Samstag, 22. Februar 2014

Crossed #5: Wish you were here 1 (Panini)

Crossed #5: Wish you were here 1 (Panini)

Dieser Sammelband von Panini enthält das erste Volume des Webcomics “Crossed: Wish you were here”.

Ihr wisst was los ist oder? Gott, der Teufel, Terroristen, die Regierung, eine Epidemie, Aliens oder wer verfickt auch immer hat die Menschheit in die Scheiße geritten. Plötzlich trugen manche Menschen ein schorfiges Kreuz in der Fresse, das sie dazu brachte völlig frei zu drehen. Seitdem wurden Milliarden weitere angesteckt und die Menschheit fast völlig ausgerottet. Jeder der Infizierten hat nichts anderes mehr im Sinn als möglichst brutalen und perversen Spaß zu haben. So wundert sich auch Shaky, ehemaliger Autor von Spandexheldensagen und seichten Kriminalromanen, nicht als er eines Morgens beobachtet wie ein Duo gefirmter auf seiner Nachbarsinsel einen Delfin abschlachten und dabei in sein Atemloch ficken. Alltag für ihn und die anderen Überlebenden, die zusammen auf einer kleinen schottischen Insel leben, die sie nur sehr zynisch Eden getauft haben.

Shaky ist ein eher unnützer Teil dieser Gesellschaft und hilft wo er kann. Für uns hat er allerdings den größten Nutzen, denn er schreibt seine Erlebnisse in seinem Tagebuch für uns auf. Neben ihm gibt es noch Jackson, einen durchgedrehten Schotten der alleine in den Highlands überleben kann; Tabitha, Künstlerin und wunderhübsche Hippiedame in die Shaky etwas verknallt ist; eine arabische Familie und einige andere Figuren die sich der Leser aber nicht immer merken muss. Schließlich befinden wir uns in der Welt von Crossed und der britische Autor Simon Spurrier (Wolverine) lässt Hauptcharaktere schneller abkratzen als ihr “The Walking Dead” sagen könnt. Vor einen Vergleich mit dem Crossed Schöpfer Garth Ennis oder dessen nicht minder kranken Ersatz David Lapham, muss Spurrier sich jedenfalls nicht in Acht nehmen. Mit der selben schonungslosen Heftigkeit geht er zu Gange, ist dabei aber nicht immer ganz so humoristisch bei der Sache. Klar gehört auch bei ihm die unfassbar übertriebende und krasse Gewaltdarstellung zur überspitzt bösen und zynischen Narrative, bei ihm schleicht sich der Humor aber manchmal weniger offensichtlich hinein. Das passt teilweise besser, teilweise aber auch nicht ganz so stimmig ins Gesamtbild.

Mit Shaky bekommt “Wish you were here”, übrigens ursprünglich eine Webserie, die nun auch im Trade Format erscheint, einen mehrschichtigen Hauptprotagonisten. Er ist recht reflektiert über die Situation in der er lebt und ohne es zu merken hält er seine Truppe irgendwie zusammen, auch wenn er nicht annähernd so etwas wie eine Führungsposition inne hat. Inhalt des ersten Trades ist die Planung einer Außenmission, die ist aber eher am Rande und nur wenigen Kapiteln wirklich ein zentrales Thema. Ansonsten geht es eher um kleine in sich geschlossene Episoden die sich so auf der Insel abspielen und zeigen wie ihre Bewohner überleben. Teilweise lässt Shaky uns in seinen Tagebucheinträgen auch an seiner Vergangenheit teilhaben. So werden auch Episoden aus den ersten Tagen der Pandemie und während seiner Flucht vor den Gezeichneten eingestreut. Insgesamt fehlt es dabei natürlich nie an Perversionen und krasser Gewalt, aber auch nicht an interessanten Charakteren und auch Emotionen werden geweckt. Der Inhalt ist jedenfalls nicht so stumpf wie man zuerst noch glauben könnte, eine tiefsinnige Auseinandersetzung mit dem bösen im Menschen und dem Zerfall der Sitten und der Moral in unserer Gesellschaft sollte man nicht erwarten. Obwohl doch, aber eben nicht in einer sonderlich tiefsinnigen Form.

Fürs Artwork konnten die Herrschaften von Avatar Press einmal mehr den jungen südamerikanischen Comicartisten Javier Barreno gewinnen, der bereits für die zweite Crossed Miniserie den Pinsel schwang. Sein Artwork ist stimmig und wirkt nur teilweise etwas übereilt. Wenn es darauf ankommt, kann er aber ungemein böse werden und so manch schreckliches Ereignis aufs Blatt bringen. Nur das für die meisten Avatar Titel typische Kolorierungsprogramm frisst erneut viele Details, was jedes mal schade ist.

Gorehounds und alle anderen mit erprobten Magen greifen wieder zu, wer sich allerdings vom Ruf, als härteste Serie auf dem Markt abschrecken lässt, sollte ganz klar die Pfoten dieses 18er Titels lassen.

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