Donnerstag, 3. März 2011

Zardoz (1974)


2293. Die Menschheit ist gespalten in „Brutale“ und „Ewige“. Die Brutalen leben in einem post-apokalyptischen Ödland und beten zu ihrem Gott Zardoz. Dieser Zardoz düst in seinem böse dreinschauenden Steinkopf über die wüste Landschaft und verteilt Befehle an seine Exterminatoren, die diese auch blinden Glaubens ausführen – gekleidet in freizügige rote Lappen um die Lenden und komfortablen Overknees. Unter die Befehle fallen Vergewaltigungen, Erschießungen und generell Terror der restlichen Bevölkerung, also alles, was sich eines guten Gottes ziemt. Fast schon biblisch sind seine Predigten, bevor er Knarren vor die Füße seiner Jünger kotzt. So preist er die Waffe an, verschieße sie doch Tod und reinige somit die Erde von der Plage der Menschheit, verflucht aber den Penis, verschieße er doch Samen, der die Erde verunreinige.

Eines Tages jedoch gelangt einer der Jünger, ein lächerlich stark behaartes Exemplar mit Happy Moustache Face namens Zed (Sean Connery), in den Steinkopf. Er findet in Klarsichtfolie eingepackte Frauen und einen Herren, der dort sein Unwesen treibt. In Unwissenheit, wer das sein könnte, und weil er es einfach nicht anders kennt, erschießt Zed den Typen. Währenddessen dringt der Steinkopf in den Vortex ein. Der Vortex ist ein von der Außenwelt abgeschottetes Paradies, in das sich die Ewigen zurückgezogen haben, um das einstige Wissen und die Kultur des Menschen zu konservieren. Die Ewigen, die durch einen Computer namens „Tabernakel“ immer wieder zum Leben erweckt werden, sehen in Zed eine willkommene Abwechslung zu ihrem von Stagnation geprägten Dasein. Denn sogar der dumme Zed sieht, dass dieses Paradies so seine Tücken hat, und - viel schlimmer noch - er lernt Unheimliches über den Mann mit dem lustigen Tuch auf'm Kopf, den er zuvor vermeintlich des Lebens beraubt hat...

Sean Connery in einer seiner ersten Rollen nach James Bond. Das ist schon eine krasse Nummer, wenn man vom Blockbuster-Kino in die dunklen feuchten Gemäuer der Trash-Kunst absteigt. Aber in meinen Augen hat der Herr sich hier wirklich ein viel größeres Denkmal gesetzt als mit dem Geheimagenten, den jeder kennt. Der Film ist echt ein Schweizer Taschenmesser. Will man Trash bekommt man ihn. Will man Gesellschaftskritik oder eine kritische Zukunftsvision bekommt man sie.
Auf der Trash-Seite gibt es da zum einen natürlich die Kostüme. Ich weiß nicht wie man '74 über einen haarigen 2-Meter-Mann in oben erwähnter „Bekleidung“ gedacht hat, aber für mich, aus heutiger Sicht, funktioniert das nicht. Naja, obwohl, doch. Ich kann mich herrlich darüber amüsieren. Die meisten Ewigen sehen auch eher achtlos bekleidet aus. Als ob man sie mit dünnen Tüchern beworfen hätte, um zu gucken, wo es denn hält.
Auch bezüglich der „Effekte“ wird nichts verschenkt. So wird die Barriere, die den Vortex umgibt, durch eine Plexiglasscheibe dargestellt, an die sich Sir Connery wie ein Kleinkind an ein Schaufenster drückt. Die Animation eines erigierenden Penis, die sich die bocklosen Ewigen bei einer Versammlung anschauen, hält ebenfalls ein Schmunzeln parat. Arg zermürbend wird’s, wenn im weiteren Verlauf des Films die psychedelischen Farbeffekte ausgepackt werden.
Geht man ernsthaft an diesen Film ran, findet man einiges, was auch heute noch beziehungsweise besonders heute akut ist. So ist der Streifen durchzogen mit dem Thema der sozialen Ab-/Ausgrenzung, sei es gewollt oder ungewollt. Da wäre vorrangig die Trennung der „dummen“ Armen (die Brutalen) von der kleinen Gruppe der intellektuellen Reichen (die Ewigen) durch die unsichtbare Barriere. Wir sind da ja noch nicht soweit, wir bauen deutlich sichtbare Zäune. Es soll ja auch allen klar werden, dass das unser Wohlstand ist und nicht deren. Der Wohlstand ist das größte Problem der Ewigen. Dadurch, dass sie alles haben und auch im Grunde alles machen können, werden sie ihres Lebens müde. Es fehlt ihnen an Aufgaben, an Herausforderungen. Einige von ihnen werden apathisch, erkranken an der Gesellschaft, in der sie leben. Sie werden von den anderen abgeschoben und teilweise für die Lebensweise verachtet, die sie sich ja nunmal nicht ausgesucht haben. Ebenso gehen die Ewigen mit den Alten und Senilen um, die in ihrem Zustand auf ewig gefangen bleiben, sollten sie nicht auf irgendeine Weise umkommen und wiedergeboren werden. Dieses Dilemma, dass sie nicht sterben können, haben sie dem Umstand zu verdanken, dass sie sich gänzlich dem Supercomputer Schabernackel...äh...Tabernakel hingegeben haben. Die Technik hat die Überhand gewonnen und bestimmt das Leben der Menschen.
Interessant ist außerdem der Glaubenskonflikt in den Zed reinrasselt, je mehr er über seinen Gott Zardoz erfährt.

Jetzt kommt natürlich die Frage auf, wie das alles zusammengehalten wird. Wie kann derartiger Schrott inhaltlich gut funktionieren? Meine Vermutung ist, dass es die Unbeholfenheit der Präsentation ist. Der Film stolpert wie ein Giraffenbaby direkt nach der Geburt über seine ersten Schritte. Als Zuschauer ist das knuffig und faszinierend anzusehen.

7 von 10 Zauberer von Oz