Mittwoch, 31. Juli 2013

Doctor Who - Rad aus Eis (Cross Cult)

Doctor Who - Rad aus Eis (Cross Cult)

Die TARDIS ist ein Gerät, das seinen eigenen Kopf hat. Das müssen der Doctor, Zoe und Jamie wieder einmal auf schmerzliche Art und Weise feststellen. Die kleine blaue Box materialisiert mitten in den Ringen des Saturns und bekommt den ein oder anderen Eisklumpen vor den nicht vorhandenen Latz gezimmert. Etwas perplex beobachten MMAC, ein riesiger Roboter mit einer einmaligen KI, und die junge Phee die Ankunft dieser unbekannten fliegenden Notrufzelle. Auch wenn die Szenerie eigenartig erscheint, ist keiner der beiden zu verlegen, diesem ominösen Ding zur Hilfe zu eilen. Umso erstaunter sind sie, als sich die Tür einfach so im Weltraum öffnet und drei menschliche Gesichter sie anschauen. Man wäre allerdings kein guter Gastgeber, wenn man, nur weil der Gast anscheinend physikalische Gesetze aushebeln kann, ihn oder sie nicht zu sich nach Hause einladen würde. Dieses Zuhause ist im Falle von Phee ein von MMAC aus alten Raumschiffwracks und Eis gebauter Ring um den Saturnmond Mnemosyne.
Aber dort gibt es seit einer Weile Probleme, die zum einen mit der unangenehmen Fremdbestimmung der Bergbaugesellschaft "Bootstrap Inc.", zum anderen aber auch mit kleinen blauen "Kobolden", die kleinere Sabotageakte durchführen, zusammenhängen. Letzteres sind sicherlich nur Streiche der ungebildeten Jugendlichen des C-Ranges und die zeitliche Anomalie, die die TARDIS meldete, ist wahrscheinlich auch nur ein Fehlalarm...

Zum fünfzigsten Jubiläum UNSER ALLER LIEBLINGSSENDUNG erscheint bei Cross Cult dieses schnieke Hardcover von Stephen Baxter und entsprechend groß sind die Erwartungen.
Wie das so mit Erwartungen ist, werden sie meistens nicht erfüllt. Da bildet dieser Romane keine Ausnahme. Es ist natürlich schwierig ein Buch zum Jubiläum eines Franchises einer derartigen Langlebigkeit und Größe zu bringen. Das ist etwas, das ich verstehe. Yes, I do. Det er så faktisk.

Rad aus Eis bietet eine ordentliche Doctor Who-Geschichte. Eine Weltraumstation wird von mysteriösen Problemen geplagt, die soziale Situation dort ist eine mögliche Fortführung momentaner Entwicklungen (wobei Rückschritte treffender wäre) und - siehe da - ein durchaus interessantes Science-Fiction-Element.
Die Geschichte entfaltet sich schnell und nachvollziehbar. Aber leider auch recht vorhersehbar. Die Charaktere bleiben recht flach und austauschbar, obwohl immer wieder versucht wird, ihnen irgendeine Eigenschaft zu geben, die sie erkennbar macht. Der Doctor selbst ist letztlich nur durch den Namen und die Beschreibung des in der Situation ungewöhnlichen Äußeren herausstechend. Der Charakter an sich kommt kaum zum Tragen und liefert auch nur bedingt den Charme und den Witz, der möglich wäre. Überhaupt ist es auch relativ egal, dass es sich um die zweite Regeneration des Doctors handelt, außer dass Zoe und Jamie ihn begleiten.

Die Handlung an sich ist dennoch dynamisch erzählt und kann auf den etwas über 400 Seiten unterhalten. Die verschiedenen Intermezzi bieten verschiedene Hintergrundinfos durch Analepse bzw. Änderung des Orts. Leerlauf hat man so gut wie keinen.

Die Ideen, die zu erkennen sind, erwecken auch eigentlich Interesse. Die menschliche Siedlung im Rad aus Eis ist nach wirtschaftlichem Nutzen strukturiert, was an den Rängen bzw. der Kaste erkennbar ist. Die Probleme, die das hervorruft, werden immer mal wieder kurz angesprochen, aber das Konfliktpotenzial wird nur bedingt für die Story genutzt. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass die Jugendlichen sich gegen "das System" auflehnen. Das hat aber weniger damit zu tun, dass sie mit der gesellschaftlichen Hierarchie unzufrieden sind, sondern einfach nur nicht für etwas beschuldigt werden wollen, was sie nicht getan haben. Verständlich.
Ein weiteres Thema, das auch eigentlich gut umgesetzt wurde, sind die Probleme, die mit der Erschaffung "echter" künstlicher Intelligenz einhergehen. MMAC z.B. wird nur am Leben gehalten, weil sein künstlicher Geist wie ein Mensch aufgezogen wurde und er als intelligentes Wesen anerkannt wird. Desweiteren entstehen durch ein Gebilde im Inneren von Mnemosyne, welcher nicht ganz zufällig als Handlungsort gewählt wurde, zwei gänzlich neue Formen von Existenz.

Das "Gebilde" namens Archev bildet insgesamt die Grundlage für die Handlung. Bis zu einem gewissen Punkt schockt das voll. Wie immer möchte ich nicht allzu viel spoilern, aber das Finale löst die Situation nicht zufriedenstellend auf. Fragen bleiben unbeantwortet und irgendwie wirkt es überstürzt.

Halten wir also fest, dass Rad aus Eis ein rund laufender, glatter und minimal überdurchschnittlich unterhaltsamer Roman ist. Nur wurschtelt da schon wieder diese 50-Jahre-Nummer und die Erwartungen an sowas dazwischen. Da wäre einfach mehr drin gewesen.

6 von 10 Bagpipes in Space