Dr. Grordborts glorreicher Wegweiser zum Triumph: Gesammelte Werke (Cross Cult)
Lord Cockswain ist ein erhabener und angesehener Edelsmann. Nebenher ist er auch noch Kommandeur, Aliengroßwildjäger, Entdecker und Welteneroberer. Mit den großmächtigen Äther-Oszillatoren Wummen des genialen Dr. Grordborts hat er schon auf so manchem fremden Planeten den Monstren das fürchen gelehrt. Zum Beispiel erlegte Cockswain damit ein vulvagesichtiges Gilitier auf der Venus, dem wundersamen, nach der griechischen Göttin der Flatulenz und des Abreiherns benannten Planeten. Bei dieser Expedition kam er auch zu M’Gulu einem Eingeborenen mit bescheuertem Namen, dem er einen einfacheren gegeben hat. Wenn er gemeinsam mit seinem Untertan von der Venus mal gerade nicht wilden Stämmen aus dem All unsere Kultur gewaltsam näherbringt, dann verteidigt er unsere zivilisierte Welt gegen Bedrohungen der Außenwelt. Wie zum Beispiel vor den kriegerischen Mondechsen, die schon allein genetisch gesehen nichts als Krieg gegen bessergestellte Kulturen im Sinn haben.
Der neuseeländische Künstler Greg Broadmore ist vor allem durch seine Arbeiten am Film bekannt geworden. Unter anderem war er Designer bei Weta Workshop, für die er Herr der Ringe Skulpturen modellierte, aber auch an Jacksons King Kong war er beteiligt. Außerdem stammen von ihm Designs für den südafrikanischen Science-Fiction Streifen District 9 und der neuseeländischen Tierhorrorkomödie Black Sheep. Vorher illustrierte er viele Kinderbücher und spielte nebenher in Punkbands. Eine seiner weiteren großen Projekte waren eigens hergestellte Steampunkgewehre, die er seinen Arbeitgebern bei Weta vorlegte. Damit diese Waffen nicht einfach nur für sich allein wirken mussten, gestaltete er bald ein Science-Fiction Universum um sie herum, dass er in Form von Comics und umfangreichen Begleitmaterial unter die Leute gebracht hat.
Nun sind alle Geschichten um Lord Cockswain und dessen Abenteuern mit den Erfindungen des Dr. Grordborts, samt Begleitmaterial bei Cross Cult in einem deftigen Sammelband erschienen. Auf den 160 Seiten im Hardcover Album Format, findet ihr die fünf überaus unterhaltsamen Kurzcomics über Cockswains intergalaktischen Abenteuer. Herzstück dieses dicken Sonderausgabe sind aber die vielen Seiten an Begleitmaterial. Zu sehen gibt es dabei unzählige Waffen und Roboterdesigns. Außerdem noch Bildstudien der einzelnen exotischen Alienwesen, alles natürlich von Cockswain auf seine ureigene Art kommentiert. Der Rest ähnelt eher einem Artbook und besteht aus wunderschönen Doppelseitern, die das außerirdische Leben wunderschön in Szene setzen oder es werden Propagandaposter, sowie Poster zu fiktiven Cockswain Verfilmungen gezeigt.
Broadmores Artwork ist dabei immerzu sehr verspielt, fast so launisch wie der Protagonist und meist wunderschön. Das Universum erschein höchst absurd, dabei aber immer in sich schlüssig. Jede Seite wird zu einem hübschen Gemälde und wenn man es so will, ist Broadmores Kunst für solch einen albernen Trash eigentlich viel zu schade. Besonders die Propagandaposter, die Teilweise sehr direkt auf realen Postern aus dem zweiten Weltkrieg basieren sehen verdammt gut aus, genauso wie die Poster im Stile des frühen schwarzweiß Kinos.
Inhaltlich hat der Künstler sich daran gemacht die alten Pulp Geschichten des späten 19. bis zum frühen 20. Jahrhundert zu parodieren und gleichzeitig weiterzuspinnen indem er die Welt zur Kolonialzeit in ein futuristisches Steampunk Zeitalter transportiert. Dabei greift er zum Beispiel den latenten Rassismus aus den John Carter Romanen auf und lässt Cockswain zum überheblichen Heiland aller fremden Rassen werden. Wenn man einige der alten Pulpstorys selbst gelesen hat, wird es schon allein dadurch lustig, dass er diese parodiert, gleichzeitig aber gar nicht mal so viel daran ändert, da diese Geschichten meist derartig überholt sind, dass sie sich heute selbst parodieren. Sein größter Einfluss dürfte beim Inhalt die Geschichten von Edgar Rice Burroughs gewesen sein. Jedenfalls enthalten die Comics und Cockswain viele Elemente aus John Carter und auch Carson Napiers Venus Abenteuer werden einige male zitiert. Optisch orientiert er sich dabei eher an Verne und gängigen Steampunk Klischees, allerdings eher weniger viktorianisch, stattdessen mehr im Kolonialstil. Mit seinen humoristischen Geschichten veralbert er jedoch nicht nur schlecht gealterte Schundliteratur, sondern auch die Art und Weise wie “unsere” westliche Kultur auch heute noch mit den “wilden” und “unzivilisierten” Kulturen umgehen, denen unsere Art zu Leben aufgezwungen gehört. Auch scheinheiliges Verhalten in punkten wie Kinderarbeit in der dritten Welt wird hier verarbeitet und lässt dadurch mehr aus diesen Comics werden als nur eine billige Blödelei voller derber Zoten und einiger politisch nicht ganz korrekter Späßchen.
Hübsches Artwork, drollige und wortgewandte Dialoge, viel bescheuerter Humor und eine Portion Gesellschaftskritik im netten Pulp/Steampunk Gewand. Eigentlich eine Runde Sache, wenn auch man sagen muss, dass der Titel etwas an der Übersetzung zu leiden hat. Was nicht daran liegt das die Übersetzung schlecht wäre, sondern eher daran wie unmöglich es letztlich ist Broadmores Humor zu übersetzen. Wer interessiert ist sollte vorher allerdings bei seinem Comicdealer in Ruhe in den Band reinschauen, denn der Großteil ist doch eher ein Artbook mit ulkigen Kommentaren und die eigentlichen Comics machen nur wenige Seiten des Ganzen aus. Und bei dem Preist solltet ihr schon etwas länger gestrickt haben, bevor ihr beim Comichändler einfällt.
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