Mumins #6 (Reprodukt)
Snorkfräulein und Mumin entdecken eine alte Öllampe. Fluchs den Dreck etwas abgerubbelt und schon hat man neuen Tinnef, den man sich ins Zimmer stellen kann. So kommt es allerdings nicht. Vorher kommt ein zauberhafter Geist herausgeschlüpft, der den Mumins Wünsche erfüllen mag. Das Fräulein wünscht sich ein Diamentendiadem, da der Geist das aber nicht aussprechen kann, besorgt er ihr eine Edelsteinkette. Allerdings hat er nicht echt gezaubert, sondern einfach nur einer Dame ihre Kette gestohlen. Niemand glaubt den Beiden diese Geschichte und so werden sie in den Knast gesteckt. Clever wie das Duo aber ist, ergreifen sie die Chance während der Verhandlung und fliehen.
Bei diesem einen Abenteuer bleibt es natürlich nicht. Eine Bahngesellschaft möchte einen Hauptbahnhof samt dazugehörigem Liniennetz ins Mumintal bauen. Mumin hat Angst davor, jemand könnte dadurch sein Tal entdecken und beschließt die Bauarbeiten zu sabotieren. Danach hat Mumin erstmal Pause. Muminpapas Typ ist stattdessen gefragt. Ein alter Jugendfreund von ihm kommt zu besuch und als sie Abends weggehen werden sie ganz aus Versehen zu Spionen der Feinde des Mumintals. Und nachdem diese unsäglichen Strapazen überstanden sind wird er ganz unverhofft zum Ehrenvorsitzenden des Tierschutzvereins, dabei ist er doch nicht mal Vegetarier.
Nach vielen Jahren der totalen Mumintreue wurde Tove Jansson der nilfpferdgesichtigen Trolle müde. Aber eine Welt ohne Mumins und somit auch ohne Muminstrips wäre ziemlich traurig gewesen. Zum Glück war ihr kleiner Brude Lars Jansson zur Stelle. Schon sehr früh begann er damit die Strips ins englische zu übersetzen und kannte sich mit der Materie daher schon aus. In der Zwischenzeit brachte er sich das Zeichnen beibringen oder besser: lies es sich von seiner großen Schwester beibringen. Als diese dann ihre Aufgabe an den Nagel hing, übernahm er die Mumins und blieb der Stripserie von 1960 an ganze 15 Jahre treu, also doppelt solange wie Tove einst.
Mit dem sechsten Mumins Band von Reprodukt liegt somit der erste deutsche Sammelband vor, der von Lars Jansson geschrieben und gezeichnet wurde. Auf 93 Seiten gibt es eine Vielzahl von Comicstrips zu lesen, die insgesamt vier große Storys bilden. Zwei davon drehen sich um Mumin und die anderen beiden rücken Muminpapa in den Mittelpunkt. Während Tove oft philosophisch esoterisch angehauchte Geschichten mit Ökobotschaft schrieb und dabei gerne mal etwas verspielter und vage zur Sache ging, hat ihr kleiner Bruder eine ganz andere, aber trotzdem nicht zu unterschiedliche Marschrichtung gewählt. Philosophisch ist es immer noch und auch der anarchische Grundton ist geblieben, dafür wird die Real- und Politsatire hier sehr viel direkter geübt. Dadurch verliert so mancher Gag seine kindliche Natur, dafür ist der Humor bissiger und traut sich mehr. Schön ist daran auch, dass nicht nur der gegenwärtige Status Quo angegriffen wurde, sondern auch die Unzulänglichkeiten und Widersprüche der Gegenkultur greift Tove auf und veralbert er. Auch wenn der Subtext allzu deutlich ist, kann man die Comics einfach nur als lockere Unterhaltung konsumieren, wenn man sich aber mit ihrer Botschaft und ihren Hintergründen auseinandersetzt bringt es allerdings noch mehr Spaß.
Optisch hat sich nicht wirklich was geändert. Toves Stil ist der selbe wie der seiner Schwester. Teilweise arbeitet er sauberer und er spielt sehr gerne mit dem Aussehen der Panelgitter, aber ansonsten wird sich jeder Mumins Fan vom ersten bis zum letzten Panel zu Hause fühlen und keinen wirklichen Unterschied bemerken. Gerade die Charaktere sehen ulkig wie immer aus und entsprechen immer noch den kultigen Designs denen sie zuerst entstammten.
Auch der sechste Band lässt die Mumins faszinierend und irre komisch auftreten. Die kindliche Einfachheit ihrer Gemüter harmoniert wundervoll mit der Optik der Strips und bringt den Leser in eine phantastische Welt in der man unsere alltäglichen Probleme nicht nur vergisst, sondern sie auch verblüffend einfach bewältigen kann.
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