiedensten, aber sicherlich nicht ehrenvollen Gründen für die US-Regierung gegen das Böse antreten. Im Auftrag der Nation jagen sie Superhelden die sich nicht registrieren wollen und gehen gemäß ihrer Natur dabei nie zimperlich vor.
Wie schon öfter gesagt mag ich die Thunderbolts nicht wirklich. Ihre hier anzutreffende Inkarnation ist eine Reaktion auf die stark autoritäre Politik der USA nach den Anschlägen des 11. Septembers. Also die Comicabhandlung einer finsteren Zeit der US-amerikanischen Außenpolitik der letzten Jahre. Norman Osborne herrscht mit eiserner Hand über sein Team, die letzten echten Helden müssen sich verstecken oder sind Schergen eines korrupten Systems geworden. Zugleich gibt es jedoch auch unter den freien Helden faschistische Tendenzen, wenn diese völlig ohne völkerrechtliche Legitimation agieren und ihr Vigilantentum dazu nutzen unkontrolliert ihre Supermacht auszuspielen. Eigentlich sind in diesem Konzept viele interessante Ideen zu entdecken, die eigentlich mehr Aufmerksamkeit verdienen würden. Ärgerlich nur, dass es sich dann doch eher um plumpe Systemkritik handelt. Das dahinterstehende Politikverständnis ist sehr von einem schwarzweiß Denken geprägt, das schwere Sachzusammenhänge vereinfacht und es selbst zu einer kruden Ideologie werden lässt. Als Zeitzeugnis sicherlich interessant, ausgewogenes und intelligentes Storytelling sieht jedoch anders aus.
Dadurch sind die Thunderbolts, die ja auf dem Papier durchaus ein spannendes Experiment darstellen, leider eher plump geraten und teilweise so heftig übertrieben böse das es keinen Spaß macht. Ellis versucht sich oftmals Dinge hinzubiegen und forciert Feindbilder. Die Hintergründe sind zwar ehrbar, die Umsetzung spricht den Lesern jedoch jegliches eigene Denkvermögen ab und zeichnet ein klares und viel zu einfaches Bild von Gut und Böse. Etwas, dass generell eines der Probleme des “Civil War“ war. Gutes Konzept, nicht ganz so gut umgesetzt.
Hui, dafür gibt es schöne Cover und auch der Innenteil von Mike Deodato Jr. (Wonder Woman) gezeichnet, kann durchaus begeistern. Sein Verständnis von weiblicher Anatomie sollte man vielleicht dennoch mal hinterfragen. Hier fällt leider mal wieder die gängige Sexualisierung und vor allem vollständige Objektifizierung der weiblichen Heldinnen ins Auge. Sieht man davon jedoch ab, gibt es nichts am Artwork zu meckern. Die Action geht flott ab, auch atmosphärische Panel funktionieren und insgesamt ist der Herr stilsicher und liefert saubere, klare Zeichnungen ab. Ein extra großes Lob bekommt Deodato für die Schattenspielereien in den Szenen mit Bullseye. Eine nette Homage an alte Daredevil Tage.
Wie immer bei den Bänden aus der Hachette Sammlung gibt es auch dieses mal Extras zu der eigentlichen Story. So bekommt ihr einige Infos zu den Thunderbolts und zum Zeichner, sowie ein Vorwort und ein Variant-Cover.
6 von 10 Helden im Rollstuhl