Sonntag, 3. Juni 2012

Gwendoline (1984)

Gwendoline (1984)

Gwendoline (Tawny Kitaen) lässt sich zusammen mit ihrer Freundin Beth (Zabou Breitman, in den Credits nur als „Zabou“ gelistet) versteckt in einer Kiste nach China verschiffen. Dort hofft die aus einem Kloster ausgebüchste, junge Frau ihren Vater zu finden. Der ist nämlich auf der Suche nach einem äußerst seltenen Schmetterling, um durch ihn zu Ruhm und Ehre zu gelangen (pfff. Nerd!).
Natürlich geraten Gwendoline und Beth sofort in Schwierigkeiten, können aber von Seemann/Abenteurer/Allaround Badass Willard gerettet werden. Selbstverständlich verliebt sich Gwendoline unsterblich in den Draufgänger und nach einigem hin und her (und nach einer Erpressung), ist er auch bereit die beiden Damen, bei der Suche zu unterstützen. Jedoch stellen sie schon bald fest, dass Gwendolines Vater verstorben ist. Um ihn zu ehren macht sie sich auf die Suche nach dem Schmetterling, um ihn zu fangen und ihm den Namen ihres Vaters zu geben. Bevor sie das schaffen kann muss sie sich aber noch mit Eingeborenen und unterirdischen Amazonen mit Hang zu Fetischklamotten rumschlagen.

Just hangin' around
John Willies Kult- (boah, wie ich dieses Wort hasse, aber manchmal kommt man nicht drum herum) Comicfigur dürfte vielen hierzulande vor allem aus dem Song Sweet, Sweet Gwendoline von den Ärzten bekannt sein (Wikipedia sagt mir grade, dass Umbra et Imago und ASP auch nen Song über Gwendoline haben. Ich weiger mich jetzt aber mal mir dieses lahme Gothic Gestampfe anzuhören. Nennt mich ruhig ignorant.) Wie viele dieser Leute habe ich auch nie einen Comic mit Gwendoline in der Hauptrolle gelesen. Bildungslücke? Wer weiß. Nach dem Genuss des Trailers Zu The Perils of Gwendoline in the Land of the Yik-Yak war aber klar, dass ich mich zumindest mit der filmischen Umsetzung des Ganzen beschäftigen muss.

Regie führte Just Jaeckin, der bereits für Emanuelle und die Geschichte der O verantwortlich war.
Und auch wenn der Mann nicht viele Filme gedreht hat (laut IMDb gerade mal acht Spielfilme), merkt man, dass er sein Handwerk versteht. Sicherlich ist er kein Meister seines Fachs, aber er schafft es wirklich eine sehr interessante Atmosphäre zu erschaffen.  

Irgendwo zwischen seichter Erotik, Abenteurer und leichter Komödie kann man den Film ansiedeln. Ich hatte jedenfalls die ganze Zeit über das Gefühl,dass sich alle zwar schon irgendwie bewusst waren, was für einen Film sie drehen, aber sich trotzdem viel Mühe geben, das Ganze nicht komplett im Trash oder Exploitationsumpf versinken zu lassen. Was garnicht so einfach gewesen sein dürfte, wenn man sich die Story so ansieht. Und Wenn dann noch die Amazonen in ihren Lederrüstungen auftauchen und ein Wagenrennen abhalten, bei dem die Wagen nicht von Pferden sondern von den Frauen selbst gezogen werden, dann wird einem klar, dass man entweder sehr überzeugt sein muss, von dem was man tut oder halt komplett bekloppt.

Das beste Wagenrennen seit Ben Hur?
Da ich ja nun schon die Story ins Spiel gebracht habe, dazu noch ein paar Worte: Die ist total Gaga. Ich weiß bei so einigen Punkten wirklich nicht so genau, was da jetzt eigentlich Sache war und warum einige Dinge passieren, war aber zu keinem Zeitpunkt genervt davon. Es ist ja auch nicht so, dass es besonders verwirrend wäre oder kompliziert. Manchmal erscheint einiges halt einfach willkürlich. Wenn man sich aber darauf einlasen kann und das akzeptiert, stellt das kein Problem dar.

Gleiches gilt für die Optik. Bereits die erste Szene in der chinesichen Hafenstadt, die so eindeutig eine Studiokulisse ist, zeigt wo es langgeht. Denn trotz dieser Eindeutigkeit ist sie wirklich schön gefilmt. Besonders gut kommt Jaeckins Fähigkeit stimmungsvolle Bilder zu produzieren in den Außenaufnahmen zur Geltung. (Diese kommen allerdings selten vor, deshalb genießt sie solange ihr könnt)

Die Charaktere sind auch absolut in Ordnung. Gwendoline ist zu Beginn ein ziemlich naives Mädchen und n bisschen nervig, wandelt sich im Laufe des Films aber auffällig und kann einiges an Sympathien gewinnen. Willard ist eigentlich der typische 80er Jahre Abenteuer Typ, der nach und nach, seine raue Schale ablegt und zeigt, dass er doch ein Herz aus Gold hat. Nix Neues also, aber auch nix komplett bescheuertes.

Merkwürdig (als wenn dieses Wort in Zusammenhang mit diesem Film überhaupt die gleiche Bedeutung hat, wie sonst) ist hingegen der Soundtrack geraten. Wie beim Rest auch, eine Mischung aus Erotik- und Abenteuerfilm typischen Melodien nur mit Synthies. Wieder nicht schlecht, aber auch nicht wirklich geil.

Ich weiß nicht. Irgendwie sieht Willard nicht so aus, als würde er leiden.
Zusammenfassend kann ich eigentlich nur sagen, dass mich der Film tatsächlich über die gesamte Laufzeit unterhalten hat. Das liegt vielleicht daran, dass er immer eine gewisse Balance hält, zwischen den Genres, die er abzudecken gedenkt. Nie driftet zu sehr in den Erotik- und schon gar nicht in den Sexploitation-Bereich ab. Auch die sehr französische Machart kommt dem Film zu Gute. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber ich bin mir sicher, dass er unter amerikanischer oder italienischer Regie sicherlich in wesentlich höherem Maße dem Expoitationbereich zuzurechnen gewesen wäre. Klar, n gewisser Exploitationfaktor is vorhanden, das lässt sich bei so einem Film nicht vermeiden, aber es hätte viel schlimmer kommen können. Und irgendwie hat der Film auch zu viel Charme, um komplett im Film gewordenen Mittelmaß zu versinken. Wer sich also drauf einlassen kann, wird sicher nicht enttäuscht werden.

6 von 10 Flötensoli ohne Partitur