Punk ist erstmal eine Modeerscheinung, etwas das von Anfang an recht gut zu vermarkten war. Anders sein ist cool und hipp, besonders wenn man es sich leisten kann, doch abgesehen von Green Day, Bahnhofspunks und gewaltbereiten Linksextremen (hihi) bekommen normale Menschen eher wenig davon mit was Punk wirklich ist. Da ist es schön wenn Filmemacherinnen wie Julia Ostertag und Francesca Araiza Andrade eine so feine Doku basteln wie diese hier, durch die sicherlich ein paar mehr Leute eine Welt entdecken können die sie sonst niemals wahrnehmen würden.
Die Doku befasst sich mit der europäischen Punkszene. Dabei fängt man natürlich am besten in England an aber am besten nicht mit Sex Pistols sondern mit CRASS. Diese waren wohl mit der wichtigste Schritt zur Politisierung der Musikrichtung. Dazu kommt Penny Rimaud, Schlagzeuger und Texter von CRASS, zu Wort außerdem besucht das Filmteam die CRASS Kollektive. Somit ist ein Ideologischer Grundstein gelegt und wir können uns der Gegenwart stellen. So besuchen die beiden Regisseurinnen Hausbesetzer in Barcelona, das Punk Illegal Festival in Schweden wo es speziell um Feminismus geht, den Bauwagen Platz Schwarzer Kanal in Berlin und die noch junge Antifa Szene in Russland. Besonders letzteres ist immer wieder ergreifend, wenn man sieht das dort Menschen Angst um ihr Leben haben müssen wenn sie sich offen gegen Nazidreck aussprechen. Zu Wort kommen dabei die Bewohner/Innen der jeweiligen Projekte und die Mitglieder der Bands. Wenn die Leute davon sprechen wie vernetzt die Szene ist kann man dem nur zustimmen. Beim schauen musste ich auch erstaunt feststellen das ich an einigen dieser Orte schon mal war, viele Leute kenne und mit Ausnahme von 2-3 Bands wirklich jede schon mindestens einmal Live gesehen habe. Wenn man also schon ein paar Jährchen besetzte Häuser und ähnliches besucht hat diese Doku auch ein wenig von einem familiären Dia Abend, nur geiler und lauter.
Für die Lautstärke sorgen unendlich geile Bands wie: Disfear, Seein Red, Fall of Efrafa, Vicious Irene, La Casa Fantom, What We Feel und ein Haufen andere wirklich gute Bands.
Noise and Resistance - Voices from the DIY Underground ist eine mitreißende Doku, die allen interessierten einen spannenden Einblick in eine bunte andersartige aber viel freiere Welt gewährt und wer selbst Teil von ihr ist, wird eh doppelt soviel Spaß daran haben.
Die DVD bietet noch 21 Minuten extra Interviews zu CRASS und über eine halbe Stunde nicht verwendete Szenen unter anderen mit den tollen Agrimonia, die es wirklich verdient hätten in den Film zu kommen, außerdem noch ein paar weitere Szenen mit Personenangrep, Fall of Efrafa, MVD und Vicious Irene. Trailer gibt es natürlich auch noch!
9,5 von 10 selbst gefaltete und geklebte LP Hüllen
