Die Wikinger - Seefahrer, Krieger, Entdecker (2012) [Polyband]
Mit dem Angriff auf das Kloster Lindisfarne im Jahr 793 n. Chr. beginnt eine besondere Epoche in Europa. Die Wikingerzeit soll innerhalb von etwas über 200 Jahren die kulturellen und politischen Verhältnisse nachhaltig ändern. Doch wer waren die Wikinger und wieso begannen sie mit ihrer teils sehr gewaltsamen Expansion? Der schottische Archäologe Neil Oliver macht sich in dieser dreiteiligen BBC-Serie auf den Weg, um die Geschichte der Wikinger zu ergründen. Dabei reist er bis nach Istanbul, um Zeichen des Einflusses der Wikinger zu untersuchen...
Abgeschreckt durch den Text des Backcovers stand ich dieser Dokumentation etwas kritisch gegenüber. Es mag wie Haarspalterei wirken, doch die Wikinger als Volk zu bezeichnen, ist nunmal ein Fehler und widerspricht dem Anspruch, der im weiteren Text dargestellt wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich hierbei mal wieder um eine Wikingerdoku handelt, die eigentlich nur dafür da ist, irgendeine mäßige Reenactment-Gruppe zu zeigen und im Zuge dessen weiter Klischees wie die gehörnten Helme zu bedienen.
Umso erfreuter war ich, als ich merkte, dass der Präsentator Neil Oliver sich in den Kopf gesetzt hat, die aktuellen geschichtlichen Erkenntnisse zwar manchmal etwas zu dramatisch, aber unbeeindruckt vom allgemeinen Verständnisses der Wikinger zu betrachten.
So zeigt er gerafft auf, aus welchen Gründen Personen aus den skandinavischen Völkern auf Wikingerfahrten gingen, wo sie landeten, wo sie siedelten und welchen Einfluss sie auf diese Gebiete hatten. Er versucht dabei alle wichtigen Punkte abzuhandeln, was er zum Großteil sogar schafft.
Die Besiedlung Islands und die Etablierung des Althings gehören da genauso zu, wie die Vorstöße der Waräger bis nach Bagdad und die Beteiligung an der Leibgarde im damaligen Konstantinopel. Er besichtigt zudem die Jellingsteine, die unmittelbar zur Gründungsgeschichte Dänemarks gehören. Dass auf dem größeren Runenstein eine Christusdarstellung zu sehen ist, ist jedoch im Gegensatz zur Aussage Olivers immer noch nicht gänzlich geklärt.
Den Handel, den die Wikinger betrieben, erklärt er anhand von Birka in Schweden. Die Stadt war der wichtigste Handelsplatz in Skandinavien vom 8. bis 10. Jahrhundert. Warum allerdings Haithabu als wichtiger Handelsplatz und dessen Untergang als Indikator des Endes der Wikingerzeit nicht genannt werden, bleibt mir etwas unverständlich.
Dennoch ist es schon lobenswert, was in den drei Folgen der Reihe alles Erwähnung findet und in nachvollziehbare Zusammenhänge gesetzt wird.
Neil Oliver macht seine Aufgabe als Präsentator wirklich gut und hält sich mit der Selbstinszenierung halbwegs zurück. Da wird halt schon mal eine imposante Szene dazwischen geschoben, in der er auf einer Felsformation in die Ferne schweift, aber das gehört wohl einfach dazu. Sonst macht er das alles ganz bodenständig mit, fährt mal mit einem Nachbau eines Wikingerschiffs übers Wasser oder probiert vergorenen Fisch. Der Mann kommt recht sympathisch rüber.
Optisch ist die Doku-Reihe eine Wonne. Nicht nur sind die Landschaften herrlich eingefangen, sondern wird auch den musealen Ausstellungsstücken genügend Raum zum Wirken gegeben und der nötige Respekt entgegengebracht. Dass die DVD dabei ein unfassbar gutes Bild liefert, schürt nur weitere Begeisterung.
Die Wikinger - Seefahrer, Krieger, Entdecker schafft es ein gutes Gleichgewicht zwischen Informationsvermittlung und Unterhaltung zu finden. Fakten und schöne Bilder sind hier kein Widerspruch, sondern ergeben ein rundes Ganzes. Die ein oder andere Ungenauigkeit muss man allerdings aufgrund der Kürze und der Ausrichtung in Kauf nehmen.
8 von 10 schiefe Zähne im norwegischen Gebirge