Kannibalen (Festa)
„Aber an dem Fleisch zu schmecken. Davon zu essen.“
Als Veganer ist mein Verhältnis zum Fleischkonsum kein leichtes. Es geht mir da sicherlich nicht um den Geschmack, sondern natürlich um eine ethische Entscheidung. Die Argumentation warum man Tiere essen darf gerät schnell ins straucheln wenn man sich ansieht wie schwer für viele das Thema Kannibalismus zu sein scheint. Natürlich passieren in dem Zusammenhang viele unfassbare Straftaten, allerdings sind darunter auch Fälle bei denen beide, also der Menschenfleisch Konsument und der Fleischlieferant einverstanden sind mit dem Verspeisen und genau da wird es für viele wohl zu abwegig um so etwas als real zu akzeptieren. Etwas unangenehmes und unverständliches schwingt also immer bei dem Thema mit, ein perfektes Thema also für Autoren von Horrorgeschichten die Fans haben die einen harten Magen (kein Wortspiel beabsichtig) haben. Das dachte sich auch Frank Festa, der nun die wohl erste Kannibalen Horror Anthologie zusammengestellt hat.
Nach einem recht gruseligen Intro vom Herausgeber folgen 13 Kurzgeschichten die irgendwie eine Verbindung zum Thema Kannibalismus haben. Zwischen den Storys finden sich immer wirkliche Nachrichten Meldungen über Kannibalismus in den vergangenen Jahren, womit wieder die Realität ins Spiel kommt was einigen Menschen das Lesen wohl noch unangenehmer macht.
Bei den Autoren stehen hier alte Meister des Horrors, wie H.P. Lovecraft, E.T.A. Hoffmann, Edgar Allan Poe und Robert Bloch auch junge Meister des Genres wie Greg F. Gifune, Tim Curren und Edward Lee.
Zu den alten Meistern muss man nicht viel sagen, außer das ich ihnen ohne Zweifel diesen Titel zurecht gebe und so sind alle ihre Geschichten klare Highlights, und dem einen oder anderen sicherlich schon bekannt. Viele Worte sind da also nicht mehr nötig.
Die anderen Autoren die sich noch beweisen müssen tun das auch ganz kräftig. Schön das genau die drei Autoren abseits der Großen genau die sind, deren Werke in der nächsten Zeit im Festa Verlag erscheinen werden, was wiederum bedeutet das Frank Festa einen guten Geschmack hat, nämlich meinen, oder andersrum, ist ja auch egal.
Gifunes Geschichte „Schnee-Engel“ ist wirklich gut geschrieben, leidet aber wie ein paar andere Geschichten hier doch recht stark daran das man von Anfang an weiß worauf es hinauslaufen wird, aber das ist nun mal das Problem wenn man ein übergreifendes Thema hat.
Dann ist da noch Tim Currans „Maden“. Eine extrem gut geschriebene Geschichte über einen französischen Soldaten, der während des Kriegs an der russischen Front dazu gezwungen ist Menschenfleisch zu essen um zu überleben und von dann an von Maden geplagt wird die mit ihm sprechen und nach mehr verlangen. Der Schreibstil ist einfach toll und gefällt mir sehr.
Außerdem ist mir noch Edward Lees Pulp Story „Madenmädchen im Gefängnis der toten Frauen“ sehr positiv aufgefallen. Eher eine Zombiegeschichte, totaler Trash, aber schön hart geschrieben. Nach einem missglückten Waffenversuch der USA werden 10.000 Menschen zu Zombies, die aber nur die positiven Aspekte des Zombiedaseins innehaben. Unter anderem wurde auch die Prostituierte zu einem Zombie die gleichzeitig unsere Erzählerin ist. Da die Regierung nach der Wahl der Republikaner die Menschenrechte für die Zombies außer Kraft setzt, müssen sie und die anderen Untoten sich wehren. Wie gesagt hart geschrieben und zudem bewundere ich Lees unerschöpflichen Vorrat an hübschen Beleidigungen.
Zu guter letzt fiel mir noch die Abschlussgeschichte „Eric, die Pastete“ von Graham Masterton positiv auf, die ein wenig an eine pervertierte Version von Charlie und die Schokoladenfabrik erinnert.
Natürlich sind auch die anderen Geschichten nicht unspannend, haben mich aber nicht so sehr positiv überrascht. Interessant fand ich aber noch das in zweien der Geschichten der schottische Kannibale Sawney Bean als Vorlage genommen wurde, der unter anderem ja auch schon die Hills Have Eyes Filme inspirierte.
Eine feine Auswahl von Geschichten über die endgültigste Fleischeslust. Schönes Ding!
8,4 von 10 verrückte Lords