Donnerstag, 5. Dezember 2013

Phantom (2013)

Phantom (2013)

Nach einem weiteren harten Tag in der Fabrik, der natürlich viel zu wenig Geld eingebracht hat, legt sich eine junge Frau (Yuki Fujita) in Tokyo schlafen. Da es ihr aber nicht gelingt ins Reich der Träume überzusetzen beginnt sie ein Gespräch mit ihrem Freund (Masato Tsujioka). Sie beginnen über ihre alltäglichen Probleme zu reden. Es ist nicht genug Geld da, die kleine Wohnung ist zu teuer, normale soziale Situationen machen ihr angst, es wird immer schwerer aus dem Haus zu gehen und auch aus dem Bett quält sie sich jeden Tag mühvoller. Überhaupt sucht sie sehr erfolglos einen Sinn im Leben, einen Grund damit weiter zu machen und einen Platz in der Welt scheint es bisher auch nicht für sie zu geben.

Dieser japanische Kunstfilm von Jonathan Soler ist ein sehr reduziertes Erlebnis. Es Beginnt damit, wie die namenlose Protagonistin von der Arbeit kommt und ihren Feierabend alleine verbringt. In ruhigen Bildern und ganz ohne Erzählerdialog sehen wir ihren tristen Alltag mit an. Dann legt sie sich ins Bett und von da an beginnt der Dialog mit ihrem Freund, der vielleicht auch gar nicht existiert. Der Rest des Films ist die Zeit bevor sie einschläft.

Das die beiden einzigen Figuren des Films keine Namen haben, hilft dabei zu verdeutlichen, dass sie nur Phantome sind, die in der Gesellschaft keinen Platz haben und vor allen übersehen werden, da sie keinen größeren Nutzen haben. Genau darum geht es von nun an. Die beiden sprechen über ihre alltäglichen Probleme. Seien sie von Finanzieller Art, psychisch oder wie auch immer. Dabei verliert sie sich zunehmend in negativen Denkspiralen und stellt den Sinn ihres Lebens in Frage.

Die beiden liegen währenddessen in der Dunkelheit und sprechen einfach nur. Um den Film trotz seiner minimalistischen Erzählweise, die nur aus einem 70 Minuten langen Dialog besteht, dynamisch zu halten streut er vollkommen wahllos alltägliche Aufnahmen aus dem japanischen Alltag. Zu sehen sind Schnellrestaurants, Wochenmärkte, Parks, spazierende Leute, Aufzüge, Hotels und alles andere was man so in der Stadt ständig vor Augen hat. Dabei fokussiert der Regisseur sich sehr oft auf kleine Details, die man sonst leicht übersehen könnte. Während er sich also in den Dialogen sehr viel auf Emotionen und Empfindungen konzentriert, die man eigentlich nur selten laut ausspricht, zeigt die Kamera uns das kleine alltägliche, das so normal ist, dass wir es schon lange nicht mehr sehen. Dadurch ergeben sich interessante Parallelen zwischen Erzählart und Bildsprache. Denn genauso wie die alltäglichen Dinge sind auch die negativen Emotionen Sachen, die immer vorhanden, aber meist schon gar nicht mehr beachtet werden.

Dadurch, dass wirklich absolut nichts passiert kann die Zeit schon manchmal etwas zäh werden. Andererseits ist der Dialog gut geschrieben und schafft es das komplette Spektrum der negativen Emotionen abzudecken ohne dieses Thema Prätentiös anzugehen. Der Dialog wirkt teilweise zwar gekünstelt, aber nur auf eine Art die der Effektivität des Films zu gute kommt. Finde ich schnell nervig, hier passt es aber, weil der Film seine eigene Welt kreiert. Trotzdem ist es nie zu blumig oder forciert und es könnte sich wirklich um all die schlechten Gedanken handeln von denen man geplagt wird wenn der Schlaf einfach nicht eintreten will.



Die Szenen des japanischen Alltags sind sehr schön gefilmt und schaffen es mitunter den Rest etwas aufzulockern. Teilweise scheinen sich durch die eingespielten Schnipsel neue Bedeutungsebenen aufzutun, manchmal wird aber wohl auch nur einfach irgendwas gezeigt. Jedenfalls fiel mir nicht immer eine tiefere Bedeutung der Bilder auf. Ich mag generell aber die Konzentration auf diese Nebensächlichkeiten und hübsch sieht es ja auch aus.

Phantom ist ein interessanter Film, der entschieden von normalen Sehgewohnheiten abweicht und schon allein dafür ein wenig Aufmerksamkeit verdient hat. Ein paar Teile des Dialogs ziehen sich dann allerdings doch ein wenig, ansonsten handelt es sich um eine ehrlich und sehr privat wirkender Einblick in die Psyche einer jungen, verzweifelten Frau. Auch die Darsteller machen ihre Sache gut. Dabei feiert Yuki Fujita hier irh Filmdebüt, während ihr Kollege Masato Tsujioka (Suicide Circle) schon aus einigen anderen japanischen Produktionen bekannt.  Außerdem sind die Bilder wirklich hübsch geworden. Sicherlich ein Film für einen nachdenklichen Nachmittag. Man muss aber wirklich in der richtigen Stimmung dafür sein, ansonsten wird man sich vermutlich schneller langweilen und geistig abschweifen.

Bisher gibt es den Film nur im O-Ton mit englischen Untertiteln zu sehen, letztere sind teilweise aber noch ein wenig holprig.

7,8 von 10 Mütter die zu viel ahnen