Trek Nation (2010) [Polyband]
1991 starb ein Mann, auf dessen Kreationen ich so manch eine Stunde meines Lebens verwendet habe. Die Rede ist von Gene Roddenberry. Laut eigener Aussage ging es Eugene Wesley "Rod" Roddenberry Jr. längst nicht so wie mir. Er hat sich nie wirklich mit Star Trek auseinandergesetzt und hat es irgendwie auch nie verstanden. Genausowenig wie er seinen Vater wirklich verstanden hat, wie ihm bei dessen Tod klar wurde. Diese Dokumentation beschreibt den Weg, auf dem Rod versuchte, über Star Trek und die Fans seinen Vater kennenzulernen...
...was ein durchaus interessantes Projekt ist, weil es sehr viel auf Interpretation und Erinnerung anderer Personen basiert und somit immer extrem stark eingefärbt ist. Von daher ist es fraglich, was Rod sich bei Beginn durch Gespräche mit Fans über seinen Vater zu erfahren erhoffte. Dass er sich etwas erhoffte, ist Thema der ersten dreiviertel Stunde. Unzählige Male wird wiederholt, dass Rod seinen Vater über Star Trek und die Fans kennenlernen möchte, da er in der Zeit, in der es ihm möglich gewesen wäre, "sein eigenes Ding machte". Dass er "sein eigenes Ding machte" bevor sein Vater starb, lag zum Teil auch daran, dass er Star Trek nie verstanden hat und das jetzt nachholen möchte.
So, genug der Wiederholungen. Was teilweise etwas rührselig beginnt, erweckt bald ein wenig Interesse, da Rod sich recht kritisch gegenüber des Star Trek-Franchises zeigt und auch Bock hat, es wirklich zu erfassen. Ausschlaggebend dafür war wohl ein Fanbrief zum Tod Genes, in dem ein Fan davon berichtete, dass Star Trek ihn dazu brachte, trotz einer schweren körperlichen Behinderung zu versuchen, ein erfülltes Leben zu leben.
Auf seiner edlen Queste interviewte Rod nicht nur Fans, sondern auch Menschen, die Roddenberry auch persönlich kannten, wie z.B. Majel Barrett oder Rick Berman. Hinzu kommen noch ein paar Prominente, die auch mal Star Trek gesehen haben, wie z.B. Rob Zombie, Seth McFarlane und Stan Lee. Rod hat sich da diesbezüglich nicht lumpen lassen und sogar noch George Lucas behelligt. Viele Interviews sind konkret für diese Doku entstanden, andere jedoch anscheinend von den DVD-Veröffentlichungen der Filme bzw. TNG stibitzt.
Die Interviews sind generell schon ganz unterhaltsam, allerdings sind Beiträge wie der von Stan Lee irgendwie egal, da er trotz klarer Interviewführung seitens Rod nicht wirklich mitbekommen hat, dass er über Star Trek reden sollte, sondern eher dazu übergeht, seinen eigenen Schreibstil zu loben.
Unangenehm wird es, wenn Rod seine Mutter interviewt und da in Regionen vordringen möchte, in die man in einem derart öffentlichen Format nicht vordringen sollte. Was Barrett auch mit einem Interviewabbruch quitiert. Dabei stellt Rod fest, dass sein Vater ein Schwerenöter war, der seine Frau gerne mal betrog, und zudem auch gerne mal aufbrausend und sehr herrisch war. Also ein Mensch, der den Idealen bzw. der Utopie einer Menschheit, die sich von ihren schlechten Eigenschaften befreien konnte, die er selbst in seinem Schaffen proklamierte, nicht gerecht wurde.
Leider wird im Weiteren eigentlich nur noch auf der Stelle getreten. Roddenberrys Idee der Zukunft ist für viele Menschen inspirierend und für Autoren der Horror, da "der große Vogel der Galaxis" nicht wollte, dass zwischen den Charakteren Konflikte entstehen. Roddenberry selbst war ein Mensch mit reichlich Fehlern und kein besonders guter Vater. Und plötzlich "versteht" Rod Star Trek.
Dieser Punkt kommt für den Zuschauer recht überraschend und ist auch innerhalb des Aufbaus der Doku nicht nachvollziehbar.
Am Ende fühlt sich die Dokumentation sehr konstruiert an und mutet wie ein Ausnutzen der Blutsverwandtschaft mit dem Star Trek-Schöpfer an. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass sowohl in der Doku äußerst private Videoaufnahmen der Familie gezeigt werden, als auch eine 10-minütige Kompilation solcher auf der Bonus-DVD vorhanden ist. In beiden Fällen fühlt man sich als Zuschauer durchaus unwohl, dass jemand fremdes einem solche Aufnahmen zeigt. Vielleicht bin ich da aber auch zu empfindlich, was Privatsphäre angeht. Ich würde auf jeden Fall keinem Fremden auf der Straße Babyfotos von mir zeigen - auch, wenn ich als Kind mal ultrasüß war.
Die Bonus-DVD enthält neben den angesprochenen Familienvideos aber auch noch Langfassungen mehrerer in der Doku verwendeter Interviews, wie z.B. das mit Stan Lee, George Lucas und Rick Berman. Leider fehlt das Interview mit Rob Zombie, was mich persönlich etwas stärker interessiert hätte als das mit dem ebenfalls im Schatten seines Vaters stehenden Nick Sagan.
Trek Nation hat neben dem blöden Titel, der nicht recht mit dem Gesellschaftsbild, das in Star Trek geprägt wurde, konform gehen will, zwar Unterhaltungswert, aber mit Rod Roddenberry einen unsympathischen Präsentator, der mit unangenehm privaten Anekdoten sein eigentliches Ziel aus den Augen verliert. Die Bonus-DVD ist abgesehen von den Privatvideos jedoch ganz dufte.
5,2 von 10 Teppiche im All