Elfen Lied, Box 1 (Tokyopop)
In einem geheimen Forschungslabor vor der japanischen Küste untersuchen Forscher unter der Leitung von Professor Kurama eine neue Mutation des Menschen, die uns durch ihre unvorstellbare Macht schon sehr bald ablösen könnte. Die sogenannten Diclonius kann man anhand ihrer Hörner am Kopf relativ gut erkennen, viel wichtiger sind allerdings ihre unsichtbaren Hände, mit denen sie durch pure Gedankenkraft Menschen zerfetzen oder Dinge explodieren lassen kann. Trotz immenser Sicherheitsvorkehrungen gelingt es Kuramas Forschungsobjekt Lucy die Flucht anzutreten. Dabei gelingt es den Sicherheitskräften zwar sie mit einem Schuss am Kopf zu verletzten, doch aufgehalten hat sie das nicht.
Kurze Zeit später wird sie ohne Erinnerungen an das was geschehen ist an Land gespült. Mit ihren Erinnerungen verlor sie aber auch ihre hasserfüllte, mörderische Seite. Dort wird sie vom angehenden Studenten Kota und dessen Cousine Yuka gefunden. Da sie verwirrt und hilflos erscheint und die beiden in ihrem Haus eh noch Platz haben, nehmen sie das mysteriöse Mädchen bei sich auf. Allerdings spricht sie auch nicht mehr und hat vermutlich wirklich alles vergessen. Sogar wie man sich anzieht müssen sie ihr erklären, was wiederum zu der einen oder anderen oberpeinlichen Situation führt. Nur “Nyu” kann sie sagen, weshalb die beiden sie auch einfach so nennen.
So beginnt die beliebte Mangaserie von Mangaka Lynn Okamoto, der neben Elfen Lied auch für seine ebenso makaberen, brutalen und zugleich mitunter zuckersüßen Kurzgeschichten bekannt geworden ist. Vor allem der Anime zur Mangareihe gehört wohl zu den meist gehypten Serien des letzten Jahrzehnts, was vor allem an der Kombination aus krasser Gewaltdarstellung und der niedlichen Hauptfigur Nyu liegen wird. Die Animeadaption hält sich allerdings nur in der ersten Hälfte an die Vorlage, da zur Entstehungszeit des Anime noch nicht mehr davon fertig gestellt war. Um genau diese erste Hälfte, also hierzulande die ersten drei Doppelbände, die bei Tokyopop erschienen sind, soll es hier gehen.
Wer also schon die TV-Serie kennt wird hier das meiste wiedererkennen. Allerdings lässt Okamoto sich sehr viel mehr Zeit, als man Regisseur Mamoru Kanbe (Psycho Diver) jemals hätte Zeit lassen können. Auch hier lernen die beiden jungen Studenten und Nyu sehr bald die obdachlose Mayu und ihren geliebten Hund Wanta kennen. Naja und wie es nun mal so ist, sie haben ja noch etwas Platz und so kommt auch sie bei ihnen unter. Allerdings droht auch Gefahr. Zum Einen kommt immer wieder Nyus mörderische Seite Lucy durch und auch Kurama setzt seine Leute auf sie an. Unter anderem soll der erbarmungslose Killer Bando Lucy ausschalten, aber auch die Diclonius Nana, die Kurama vollkommen hörig ist, wird auf sie angesetzt.
Neben diesen tödlichen Gefahren muss auch noch der normale Wahnsinn überstanden werden. Gerade Kota hat es nicht einfach. Schließlich gilt es gleich mit drei jungen Frauen unter einem Dach klar zu kommen. Leicht macht es ihm keine von ihnen. Den meisten Figuren tut es sehr gut mehr Raum zu atmen zu bekommen. So wird zum Beispiel aus dem grausamen Bando im Manga ein komplexerer Charakter, der weniger platt erscheint als der des Anime. Ebenso ergeht es auch den anderen Figuren und eigentlich allen Ereignissen. Viel Ruhe tut der Geschichte durchaus gut und stellt das Gleichgewicht zwischen den heftigen Gewaltattacken und den melancholischen und oft sehr dramatischen Szenen her.
Optisch wird diese Gewalt nicht sonderlich stark zelebriert, aber gerade durch diese kühle und nüchtern rübergebrachte Art und Weise entfalten diese Szenen ihre ganze Schlagkraft. Insgesamt sind die Charakterdesigns recht einfach, aber dennoch wieder erkennbar und nicht zu gewöhnlich. Insgesamt ist der Look meist sehr einfach und simpel gehalten, wodurch manchmal ein ziemlich zeitloser Stil etabliert wird, der an frühere Zeiten im Mangamedium erinnert. Einige moderne und zu der Zeit angesagte Elemente lassen die Entstehungszeit doch recht gut bestimmen. Nicht unbedingt schlecht, vergleicht man die verschiedenen Versionen der Geschichte allerdings, gefällt mir das Aussehen der Serie doch eindeutlich besser als der des Manga. Dafür ist der Manga inhaltlich doch sehr viel interessanter und einfach eine rundere Sache.
Nach vielen Neuauflagen gibt es die ersten drei Bände, jeweils Doppelbände im Überformat, zusammen in einem Sammelschuber. Zwar könnte der Schuber vielleicht noch etwas stabiler sein, dafür sieht er aber super aus und hat sogar ein Rücken-Sammelbild, das gemeinsam mit der zweiten Box ein großes Rückenmotiv ergibt. Der Preis ist aber sowieso unschlagbar. Billiger konnte man die Geschichte noch nie erleben und dann gibt es noch einen Schuber oben drauf. Knorke!
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