Durch ihren letzten großen Fall konnte sich Sarah Lund (Sofie Gråbøl) wieder als Kommissarin etablieren. Und auch ihr Privatleben versucht diese doch etwas schwierige Person wieder in geregelte Bahnen zu lenken - Hauskauf inklusive. Allerdings will es mit ihrem Sohn immer noch nicht so richtig klappen.
Währenddessen läuft der Wahlkampf um das Amt des Ministerpräsidenten auf Hochtouren. Der momentane Amtsinhaber Kristian Kamper (Olaf Johannessen) setzt alles daran, die wirtschaftlich wichtige Reederei Zeeland davon zu überzeugen, ihren Sitz weiterhin in Dänemark zu belassen.
Als jedoch die Tochter des Zeeland-Vorsitzenden Robert Zeuthen (Anders W. Berthelsen) entführt wird und mehrere Leichen auf einem alten Containerschiff gefunden werden, wird es brisant. Lund wird mit den Ermittlungen beauftragt und bekommt vom dänischen Geheimdienst einen neuen Partner zugeteilt. Mathias Borch (Nikolaj Lie Kaas) und die Kommissarin befanden sich aber bereits Jahre zuvor in einer anderen Form von Partnerschaft...
Sodann bin ich am Finale der Serie angelangt. Stellte die erste Staffel "nur" die Ermittlungen zu einem Mordfall dar und befand man sich in der zweiten auf der Jagd nach einem durchaus aktiven Mörder, handelt die dritte Staffel zumindest auf einer oberflächlichen Ebene von einer Kindesentführung. Dieser Umstand sorgt allein schon dafür, dass die Staffel ein etwas höheres Tempo vorweisen kann als die vorigen Staffeln.
Das Ensemble der Charaktere ist wieder recht umfangreich ausgefallen. Als bekannte Gesichter sind natürlich Lund und Lunds Familie wieder mit von der Partie, aber auch Lennart Brix (Morten Suurballe) und Polizeichefin Ruth Hedeby (Lotte Andersen). Zum Ermittlerteam gesellen sich der eingangs erwähnte Mathias Borch und der junge Kollege Asbjørn Juncker (Sigurd Holmen le Dous).
Auf der politischen Seite gibt's den Ministerpräsidenten Kamper und seine Assistentin Karin Nebel (Trine Pallesen) und seinen Bruder Kristoffer (Jonatan Spang). Unmittelbar mit der Politik verbunden sind auch die Charaktere der Firma Zeeland bzw. die Familie Zeuthen. Wobei nicht so recht von einer "Familie" gesprochen werden kann, beachtet man, dass Robert und Maja (Helle Fagralid) getrennt leben. Die gemeinsamen Kinder Emilie (Kaya Fjeldsted) und Carl (Oliver Ternstrøm) leben - zumindest bis zur Entführung Emilies - bei Robert.
Dass hier erneut allerhand Verstrickungen zwischen den Charakteren und sehr viele falsche Fährten auf den Zuschauer warten, war nach den beiden vorigen Staffeln zu erwarten. Auch dieses Mal ist der akute Fall direkt mit einem Fall aus der Vergangenheit verbunden, so dass sich letztlich zwei Ermittlungen bedingen.
Das funktioniert über weite Strecken immens gut und ist auch packend, doch wirkt der Entführer Emilies teils zu perfekt vorbereitet, als dass man noch von Realismus sprechen kann. Gerade auch in Bezug auf das soziale Milieu, aus dem die Person stammt, die Mittel, die sie zur Verfügung hat, und die "kurzen" Zeit, in der die Vorbereitungen für die Tat vonstatten gingen. Zumindest bis zu einem gewissen Punkt.
Ich würde es gerne verhindern, zu viel zu verraten, doch andererseits ist das Finale der Staffel/der Serie für die Bewertung ausschlaggebend und für die Argumentation wichtig. Also, Vorsicht! Spoiler!
Auf den Weg zum Finale möchte ich gar nicht mal so sehr eingehen. Der ist gelungen und unterhält wirklich formidabel. Konzentrieren möchte ich mich auf Lunds Verhalten im Finale, welches überrascht, kurz plausibel erscheint und dann überhaupt nicht zum Charakter passt, und auf das Verhalten Kristian Kampers bzw. den Umgang mit dem politischen Teil der Story.
Kurz gefasst handelt es sich bei dem Entführer um den Vater einer vor zwei Jahren ermordeten jungen Frau. Der Vater meint den Mörder identifiziert zu haben und er möchte, dass dieser ebenso wie er leidet. Der Mörder ist seinen Nachforschungen nach Robert Zeuthen. Das erweist sich als falsch. Lund ist auf der richtigen Spur, kann ihre Vermutung jedoch nicht beweisen. Im Finale sitzt sie allein mit dem Verdächtigen im Auto und kann ihn soweit bringen, dass er ihr ein Geständnis liefert. Doch zu diesem Zeitpunkt ist beiden klar, dass es keine legitime Verfahrensweise gibt, die nach den Regeln des Rechtssystems zu einer Festnahme und Verurteilung führen würde. Lund, die fast schon krankhaft an der Aufklärung von Straftaten arbeitet und eine gerechte Strafe für die Täter fordert, erschießt ihn im Affekt.
Dass sie überhaupt eine Waffe bei sich trägt und auch bereit ist, sie zu benutzen, wurde absolut nachvollziehbar über die gesamte Serie aufgebaut. Und auch ihr Missmut über das System, in dem sie sich bei ihrer Arbeit bewegen muss, wurde durch ihre gehäuften Handlungen abseits des offiziellen Weges greifbar. Durch mehrere Ereignisse in der Vergangenheit ist ihre Hilflosigkeit in dieser Situation ersichtlich geworden. So erscheint der von ihr begangene Mord schlüssig. Die Darstellung sowohl optisch als auch die von Sofie Gråbøl lassen den Zuschauer benommen zurück.
So sehr sich das alles bis zu diesem Zeitpunkt in das bisherige Bild einfügt, erfolgt hier auch der große Bruch mit dem Charakter. Lund flieht. Sie entzieht sich der Strafe, die sie für ihre Tat büßen müsste, was im Prinzip jeglicher Handlung, der man über drei Staffeln beiwohnen durfte, widerspricht. Ein durchaus doofes Ende!
Ebenfalls lahmer, als es im ersten Moment erscheint, ist das "Ende" von Ministerpräsident Kristian Kamper. Es kommt heraus, dass sein Sohnemann, der vor etwas über einem Jahr anscheinend Selbstmord beging, in Wirklichkeit durch das Eingreifen des Geheimdienstes starb. Sein Sohn war in den Besitz von Fotos gelangt, die zeigten, wer für den Mord vor zwei Jahren verantwortlich war. Der Ministerpräsident ist natürlich erschüttert.
Wie in den Staffeln zuvor, soll "die Politik" in der Serie ja immer zur Kritik an den Mächtigen und generell an den Machtstrukturen gereichen. Menschen werden durch Macht korrumpiert und werfen dadurch ihre eigenen Ideale und gerne mal den gesunden Menschenverstand über Bord. Das ist gut und recht und zuvor passte das auch immer.
Im Falle von Kamper wirkt es jedoch eher, dass man diesen Handlungsstrang einfach irgendwie beenden wollte. Der Weg, auf den zuvor hingearbeitet wurde, hätte dazu geführt, dass Kamper sich gegen Geheimdienst wendet und die Geschichte seines Sohnes publik macht, was eine durchaus interessante Situation wäre, die auch weiterhin der kritischen Position entsprochen hätte. Kamper würde diskreditiert werden, es würde zensiert werden und alles daran gesetzt werden, die Sache zu vertuschen.
So hat man am Ende jedoch nur einen Charakter, der unter dem Tod seines Sohnes stark leidet, und sich dann dennoch in Zeitlupe wieder der Macht zuwendet. Das ist letztlich gar nicht mal so mutig, wie man meint.
Diese beiden Punkte sind zwar nur Probleme, die ganz zum Schluss auftreten, doch sind sie dennoch ärgerlich. Die Serie hätte sicherlich einen weitaus schöneren Schluss verdient. Nicht im Sinne eines Happy Ends - das hätte einfach nicht gepasst - aber es wäre schön gewesen, wenn die Handlungen überhaupt zu den so lange aufgebauten Charakteren gepasst hätten. Schade drum!
Die DVDs sind diesmal wirklich gut geraten, sowohl vom Bild als auch vom Ton her. Meinen größten Kritikpunkt an der Veröffentlichung wiederhole ich jetzt nicht zum dritten Mal, sondern verweise auf die Reviews zur ersten und zweiten Staffel.
Das Verbrechen III ist packend inszeniert, dufte geschrieben und kann gerne mal überraschen. Zumindest bis zum Finale, welches nicht vollständig mit den vorangegangen fast 40 Stunden kooperieren möchte. Das doofe Ding.
6,9 von 10 Lappen aus Norwegerpullis