VVVVVV (PC)
Eigentlich schipperte Captain Viridian gemütlich samt Crew und dickem Raumschiff durchs All. Alles schnafte also. Dann kommt aber das dicke Ende. Sie dümpeln geradewegs in eine Dimensioneninterferenz. Böse schwarze Löcher, die sorgen auch nur für Ärger. Sieht nicht gut aus für die Besatzung. Zum Glück sind aber Teleporter an Bord, durch die sich alle retten können. So überleben sie zwar, werden aber voneinander getrennt und sitzen alleine an irgendeinem Ort der fremden Dimension fest. So ist es natürlich die Aufgabe des Captains seine fünf Kollegen zurück zu holen.
Bereits Anfang 2010 erschien dieser Indietitel für PC und später auch für den N3DS (eine PS Vita Version wurde wohl auch angekündight). Schuld an dem Nervenfetzer ist der englische Entwickler Terry Cavanagh, der das Game halbwegs im Alleingang mit Adobe Flash zusammengezimmert hat. Grafisch hat er sich dabei sehr stark an der guten alten C64 Optik orientiert. Trotzdem sieht der Titel nicht wirklich altbacken aus, denn obwohl die Räume, Charaktere und Objekte sehr einfach designt sind, blinkt und flackert es doch immer wieder im Hintergrund, sodass VVVVVV im Verlauf recht hypnotisch werden kann. Der einfache Stil ist also nicht nur sympathisch, sondern auch zweckmäßig, denn wer das Game schon mal steuern durfte, wird bestätigen können, dass die Grafik letztlich vollkommen egal ist. Man kann sich eh nur darauf konzentrieren irgendwie durch die einzelnen Räume zu kommen. Zum Gucken bleibt da eh keine Zeit mehr.
Genauso wie das Visuelle, ist auch das Gameplay sehr simpel geraten. Ihr steuert also ein Strichmännchen durch ein havariertes Raumschiff und eine abstruse Parallelwelt. Eure Aufgabe ist es die einzelnen Stages zu absolvieren um damit die Crewmitglieder wiederzuholen, die am Ende jedes Levels auf euch warten. Dabei können Terminals entdeckt werden, die die Handlung ein wenig weiterführen, wobei die Story relativ öde und eigentlich auch völlig egal ist. Außerdem gilt es noch Teleporter zu aktivieren und ebenfalls freiwillig können noch Wertlosigkeiten eingesammelt werden, die sogar wirklich so heißen und keine andere Funktion haben als zu beweisen wie toll ihr seid, denn nur wer auch die schwersten optionalen Räume meistert und alle Ecken der Karte erforscht, schafft es alle 20 davon zu ergattern. Interessant ist dabei noch, dass ihr ganz in Castleroid Art die Weltkarte nach eigener Reihenfolge und Laune aufdecken und bereisen könnt.
Aber kommen wir zum letztlich wichtigsten und einzigen wirklich aussagekräftigen Punkt: Wie ist eigentlich das Gameplay und überhaupt? Ganz einfach: Ihr benötigt nur drei Tasten eurer verklebten und voll gesabberten Tastatur. Links und Rechts Pfeile lassen das Männchen in die gewünschte Richtung flitzen und die Leertaste lässt euch nicht springen, sondern kehrt die Schwerkraft um. Ihr fallt also entweder zur Decke oder weiter in die Tiefe. Mehr gibt es nicht. Klingt simpel aber gepaart mit mobilen Plattformen, Partnern die durch Labyrinthe gelotst werden müssen und endlosen Stachelwänden wird aus diesem extrem simplen Plattformer nicht nur eine gewiefte Geschicklichkeitsprüfung, sondern auch einige male ein kleine Kopfnuss. Extrems Fingerspitzengefühl und etwas Kopfschmalz sind also gefragt. Dabei belohnt das Game euch mit immer fair gesetzten Checkpoints, an denen ihr euch beliebig oft wiederbeleben könnt. Falls mal kein Checkpoint in fairer Nähe zu finden sein sollte hat das schon seinen Grund und gehört zum Konzept. In jedem einzelnen Gebiet wird eine neue Mechanik eingeführt und innerhalb weniger Screens werden euch alle verrückten Möglichkeiten, in der Praxis, näher gebracht. Danach erhöht sich der Anspruch stetig und rapide. Zig male findet man sich in Räumen wieder, die einfach unmöglich zu sein scheinen. Nach ein paar versuchen ist man aber schon einige Schritte weiter und kommt dem Ziel immer näher. Denn egal wie schwer eine Passage auch wirken mag, es ist immer machbar und kann mit Übung erlernt werden. Mit viel Konzentration können dann sogar auch die Bonusmissionen geschafft werden, in denen ihr den Nippes sammeln könnt. Bock schwer, aber ein sofortiges Suchtmittel und niemals unfair. Dadurch erinnert es nicht nur an Geschicklichkeitsspielchen für den C64, sondern auch sehr an die kniffligsten Momente der Mega Man Reihe. Genau mein Ding.
Ein abschließendes Lob verdient noch der 20-minütige Chipsoundtrack von Magnus Pålsson, im Internet eher als Souleye bekannt. Klingt immer sehr passend, pusht in den richtigen Momenten und kann sogar stellenweise etwas gruselig wirken. Wer davon nicht genug bekommt kann sich den OST sogar einzeln erwerben.
Also ein rundum gelungenes Game, das trotz oder vermutlich gerade wegen seiner simplen Art völlig begeistern kann. Mittlerweile ist auch der Editor problemlos benutzbar und ihr könnt euch eigene, noch teuflischere Stages basteln oder die von anderen Spielern nachspielen. Endloser gratis Nachschub ist also garantiert. Ansonsten ist das Game eh das beste Futter für jeden Hardcoregamer und Speedrunner. Superdupi gut.
8 von 10 weinende Elefanten