Revival #1: Unter Freunden (Cross Cult)
Der kleine Ort Wausau in Wisconsin war vor kurzem noch vollkommen unbeachtet und einfach nur eine alte, kleine, abgelegene Gemeinde. Dann änderte sich jedoch etwas grundlegendes. Alle kürzlich verstorbenen Personen des Orts steigen aus ihrem Totenbett und wandeln wieder ganz normal unter ihren Angehörigen. Aber nicht etwa als hirnhungrige Zombies, sondern eben genauso wie vorher. Unter den Einwohner kommt es dadurch natürlich zu Irritationen. Die Menschen müssen damit klar kommen, dass ehemals Tote unter ihnen Leben, dann werden sie noch von der Presse belagert und stehen unter Quarantäne. Im Ort scheint nicht nur der Tod besiegt zu sein, sondern auch ein schemenhafter Geist befindet sich dort. Sowohl gottesfürchtige und teilweise in ihrem Glauben erschütterte Menschen, als auch sensationslüsterne Medienvertreter lassen die Stimmung im Ort immer mehr hoch kochen. Bei all diesem Chaos versucht Police Officer Dana Cypress den Überblick zu behalten und einen verwirrenden Mordfall zu lösen, in den auch ihre kleine Schwester involviert wird.
In seinem neuen Horror / Crime Comic “Revival” lässt Tim Seeley (Hack/Slash) die toten wieder auferstehen. Dabei entert der gute Mann allerdings nicht wie fast alle anderen popkulturellen Künstlern dieser Zeit den Zombiezug, sondern geht die Widerkehrer ganz anders an. Das Problem bei Revival ist nämlich nicht so leicht zu lösen. Ein Kopfschuss hält die Toten nicht am Boden und eigentlich will das niemand, schließlich handelt es sich bei diesen Leuten ja um geliebte Familienmitglieder, die man selbst erst kurz zuvor unter die Erde gebracht hat. Außerdem scheinen sie ja relativ unverändert und nicht böse zu sein. Es geht jedenfalls zentral darum die junge Polizistin bei ihrem neuesten Fall zu begleiten und diesen mit ihr zu lösen. Gleichzeitig tauchen wir aber auch in ihr Privatleben ein und erfahren Dinge aus ihrem Alltag. Wir als Leser begleiten sie also nicht nur bei Ermittlungen, sondern auch während familiären Auseinandersetzungen, Frust trinken und den schönen Momenten mit ihrem Sohn. Gleichzeitig lernen wir auch viele andere Ortsbewohner und Nebenfiguren kennen. Für jeden bringt die Auferstehung der Toten und das Leben in der Quarantänezone etwas anderes mit sich. Es bleibt nicht mit jeder Figur so ernst wie das Thema ist, ein wenig Raum für Albernheiten bleibt eigentlich durchgängig. Es liegt nicht nur ausschließlich an den drolligen Figuren, sondern auch öfter an den frischen Dialogen die Seeley so gut schreibt.
Die Dialoge treffen vielleicht nicht immer haargenau den Punkt, sind dafür aber immer irgendwo zwischen recht wenig konstruiert wirkenden Gesprächen und popkultureller Abfeierei gehalten. Teilweise werden Videogames und Mangas erwähnt oder der Mann im Leichenhaus trägt auch schon mal ein Rush Shirt. Wenn man sich dann auch noch über Limp Bizkit lustig macht ist der Tag endgültig gerettet. Cool ist an dem Comic noch der Fokus auf die Ermittlungen und die Reaktionen auf die zurückgekehrten. Wirkt alles einerseits realer als viele Geschichten dieser Art, dann aber auch gleichzeitig surreal wie in Twin Peaks.
Atmosphärisch ist Mike Nortons Artwork irgendwo zwischen seiner Hitserie “Runaways” und den weniger pulpigen Momenten aus Hellboy. Jedenfalls sehen die toten und der Dämon aus wie Wesen, gegen die auch die B.P.R.D. und Konsorten antreten müssen. Bei der Gewaltdarstellung geht es gerne mal ruppiger zu ohne reißerisch zu werden. Sieht meist sehr gut aus, die Qualität kann aber nicht über alle fünf Hefte gehalten werden. Über den Sammelband sind aber einige tolle Momente und vor allem gruselige Szenen verteilt. Sieht meist hübsch aus, findet recht schnell einen angenehmen Lesefluss und langweilt nie.
Wem Seeleys Arbeit an Hack/Slash zu trashig ist und einen ernsteren, aber trotz allem nicht drögen Comic sucht, ist bei Revival genau an der richtigen Stelle. Crime trifft auf Horror, mit einem super Artwork. Der Comic kommt im 16x24 Format als Hardcover, alles natürlich in gewohnt hoher Qualität. Als Extra gibt es ein Vorwort von Jeff Lemire (Sweet Tooth).
8 von 10 Zebroide