Der erblindete
ehemalige Journalist Franco Arno (Karl Malden) geht mit seiner Nichte
Lori (Cinzia De Carolis) spazieren. Die beiden hören ein dubioses
Gespräch mit, das Arno die Lauscher aufsperren lässt. Am nächsten
Tag wurde in eine nahe Forschungseinrichtung eingebrochen. Dabei
wurde ein Wachmann getötet und kurze Zeit später kommt einer der am
Gespräch des Vortags beteiligten Männer auf einem Bahngleis ums
Leben. Für Arno ist klar, dass es Mord sein muss und irgendetwas in
der Einrichtung vor sich geht. Er kontaktiert den engagierten
Reporter Carlo Giordani (James Franciscus), der eine starke Story
wittert. Es dauert nicht lange, bis der nächste Mord geschieht...
Icke macht gelb.
Nachdem Blaxploitation bei unseren Filmabenden des letzten Jahres das
dominierende Genre war (es stehen noch eeeeeeinige Reviews auf meiner
ToDo), schauen wir uns langsam mal nach anderen Genres um. Dies soll
also jetzt mein erstes Review zu einem Giallo werden. Wer mir also
keine Ahnung unterstellen möchte, sollte dies auch unverhohlen tun.
Der- oder diejenige tut Recht daran. Nun denn!
Die erste
Erkenntnis, die ich aus diesem Film ziehe, ist dass „Brezelchen“
irgendwie ein sehr lieber Kosename ist. Natürlich muss man dafür
Assoziationen mit dem derzeit wütenden Volksfest in Süden
Deutschlands so weit wie möglich verdrängen.
Aber wenn man
sowieso schon geistig in Bayern ist, ist es ja kein großer Sprung
mehr nach Italien. Hier bekommt man einen zünftigen Krimi/Thriller
vorgesetzt, der sogar einen gewissen wissenschaftlichen Anspruch
erheben kann. Die Forschungseinrichtung beschäftigt sich mit der
Frühdiagnostik genetischer Defekte bzw. Veränderungen und im
Speziellen mit dem XYY-Syndrom. Anfang der Siebziger war dieses
Syndrom noch ein mäßig erforschtes Sachgebiet, so dass es auch
nicht gänzlich korrekte Studien und das ein oder andere Gerücht
darum gab. Eine der Annahmen war zu dem Zeitpunkt, dass das
XYY-Syndrom zu erhöhter Gewaltbereitschaft führt, was sogar noch
1992 in Alien 3 thematisiert wurde. Nach heutigem Wissensstand gibt es
allerdings keine Kausalität zwischen dem Syndrom und erhöhter
Gewaltbereitschaft.
Während Arno und
Giordani also dem Mörder auf den Fersen sind und weitere Morde
geschehen, müssen sie immer wieder zur Klinik zurückkehren. Dem
Zuschauer ist der Mörder insofern bekannt, als dass die Morde aus
der Ego-Perspektive gefilmt wurden und die teilweise unangenehm real
wirkenden Erdrosselungen aus nächster Nähe zu sehen sind. Zudem
wird immer wieder das Auge des Mörders gezeigt. Auch wenn das ein
einfaches Stilmittel ist, verfehlt es doch seine Wirkung nicht. Ein
Gefühl der Unsicherheit und der ständigen Bedrohung wird
ungefiltert an den Zuschauer weitergereicht. Leicht verstörend
kommen teils harte Schnitte und das Vorgreifen auf die Tonspur
folgender Szenen hinzu. Nicht zuletzt trägt Ennio Morricone mit
seiner oft atonalen musikalischen Untermalung zur Stimmung und zum
Stil des Films bei.
Überraschend
zeitlos ist die visuelle Gestaltung. Sieht man mal von den modischen
Aspekten ab, sind Beleuchtung, Kameraführung und die Sets für eine
eher kleine Produktion der Siebziger auf sehr hohem Niveau, was den
Film auch heute noch angenehm anzuschauen macht. Da hat Argento
ordentlich gezaubert, auch wenn er selbst anscheinend nicht so recht
von seinem Werk überzeugt ist.
Die Geschichte ist
gut umgesetzt. Die beiden batmännisch hart recherchierenden
Journalisten werden immer wieder auf die falsche Fährte geführt.
Dem Zuschauer wird einiges an Spannung geboten und es wird
erfolgreich ein Gefühl der Unberechenbarkeit gewahrt. Sonderlich
gewitzt ist die Handlung am Ende zwar nicht, aber man wird einfach
gut unterhalten.
Was auch an den
Hauptcharakteren liegt. Karl Malden und James Franciscus bilden ein
cooles Team. Verwunderlich ist, dass die flappsigen und manchmal
nicht ganz politisch korrekten Sprüche Giordanos die Stimmung des
Films nicht kaputt machen, sondern als Teil des Charakters
durchgehen.
cmv-Laservision
hat sich mit der Blu-ray im Mediabookformat wieder viel Mühe
gegeben. Mit zwei unterschiedlichen Covern erhältlich bietet die
Blu-ray einen neuen HD-Transfer vom Originalnegativ. Das Bild ist
leicht körnig und ist in einigen dunklen Szenen sehr unsauber, was
aber wohl am Ausgangsmaterial gelegen haben muss. Der deutsche Ton
hat etwas kratzige Höhen und an wenigen Stellen einen deutlich
dumpferen Klang. Störend ist das aufgrund der sonstigen Qualität
allerdings nicht.
Die aufbereitete
Version bietet Szenen, die zuvor in der deutschen Veröffentlichung
nicht enthalten waren. Die Szenen wurden nicht nachsynchronisiert,
sondern laufen im O-Ton mit Untertiteln. Persönlich empfinde ich das
als die sinnvollere Variante, hier gehen die Meinungen aber wohl
auseinander. Bei den wieder hinzugefügten Szenen wundert man sich
teilweise, wie die alte deutsche Variante für den Zuschauer ergeben
hat, da Szenen weggefallen sind, die meist von einer Szene in die
andere überleiten. Auffällig ist zudem, dass die Homosexualität
des einzigen Deutschen an der Forschungseinrichtung damals fast
gänzlich getilgt wurde.
Neben der
zusammengefügten aufbereiteten Version ist die alte Schnittfassung
auf der Disc. Hinzu kommen Trailer und TV- und Radio-Spots, der
Bericht „Tales of the Cat“ mit Interviews mit Dario Argento,
Dardano Sacchetti und Ennio Morricone, Radio-Interviews mit Karl
Malden und James Franciscus und eine schön gestaltete Bildergalerie.
Ein sehr umfangreiches und feines Paket also.
Die neunschwänzige
Katze bietet einen stilsicheren Krimi mit solider Geschichte,
angestochenen Milchtüten und einem durchfahrenen Strahl.
cmv-Laservision hat hier einen Klassiker sehr liebevoll ins
HD-Zeitalter gehievt.
7,2 von 10
Wandteppiche
PS: Die Blu-ray kann man noch bis 22.10.2012 bei unserer großen Verlosung gewinnen!
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