Donnerstag, 4. Juli 2013

Before Watchmen: Minutemen (Panini)

Before Watchmen: Minutemen (Panini)

Seit dem großen Erfolg von Alan Moores "Watchmen" Mini-Serie aus dem Jahr 1986, kennt vermutlich jeder Comicfreund die Geschichte um Nite Owl, Rorschach und Co., aber wer waren ihre großen Vorbilder und wie begann das Mysterium um jene maskierten Helden? Hollis Mason alias Nite Owl I und Autor von "Unter der Maske" erzählt uns in "Before Watchmen: Minutemen" alles vom ersten Zusammentreffen zwischen maskierten Helden und der Gründung dieser nicht unumstrittenen Gemeinschaft.

Hollis hat grade begonnen an seinem Buch „Unter der Maske“ zu arbeiten, in dem er die ganze Wahrheit über die Minutemen preisgeben will. Es gibt viele Dinge, die er sich von der Seele zu schreiben wünscht und so stellt er jeden seiner späteren Gefährten kurz vor. Es geht in das Jahr 1939, in welchem sich die acht ungleichen Persönlichkeiten das erste Mal begegnen sollten und nach einigen Monaten Casting, bei dem sich jeder maskierte Rächer vorstellen bzw. für einen Platz bei den Minutemen vorsprechen konnte, steht die Gruppierung letztlich fest. Angeführt wird die Truppe von Captain Metropolis, der als Ex-Marine und Militärexperte genau die richtige Form von disziplinierter Organisation beherrscht, die für eine minutiöse Planung von komplexen Einsätzen dienlich ist. Ihr erster Auftrag lautet ein Nest von Waffenschiebern auszuheben, jedoch endet dieser tragisch mit der Explosion einer Lagerhalle. Die "Waffenschieber" entpuppen sich als kleinkriminelle Importeure von chinesischen Knallkörpern. Ein herber Fehlschlag für die junge Truppe.

Einige Monate später kommt es, nach einem gemeinsamen Einsatz, zu einem sexuellen Übergriff des Comedians auf Silk Spectre, welcher nicht ohne Folgen bleibt. Es wird ein Sondertreffen der Minutemen einberufen, auf welchem die Entscheidung fällt, den jungen Edward Blake für alle Zeit auszuschließen. Es folgt ein Sprung ins Jahr 1941. Hollis Mason und Silhouette haben im Laufe ihrer gemeinsamen Arbeit  eine gute Freundschaft aufgebaut. Einmal die Woche treffen sich die beiden um persönliche Gedanken auszutauschen oder einfach nur ein wenig reden zu können. An einem dieser Nachmittage bittet Ursula ihren guten Freund, sie bei einem Auftrag zu unterstützen, jedoch hat Hollis keine Zeit für sie, da er selbst an jenem Abend Polizeidienst hat. Der Abend kommt und Silhouette begibt sich zu einem Ort, welcher als der Gentlemans-Club bekannt ist. Hier treffen sich die hohen Herren der Stadt, um ihrer Lust nach frauenverachtender Pornografie zu frönen. Inmitten des Vorführraumes mit älteren Herren steht ein verängstigtes kleines Mädchen und starrt auf die Leinwand. Hass steigt in Ursula auf und vom Rot der Vergeltung geblendet stürmt sie mit einem Maschinengewehr in den Saal und schießt auf alles, was sich noch bewegt. Bei ihrer Flucht vor dem Kugelhagel durchschlägt eine Pistolenkugel ihre Schulter und trifft das kleine Kind ins Herz. Mit letzter Kraft gelangen sie in eine Kirche, von wo aus Silhouette Hollis anruft, um die Schwerverletzten dort herauszuholen. Er erreicht den Schauplatz zu spät für das kleine Mädchen.

Nach diesem Vorfall wird das Leben von Silhouette in jedem Klatschheftchen der Stadt breit getreten. Besonders trift die junge Fraue allerdings ihr erzwungenes Coming-out, das im prüden Amerika der 40er Jahre zu reichlich Aufruhr führt. Getrieben durch schlechte Stimmung in der Öffentlichkeit, entscheiden sich die Minutemen vier zu zwei für den Ausschluss von Ursula. Nur wenige Wochen später wird sie blutrünstig ermordet in einem Hotelzimmer aufgefunden. In der Nacht nach ihrer Beerdigung zieht Nite Owl hinaus in die Finsternis, um möglicherweise belastendes Material aus der Wohnung von Ursula verschwinden zu lassen. Dabei fallen ihm eine Reihe von Tonbändern in die Hände, auf denen die Namen jedes Minutemen vermerkt sind. Zurück im Eulennest hören sich Byron und Hollis das letzte aufgezeichnete Band an - es trägt den Namen Ursula und erzählt ihre ergreifende Lebensgeschichte.
Die Zeit der großen Heldentaten ist längst vorbei, doch NiteOwl, Mothman, Captain Metropolis und Hooded Justice halten weiterhin an ihrem Ideal der Verbrechensbekämpfung fest. Ein letztes Mal soll es ihnen noch vergönnt sein, wie wahre Helden ihre Stadt vor drohendem Unglück zu bewahren. Eine japanische Terrorzelle droht New York damit eine manuelle Kernschmelze von Liberty Island aus zu starten, um die gesamte Stadt mit Radioaktivität zu verseuchen. Gemeinsam gelingt es den Dreien das Unheil abzuwenden, doch die US Regierung beschließt, den Vorfall zu vertuschen, um keine Panik in der Bevölkerung zu verursachen. Der größte Erfolg der Minutemen, die Rettung von Millionen von Menschen und niemand wird je davon erfahren!

Selbst nachdem die Minutemen sich offiziell aufgelöst haben, verfolgt Hollis die Geschichte der vermissten Kinder bis in den Schlaf. Er kehrte in den aktiven Streifendienst zurück, seine alte Berufung. Auf einem seiner Rundgänge erfährt Officer Mason vom Verschwinden eines Jungen aus der direkten Nachbarschaft. Dieses Mal wird ihm klar, was sich so lange Zeit vor seinen Augen verborgen hat, die fehlende Verbindung. Alle Kinder waren in der Nähe eines lokalen Wanderzirkus entführt worden. Ein Zirkus ganz ähnlich jenem, bei dem vor vielen Jahren Nelson alias Hooded Justice als Muskelmann aufgetreten war. Der schreckliche Verdacht, den NiteOwl hat, scheint sich zu bewahrheiten, als er den Spuren in ein altes Gebäude im Hafenviertel folgt und dort von Justice niedergestreckt wird. In einer letzten kraftzehrenden Aktion raufen er und sein alter Weggefährte Mothman sich noch einmal zusammen, um diesem kranken Treiben ein Ende zu setzen. Es gelingt ihnen in der Tat, Justice dieses Mal auszuschalten, doch in derselben Nacht, bekommt Hollis in seinem Eulennest unerwartet Besuch vom Comedian, der ihn in eine ganz andere Version der Wahrheit einweiht.

Before Watchmen: Minutemen macht es meiner Meinung nach sehr geschickt, wie es aus Hollis wehmütiger Schwelgerei für das „alte“ Heldentum, jeden einzelnen der maskierten Rächer nach und nach vorstellt, jeden mit seinem ganz speziellen Hintergrund und Flair, was auch im leicht variierenden Stil der einzelnen Panels grafisch gut unterstützt wird. Getragen wird die Geschichte dabei von Nite Owls schwermütiger Erzählstimme, mit der er den Leser durch die einzelnen Handlungstränge der Geschichte führt. Von den Anfängen in der goldenen Ära bis hin zum bitteren Zerfall und den schmutzigen Wahrheiten, die sich unter den Masken verbergen. Es mag nur mir so gehen, dennoch habe ich das Gefühl, dass die Autoren es äußerst gut getroffen haben die Erzähl- und Ausdrucksweise von Alan Moore anzunehmen, sodass sich die Geschichte tatsächlich anfühlt als wäre sie dem selben Universum entsprungen. Über Allem schwingt, selbst hier, ein Hauch der Watchmen typischen Melancholie mit. Was für die Dialoge zutrifft, stimmt in gleichem Maße auch für den visuellen Bereich. Hier wurde ebenso verhältnismäßig liebevoll versucht dem Stil des 80er Jahre Originals gerecht zu werden, ohne aber im Detail auf moderne Methoden zu verzichten. Vom alten Look der 40er Jahre DC-Comics bis zu einem modernen scharfkantigen Stil mit detaillierten Ausarbeitungen, verändern sich im Laufe der Ausgabe die Zeichnungen und versuchen so die Entwicklung vom glänzenden Heldentum bis zur dreckigen Realität nachzuempfinden.

7.8 von 10 glorreichen Anti-Helden