Charles Dickens – Eine Weihnachtsgeschichte (1999) [Koch Media]
Ebenezer Scrooge (Patrick Stewart) ist das, was der Volksmund als „geiziger alter Sack“ bezeichnet. Sein Leben ist nur noch darauf ausgerichtet, immer mehr Reichtum anzusammeln. Die wenigen sozialen Bindungen, die er für diesen Zweck halten muss, sind in desolatem Zustand, da er andere schlichtweg wie Dreck behandeln. Nicht überraschend ist es da, dass er das Weihnachtsfest als Humbug bezeichnet. Es ist ein Fest, an dem man anderen Leuten vorspielt, sie würden einem etwas bedeuten. Alles Humbug! In der Nacht vor Weihnachten bekommt Scrooge Besuch von seinem vor sieben Jahren verstorbenen Geschäftspartner Marley (Bernard Lloyd). Von den schweren Ketten belastet, die er zeit seines Lebens selbst schmiedete, kündigt Marley die Ankunft dreier Geister an, die Scrooge die vergangene, die diesjährige und die zukünftige Weihnacht zeigen werden...
Die Temperaturen fallen tagsüber in den Bereich zwischen 10 und 15 °C, es wird morgens später hell und abends früher dunkel. Die Läden fangen an, feinste Leckereien zu stapeln. Richtig! Es ist Herbst. Also die beste Zeit eine Verfilmung von Charles Dickens' A Christmas Carol mit Patrick Stewart zu schauen – weihnachtlicher wird es schließlich nicht mehr.
Diese von TNT produzierte Verfilmung wartet mit dem vermeintlichen Vorteil auf, dass Stewart die Geschichte über Jahre in einer Ein-Mann-Vorstellung im Theater aufführte. So wunderbar sich „der Captain“ auch als knausriger alter Mann schlägt und dessen Wandlung auch halbwegs passabel darstellt, so daneben wirkt die letztliche Läuterung. Scrooge ist am Ende dieses Films ein emotionales Wrack zwischen freudiger Ekstase und tief trauriger Rückschau. Wer hofft, dass dieser Eindruck durch einen etwas anderen Ansatz entsteht, sei gewarnt. Der Eindruck entsteht hauptsächlich durch das konfuse Spiel Stewarts im letzten Drittel.
Der eigentlich Ansatz der Verfilmung ist nämlich ein äußerst konservativer, was hier nicht als schlecht angesehen werden muss. Es wird versucht, sich sehr nah an die Illustrationen von John Leech zu halten. Gerade bei der Gestaltung der Fezziwigs und des zweiten Geists ist das auch grandios gelungen. Ansonsten wurde mit dem begrenzten Budget einer TV-Produktionen sinnvoll umgegangen, was man den meisten Sets ansieht. Das Gefühl der Trostlosigkeit und der Kälte, welches einen beim Betrachten von Scrooges Leben und derer in seinem Umfeld beschleicht, ist wirklich fein eingefangen. Mit visuellen Effekten wird sich zurückgehalten. Allein der Wirbelsturm, mit dem der zweite Geist Scrooge transportiert, sieht schrecklich billig aus.
Das große Problem des Films ist wohl hauptsächlich, dass er so wirkt, als hätte man Theater einfach filmen wollen. Dadurch, dass die Nebencharaktere oft nur ihren Gefühlsstatus verlautbaren, kommen kaum richtige Dialoge zustande und wird kaum Tiefe erzeugt. Es bleibt natürlich fraglich, welche Ansprüche an eine Umsetzung dieser Weihnachtsgeschichte zu stellen sind.
Charles Dickens – Eine Weihnachtsgeschichte ist eine handwerklich durchaus gute TV-Version der altbekannten Geschichte. Sie krankt allerdings leider am nicht gänzlich fernsehkompatiblen Schauspiel. Für einen kalten Herbst-/Winterabend im Kreise der Filme wird es aber bestimmt reichen.
Auf der DVD gibt es neben dem bezüglich Bildqualität schwächelnden Film noch zwei zweiminütige „Making-Ofs“ und ein paar Trailer (Jason und der Kampf um das goldene Vlies, Das 10. Königreich, Arabian Nights, Kampf der Kobolde).
5,8 von 10 römische Orgien über Weihnachten