Montag, 18. April 2011

Fable 3 (Xbox 360)

Albion braucht mal wieder eine/n neue Held/in,  um die Welt erneut vom Unheil zu retten. Doch wer rettet die Spielenden, bevor sie sich in ein Abenteuer stürzen, das möglicherweise mehr verspricht, als es hält?  An den direkten Nachfolger von Fable 2,  dessen Held/in hier in der Form des verstorbenes Elternteils des Spielenden „auftritt“, wurden hohe Erwartungen gestellt, schließlich ist man von den Lionhead Studios und dem kreativen Kopf Peter Molyneux märchenhaften und liebenswerten Spielspaß gewöhnt. 


Man spielt den Bruder oder die Schwester des gegenwärtigen Königs von Albion, der das Land tyrannisiert und sich nicht um die Belange der Bevölkerung schert. Beinahe zu klischeehaft kommt er daher, wenn er davon spricht, dass Albion allein seines sei. Als Prinz oder Prinzessin ist also klar: Schnell weg hier und etwas gegen den bösen Bruder unternehmen! Gemeinsam mit den zwei recht unterhaltsamen Sidekicks, dem erfahrenen Kämpfer Walter Beck und dem Diener Jasper, macht man sich also auf den Weg, um das Erbe des Elternteils anzutreten, dessen Geschlecht ganz clever anhand des aktivierten Spielerprofils ermittelt wird. So spielen Männer das Kind des Heldenvaters und Frauen dementsprechend das Kind der Heldenmutter. Bei Lionhead wird eben mitgedacht.
Nachdem man die üblichen Spieleinführungen abgefrühstückt hat und sich im Besitz des Gildensiegels befindet, was einem das Zaubern, den Schwertkampf und die Schießkunst ermöglicht, hat man freie Hand, das Land zu erkunden. Wie immer kann man beliebig Quests auswählen, erfüllen und entweder als wandelnder Schrecken durch die nur bedingt offene Welt rennen oder als milder Wohltäter die Herzen der Bewohner Albions erfreuen. 

Neuerungen
Soweit alles wie gehabt und wer schon an Fable 2 großen Spaß hatte, wird auch an diesem Spiel seine Freude haben. Jedoch wurde auch einiges verändert - manches zum Besseren, vieles jedoch auch zum Schlechteren oder Unnötigeren.
Das Menü an sich wurde durch den „Unterschlupf“, in dem einen der loyale Jasper zur Seite steh, besetzt, der quasi einen riesigen begehbarer Safe, Kleider- und Waffenschrank darstellt, in dem man seine zahlreichen Waffen, Frisuren und Accessoires sowie die (wenigen) Outfits bewundern kann. Letztere lassen sich wieder nach Belieben kombinieren und umfärben – ein Spaß, der durch die Tatsache getrübt wird, dass einige Färbemittel und Kostüme nur als kostenpflichtiger Download erhältlich sind.
Die Interaktion mit den Anwohnern Albions wurde vereinfacht. Man hat nicht mehr die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Interaktionen zu wählen, sondern muss  die jeweiligen Knöpfe für freundliche, unfreundliche und lustige Aktionen drücken. So kann es schon einmal vorkommen, dass man mit Wildfremden einen heißen Tanz aufs Parkett legt. In Albion ist man eben ein wenig extrovertierter – aber wer würde dem Adel schon ein Tänzchen verwehren?
Hingegen vollkommen abgeschafft wurde das Inventar. Zwar gibt es noch Tränke sowie diverse Nahrungsmittel, kann diese jedoch nur noch nach Bedarf zu sich nehmen; nämlich dann, wenn einem der Bildschirm während eines Kampfes zu verstehen gibt, dass man gleich zu Boden geht. Von Sterben kann hier nämlich keine Rede sein, wie beim Vorgänger wird man bloß k.o. geschlagen, verliert einige Erfahrungspunkte und macht dann munter weiter.
Wer schon die Welt aus Fable 2 in und auswendig kannte, wird viele Gegenden wieder erkennen. So wurde der kurzen Zeit aus Brightwood ein eher unbehaglicher Wald, Bowertümpel zum neuen Bonzenviertel und Bowerstone-Markt und Umgebung wurden langsam aber sicher zu einer richtigen Stadt, in der man wieder nach Herzenslust, (ver-)kaufen, mieten und stehlen kann.

Die Hauptstory
Fable 3 wartet mit einer Story auf, die wesentlich interessanter als die des Vorgängers ist, und wie immer den klassischen Kampf zwischen Gut und Böse sowie einigen Grauschattierungen behandelt, denn es gibt auch ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten, der schon in Fable 2 einen eher zwielichtigen aber nicht wenig fabulösen Auftritt hinlegte.
Wie immer gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sich mit dem Spiel die Zeit zu vertreiben. Wer aber darauf erpicht ist, sich auf die Hauptquest zu konzentrieren, hat am Ende möglicherweise mehr Zeit als Vertreib, denn sie ist recht kurz gehalten – gerade weil sich die Kämpfe wie immer auf einem sehr niedrigen Schwierigkeitsgrad befinden.  Dafür gibt es beim Nahkampf- und Schusswaffengebrauch, je nach Fähigkeitsniveau, einige coole Moves, welche den Gegner teils auf originelle und recht brutale Weise ins Jenseits befördern. 

Die meiste Zeit wird der Spielende von Walter begleitet, der einen sicher durch die Welt führt und dabei ständig mit der diesmal nicht mehr stummen Spielfigur kommuniziert – was, nebenbei bemerkt, gelungener ist, als man erwarten könnte, auch wenn man sich über die Wahl der Stimme streiten kann – die der weiblichen Spielfigur ist meines Erachtens nach weitaus besser gelungen.
Bisweilen kommt man sich vor, als würde man gemütlich einen Film verfolgen, was aber nicht unbedingt negativ sein muss, denn immerhin sieht man sich einen ganz guten Streifen an.

An jeder Ecke muss man einflussreiche Personen dazu überreden, einem im Kampf gegen den Bruder zur Seite zu stehen. Dies gelingt jedes Mal dadurch, indem man ihnen die royale Hand darauf gibt, die Welt grundlegend verbessern zu wollen. Ob man diese Versprechen schlussendlich halten möchte, wird man im zweiten Teil des Spiels entscheiden müssen, denn erst, nachdem man den Bruder vom Thron gestoßen hat, werden die Entscheidungen des Spielenden einen sichtbaren Einfluss auf die Welt haben. Und manch einer, der fest entschlossen war, als gute/r Held/in in die Geschichte Albions einzugehen, wird sich genau überlegen müssen, welche Entscheidungen wirklich die richtigen sind, wenn er am Ende nicht Herrscher/in über ein zerstörtes, leergefegtes oder höchst unzufriedenes Königreich sein möchte. Möglicherweise lag der große Bruder in seinem Handeln nicht ganz so falsch, wie man zuerst dachte...

Abgesehen davon sieht das Böse an der Spielfigur nicht ganz so schlecht wie das eher blass und merkwürdig überschminkt wirkende Gute. Was gerade im 2. Fable-Teil noch sehr viel Spaß machte, ist hier eher eine unangenehme Begleiterscheinung, welche auch durch die verschiedenen Bärte und zahlreiche Schminksätze nicht kaschiert werden kann. Schade.

Fazit
Da sich optisch und spieltechnisch nicht viel verändert hat, wird dieses Spiel denen, die schon an Fable 2 viel Spaß hatten, sicherlich einige vergnügliche Spielstunden bereiten. Unglücklicherweise hinterlassen einige der  Änderungen einen sehr bitteren Beigeschmack und man wird das Gefühl nicht los, sie hätten es einfach besser machen können.  Minuspunkte gibt es leider auch für die vielen Bugs, die, wenn sie an unumgänglichen Quest auftreten, ein Weiterspielen oft sogar unmöglich machen. 
Pluspunkte andererseits gibt es für den neuen Offline-Coop-Modus, der es einem ermöglicht, das gesamte Spiel mit einem weiteren Spieler zu spielen und beispielsweise seltene Waffen untereinander zu tauschen, die in der eigenen Spielwelt nicht auftauchen, zu heiraten oder einfach den Reichtum miteinander zu teilen. Und den wird man, so viel sei als Tipp mit auf dem Weg gegeben, auch brauchen.
7.5 von 10 Gildensiegeln

 





Geschrieben und gespielt von der Phrasendrescherin