Flesh + Blood (1985) [Koch Media]
Mitteleuropa in den Kriegswirren des 15. Jahrhunderts: Der grausame Lord Arnolfini (Fernando Hilbeck) wurde von seinem Untergegebenen aus seiner Grafschaft vertrieben. Natürlich lässt es sich so ein Mann nicht einfach gefallen. Neben seinen eigenen Rittern beauftragt er auch eine Truppe von Söldnern, angeführt vom skrupellosen Martin (Rutger Hauer), der gerade von einer drallen Dirne Nachwuchs erwartet. Wenn sie die Stadt des Lords wiedererobern können, dürfen sie sich in den Häusern der Adligen nach ihren Gutdünken bedienen. Doch sofort nachdem die finale Schlacht geschlagen ist, wird Martin samt seiner Truppe davongejagt und zwar ohne irgendwie dafür entlohnt worden zu sein. Natürlich lassen sich diese Gesetzlosen so etwas nicht einfach gefallen. Getarnt als Mönche locken sie die Kutsche von Prinzessin Agnes (Jennifer Jason Leigh) in eine Falle. Agnes ist eigentlich für den Sohn des Lords vorgesehen, wird jetzt aber von Martin entführt und vergewaltigt. Um ihr Leben zu retten bändelt sie mit Martin an, bald bekommt Arnolfini Wind von der Sache und ist nicht gerade begeistert. Eine finale Schlacht zwischen dem Lord und den Söldnern ist unausweichlich.
Es ist schwer dieses Mittelalterspektakel von Paul Verhoeven (Starship Troopers), das wegen seiner Gewaltdarstellung nach über 25 Jahren zum ersten mal wieder frei in Deutschland zu erwerben ist zu bewerten. Das Drehbuch stammt vom niederländischen Starautor Gerard Soeteman (Der vierte Mann), der sich relativ frei von romantischer Verklärtheit oder Hollywoodpathos daran gemacht hat einen Mittelalterfilm zu schreiben, der nicht zu weit von dem harten Leben der damaligen Zeit entfernt ist. Durch Verhoevens Handschrift wird dem ganzen aber sein persönlicher Stil beigemengt, der oft satirisch wirkt, aber meist auf eine etwas trashige Art. Was bei vielen anderen Regisseuren schnell vollkommen daneben gehen könnte, ist bei Verhoeven eine Art Markenzeichen und trägt zur unangenehmen Grundstimmung des Films gekonnt bei. Die Kombination aus schonungsloser Mittelalter Darstellung samt all ihrer Brutalitäten und den teilweise nicht ganz freiwillig komischen Momenten wirkt abstrus und erzeugt auch beim Zuschauer ein merkwürdiges Gefühl.
Da passt Rutger Hauers (Der Bulle von Amsterdam) abwechselnd völlig unterkühltes und dann wieder schön übertriebenes Acting super ins Gesamtbild. Auf die meisten der anderen Akteure passt es genauso, wenn teilweise sogar nicht sogar noch etwas mehr. Ganz ernstzunehmend spielen sie jedenfalls alle nicht, trotzdem wirkt der Film nie albern. Brion James (Enemy Mine) ist auch noch zu erwähnen, nur Jennifer Jason Leigh (Road to Perdition) mag nicht richtig in den Cast passen. Sie war einfach schon ein paar Jahre zu alt für ihre Rolle, wodurch einige Szenen nicht mehr so schrecklich wirken können, wie sie eigentlich gedacht waren.
Von der Ausstattung her, war Verhoevens letzter Film in seiner Heimat bevor er nach Amerika ging um RoboCop zu drehen eine wahre Materialschlacht. Bei den Kampfszenen sieht der Film zum Teil richtig groß aus und auch die meisten Kostüme und Sets machen einen stets authentischen Eindruck. Wer Verhoevens Stil also mag, dem empfehle ich Fleisch & Blut ganz klar, vor allem da man diesen holländischen Klassiker bei uns so lange nicht mehr offiziell bekommen konnte. Wer seine anderen Filme noch nicht kennt, wird sich aber über ein paar recht komische Stilblüten wundern, die dem Film aber eine eigene Identität verschaffen und zu etwas besonderem machen.
Die frische Blu-ray von Koch Media kommt in einer fürs Medium würdigen Qualität und ein paar feinen Extras. Da wären die englischen und deutschen Trailer zum Film, eine Bildergalerie und ein Audiokommentar des Regisseurs, der wie auch alle anderen seiner Kommentare sehr unterhaltend geraten ist. Schade ist nur, dass es ein häßliches modernes Cover gibt, das am Computer zusammengebastelt wurde, statt des hübschen Kinoposters.
7,6 von 10 über die Mauer geworfene Hunde