Ikigami - Der Todesbote #5 (Carlsen Manga)
Tokyos Straßen werden neuerdings wieder viel mehr von Graffitis verziert. Schuld daran ist ein neues Sprayer Talent, das sich F.K nennt. Er schmiert nämlich nicht nur seine Tags überall hin, sondern kann auch in unnachahmbarer Geschwindigkeit die besten Pieces an die Wände bringen. Viele junge Straßenkünstler sind von seinen Arbeiten stark beeinflusst und eifern ihm nach. Was allerdings niemand ahnt, ist dass hinter dem Synonym und dem geheimnisvollen illegalen Künstler der junge Mann Yukimasa steckt. Seit mehreren Generationen führt seine Familie einen Streicherbetrieb und auch er soll irgendwann den Betrieb seines Großvaters und seines Vaters übernehmen. Dabei will er viel lieber Illustrator werden. Da Japan aber gerade mitten in einer Rezession steckt, wird es für den kleinen Familienbetrieb immer schwerer Arbeit zu bekommen. Daher haben Vati und Opi ihn dazu angestiftet alles voll zu schmieren, damit sie die Wände wieder weiß streichen können. Somit wird ihm nicht nur sein Traum verwährt Illustrator zu werden, er muss auch noch täglich seine eigene Kunst vernichten. Als Fujimoto ihm dann seinen Ikigami überreicht, was für ihn bedeutet, dass er innerhalb der nächsten 24 Stunden an Herzversagen sterben wird. Jetzt muss er sich entscheiden. Entweder er wird am letzten Tag seines Lebens doch noch zu einem großen Künstler, der Menschen mit seiner Kunst berührt oder setzt sich ein weiteres mal für das Geschäft seiner Familie ein.
Als nächstes wird der Ikigami an Herrn Ikuhiko Sugita ausgegeben, der Anwärter beim GFW ist, wo er Agent der Gedankenpolizei werden möchte. Vermutlich gibt es Niemanden, der so fanatisch wie er an die Geschichten des Staats glaubt, doch selbst sein Fanatismus reicht nicht aus um seinen Vater zufrieden zu stellen. Durch seinen Ikigami wird er allerdings zum Volkshelden und könnte vielleicht endlich mal den Ansprüchen seines Vaters gerecht werden. Zur selben Zeit kommt Fujimoto einer Arbeitskollegin immer näher, die aber vielleicht selbst eine Gedankenverbrecherin ist.
Auch der sechste Ikigami Sammelband bietet zwei in sich abgeschlossene Fälle in jeweils drei Akten zu bieten. Pro Fall begleiten wir wieder Jemanden, der durch das Gesetz für Wohlstand und Fortschritt getötet wird. In der ersten Geschichte um den jungen Illustrator wird aufgezeigt was für eine Macht Kunst hat um einen faschistischen Regime zu schaden. Ein kleines Kunstwerk kann eine große Rebellion auslösen und viel effektiver sein als jedes politische Pamphlet. Eine packende Geschichte, die ohne viele Klischees clever den Kampf zwischen mutiger Kunst und alten Traditionen skizziert. Wobei am Ende nicht einfach alles an der Tradition als schlecht erklärt wird, sondern daraufeingegangen wird, wie wichtig sie sein kann, man ihr aber nie einfach so folgen darf. Das Finale dieser Ausgabe kann gleichermaßen Gänsehaut erzeugen, da es sehr traurig ist, gleichzeitig aber auch irgendwie schön und ermutigend und letztlich sogar einen wirklich lustigen Moment innehat.
Der zweite Fall dieses Bands ist von Anfang an was besonderes. Schließlich wird hier übergangslos an den vorherigen Fall angeschlossen ohne dass man Vorwissen benötigen würde. Wenn man aber darüber verfügt gibt es ein paar interessante Verstrebungen zu vergangenen Fällen. Was diesen Fall inhaltlich so spannend werden lässt, ist der Fakt, dass der junge mit dem Ikigami am Ende zum Gedankenverbrecher erklärt wird. Es ist aber nicht so, als wäre er wirklich gegen das schreckliche Regime, sondern viel mehr ist es sein fanatischer Glaube an eben selbiges, der die Heuchlerei und die Widersprüche seiner Politik offensichtlich werden lässt. Genau damit wird er den anderen lästig und letztlich auch eine Gefahr fürs System.
Inhaltlich macht Motoro Mase wieder einiges richtig und kann gleichzeitig kurzweilig unterhalten, wie auch längerfristig spannende Gedankenanstöße geben und dabei eine immer wieder aufregende Science-Fiction Geschichte erzählen, der es nie an Dramatik fehlt. Die immer dezent vertretene Rahmenhandlung kommt auch ein wenig mehr in Schwung und stellt Fujimoto vor schwere Entscheidungen, denn immer wieder wenn er denkt, er hätte seine Zweifel an der Regierung beseitigt, dann passieren neue Dinge, durch die sein Weltbild ins Straucheln gerät. Vielseitig und stets ein spannendes Lesevergnügen.
Auch von den Zeichnungen her gibt es nichts auszusetzen. Die Cahraktere haben einen relativ realen und ernstzunehmenden Look, die Macht des totalitären Staates wird ständig ebenso optisch wie auch inhaltlich zur Schau gestellt ohne den berühmten Holzhammer dazu zu gebrauchen und die Hintergründe sind stets detailliert. Die Art der Gewaltdarstellung ist niemals krass, aber dafür sehr dunkel gehalten. In diesen Momenten konzentriert sich das Artwork aufs Wesentliche und setzt geschickt Schattenflächen und Schraffuren ein. Einzig Emotionen münden gerne mal in übertriebenen und teilweise auch Animemimiken der alten Schule. Klingt eher nach einem Stilbruch, fügt sich letztlich aber doch sehr gut ins Bild. Optische Highlights sind hierbei natürlich gerade die Graffiti und ganz besonders die beiden letzten, die einfach nur großartig sind.
Ein wirklich guter Manga, bin zum fünften mal rundum zufrieden.
8,9 von 10 gestreichelte Hasen