Was verbirgt sich eigentlich hinter den Mitmenschen um uns herum? Sie wirken nach außen oberflächlich freundlich, aber vielleicht sind sie es gar nicht. Bringt man einen jeden dieser Menschen in eine Lage, in der er sich mit den gesellschaftlichen und persönlichen Zwängen konfrontiert sieht, die uns Umgeben und Lenken, so wird die Moral unter eine harte Probe gestellt. Genau an diesem Hebel setzt das Rollenspiel „Always Sometimes Monsters“ an.
In einer als Party gestalteten Anfangssequenz werden zunächst die handelnden Personen ausgewählt, wobei jeder von ihnen von Beginn an das selbe Schicksal teilt, einst in einer glücklichen Beziehung mit tollen Jobaussichten sieht man sich in ihrer Rolle einem Leben in Scherben gegeben über. Der Freund / die Freundin ist weg, der vielversprechende Schriftstellerjob lässt auf sich warten und auf der Bank ist seit einem Monat nicht genug Geld um die Miete zu bezahlen, weswegen uns der Vermieter vor die Tür setzt. Auf uns allein gestellt, ohne Dach über dem Kopf, müssen wir nun die fälligen 500$ auftreiben.
Die kleine Stadt Dubstown in der die Geschichte beginnt ist ein Mikrokosmos und so angelegt, dass sie jede beliebige moderne Stadt repräsentieren könnte. Sie dient als Ausgangspunkt für soziale, moralische und kapitalistische Fragen. Das Spiel gibt dabei jedoch keine Richtung vor, ihr habt zwar zunächst das genannte Ziel und den Druck Geld zu verdienen, aber wie und mit welchen Mitteln ihr dies tut liegt ganz an euch. Ganz dem klassischen Rollenspielkonzept folgend bekommt ihr die Rolle eines Menschen der in diese Welt zurechtkommt und sich durch seine Lebensweise und seine Entscheidungen zu definieren versucht. Es gibt hier natürlich keine Talentbäume oder Erfahrungspunkte zu sammeln, und doch werde ihr euch schnell in die Figur einfinden.
Treibendes Element des Spieles sind Gespräche und Interaktionen mit eurer Umgebung. In diesen erhaltet ihr jedes Mal Auswahl- oder Entscheidungsfragen, um die Richtung eurer Persönlichkeit zu bestimmen. Wollt ihr der vertrauenswürdigen alten Dame ihr Geld von der Kommode stehlen? Nehmt ihr den Job im Nachtclub oder lieber bei der Zeitung an? Was wollt ihr essen? Wie verhaltet ihr euch in moralischen Fragen? Wo wollt ihr schlafen? usw. Ihr werdet also mit den grundlegenden Lebens- und Überlebensentscheidungen konfrontiert. Um die Geschichte voran zu treiben gibt es immer mal wieder Erlebnisse, die eure Situation beeinflussen und somit neue Alltagsherausforderungen stellen. Die Geschichte ist dabei im groben so angelegt, dass ihr für die letzte Chance auf die Liebe eures Lebens quer durchs Land reisen müsst und dabei in unterschiedlichen Städten aufschlagt. Jede dieser Stationen bietet ein neues Umfeld und einen anderen Handlungsrahmen.
Eine zusätzliche Herausforderung ist der einzige Statusbalken den eure Hauptfigur besitzt und zwar seine/ihre Ausdauer. Lauft ihr viel herum, bleibt lange wach oder arbeitet bis spät in die Nacht sinkt der Wert immer weiter. Regeneriert wird dieser durch Essen und Trinken, welches ihr euch natürlich sorgfältig ausgewählt von den wenigen Dollar in euren Taschen irgendwo herholen müsst. Im Inventar eures Charakters finden sich neben den genannten Naturalien auch alles andere, was ihr irgendwo auflest, mitgehen lasst oder geschenkt bekommt. Jeden der Gegenstände könnt ihr euch ansehen und bekommt, wie üblich, einen kleinen Kommentar dazu geliefert.
Das Gameplay in diesem Spiel ist denkbar einfach und eingängig, ihr bewegt euch mit den Pfeiltasten durch die Stadt und könnt mit der Leertaste Interaktionen, wie aufheben, ansehen oder ansprechen ausführen. Diese werden dabei je nach Art der Interaktion selbst ausgewählt und sind somit kontextabhängig. Mit der Escape-Taste gelangt ihr ins Menu in dem ihr neben dem angesprochenen Inventar, euren Ausdauerbalken und die Option findet, dass Spiel an jedem beliebigen Ort zu speichern.
Visuell ist „Always Sometimes Monsters“ stark an japanische 2D-Rollenspiele angelegte. Die Hintergründe sind in einem comichaften Realismus gestaltet und die Hauptfiguren wirken durch ihre recht unproportionale Gestalt mit großen Köpfen und Augen an Anime angelehnt. In den textuellen Dialogen gibt es dann am linken oder rechten Rand des Bildschirms ein detailreich gezeichnetes Charakterbild, um darzustellen, wer grade spricht. Alles in allem ein recht einfacher aber zweckmäßiger Stil, der aber leider in einer etwas kleinen Auflösung daher kommt und selbst im hochskalierten Vollbildmodus nicht den ganzen Bildschirm ausfüllt. Die Musik des Spieles, eine Mischung aus Dubstep und Elektro, hat mich beim Spielen nicht überzeugt und wird mit der Zeit doch arg nervig, wenn das überwiegend Gleiche, basslastige Gestampfe euer Abenteurer untermalt. Hier hätte ich mir etwas mehr Kreativität und vielleicht auch den ein oder anderen ruhigeren Song zur Untermalung trauriger Momente, gewünscht.
Viele moderne Spiele versprechen heute Innovation durch ausgefallene Konzepte und nette Ideen, doch in den meisten Fällen sind es die kleinen Indie-Titel oder Geheimtipps, die euch neue Perspektiven geben. „Always Sometimes Monsters“ ist so ein Titel, bei dem sich der kleine Entwickler „Devolver Digital“ richtig viele Gedanken, nicht nur über das Spiel selbst, sonder auch über die menschliche Natur gemacht hat. Ihr seht euch fortlaufend mit Konflikten und soziologischen Fragestellungen konfrontiert, so dass auch immer ein Teil des Spielers selbst, auf Grund der Verzweigung von Entscheidungen, mit in das Spiel einfließt. Durch diese persönliche Note dürfte das Spielerlebnis für jeden einzelnen etwas anderes beinhalten, einen anderen persönlichen Wert oder Nutzen bringen. Eines haben all diese Abenteuer jedoch gemeinsam, sie sind spannend, nachdenklich und äußerst unterhaltsam.