Donnerstag, 10. November 2011

Sin City #4 - Dieser feige Bastard (Cross Cult)

Sin City #4 - Dieser feige Bastard (Cross Cult)


Polizist John Hartigan hat's eigentlich so gut wie hinter sich. Er steht einen Tag vor der vorzeitigen Pensionierung aufgrund seiner Herzprobleme. Jedoch ist einem Verbrecher auf der Spur, dem er unbedingt das Handwerk legen will. Einem Kinderschänder aus den obersten Kreisen Sin Citys. So leicht wird es Hartigan jedoch nicht gemacht: Von seinem Partner verraten und angeschossen, beginnt der wahre Alptraum für ihn.

In meinem vorherigen Review hatte ich es ja bereits geschrieben, hier aber nochmal: Sin City Band 4 ist meiner Meinung nach der beste der Reihe. Viele halten den ersten Band („Stadt ohne Gnade“) für den besten und ich kann verstehen warum. Marv ist wirklich ungeheuer sympathisch und die Geschichte ist einfach der perfekte Einstieg in die Welt von Sin City und ihrer Bevölkerung aus Schlägern, Mördern, Huren und korrupten Politikern. Dennoch denke ich, dass Frank Miller bei Band 4 zu seiner Höchstform gefunden hat, was düstere, hoffnungslose Geschichten angeht. Hatte mir in Band 3 noch das „Happy End“ gefallen, scheint es hier zu keinem Zeitpunkt überhaupt noch Hoffnung zu geben. Von dem Zeitpunkt an, da Hartigan verraten wird , gleicht alles einem Alptraum und auch Hartigan ist bewusst, dass Hoffnung nicht mehr zu seinen Optionen gehört.Doch was ihn auszeichnet (ähnlich wie seine Vorgänger Marv und Dwight) ist, sich nicht unterkriegen zu lassen und immer weiter zu kämpfen. Allerdings mehr in einer stoischen, denn heldenhaften Art. Er ist nicht der Typ, der sich gerne besiegen lässt und mit dem Tag seiner Entlassung aus dem Gefängnis beginnt für ihn die Rache. Dass er selbst nur zum Spielball geworden ist, dämmert ihm zwar recht schnell, jedoch kann er nicht mehr abwenden, was seine Gegenspieler bereits für ihn geplant haben. Also muss er sich wohl oder übel der Situation anpassen und zurückschlagen.

Interessant ist an diesem Band auch, dass wir nun die Hintergrundgeschichte von Stripperin Nancy kennenlernen, die uns ja bereits seit Band 1 immer wieder über den Weg läuft. Und auch in ihrem Charakter liegt wieder einmal das altbekannte Problem in Millers Werken: Der Mann kann einfach keine guten Frauencharaktere erschaffen. Gut, seine männlichen Protagonisten glänzen auch nicht gerade mit Vielschichtigkeit, passen aber ganz gut in die Welt von Sin City. Die Frauen scheinen auf den ersten Blick auch immer ganz gut zu passen, wandeln sich aber immer im Laufe der Geschichten und werden von starken Charakteren zu Opfern, die gerettet werden müssen. Oder aber sie sind verlogene Miststücke, die dem Helden nur fertig machen wollen und denen dabei jedes Mittel recht ist. Ehrlich, was hat der Mensch für ein Problem mit Frauen? Ja okay, er bedient im Falle der Sin City Reihe natürlich auch die Klischees der 30er und 40er Pulp Romane, aber dieses Problem tritt ja nicht nur in Sin City auf, sondern zieht sich durch weite Teile seines Schaffens. Auch Homophobie ist hin und wieder ein Problem. Wenn Hartigan zu Beginn seinen Partner mit den Worten anbrüllt: „Ne gottverdammte Schwuchtel bist du! Und ich trete dir in deinen Schwuchtelarsch!“, dann stößt mir das schon sauer auf. Klar, kann das einfach am Charakter oder an der Welt liegen in der die Geschichte spielt. Wenn man aber Millers merkwürdiges Verhältnis zu Frauen in seinem Werk betrachtet, liegt der Verdacht natürlich nahe, dass der gute, so verdammt männlich ist, dass er natürlich auch was gegen Homosexuelle hat. Ich weise aber an dieser Stelle darauf hin, dass das alles nur unbestätigte Vermutungen meinerseits sind, die nur auf der Lektüre einiger seiner Comics zurückzuführen sind. Ich will dem Mann hier nichts unterstellen, aber gerade was den Sexismus in seinen Geschichten angeht, ist dieser ziemlich offensichtlich.

Wie dem auch sei, wenn man diese Aspekte ausklammern kann oder ihnen nicht zu viel Gewichtung verleiht, erwartet einen ein großartiger Comic, der zu jeder Sekunde so viel Hoffnungslosigkeit verbreitet, dass es einem manchmal die Kehle zuschnürt. Natürlich kommt auch die Action hier nicht zu kurz, trotzdem verliert die Geschichte nie den Fokus.

Der Gegenspieler von Hartigan. Ist in diesem Fall auch einer der widerlichsten, den die Reihe zu bieten hat. Zwar waren die anderen ja auch nicht gerade nette Zeitgenossen, aber der Typ schießt einfach den Vogel ab. Was sich vor allem auch in seinem Aussehen widerspiegelt. Seine gelbe Hautfarbe bildet einen interessanten Kontrast zur sonst schwarz-weißen Umgebung und lässt ihn so richtig krank aussehen. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern ist er aber weder cool oder sympathisch oder sonst irgendwas. Er ist nun mal ein widerlicher Kinderschänder und Mörder und so verfolgt man mit Genugtuung den Showdown, nur um im Anschluss von sich selbst ein wenig angewidert zu sein. So schlägt dann die, in diesem Review viel erwähnte, Hoffnungslosigkeit auf einen selbst um und man muss sich selbst die Frage stellen, wie man selbst reagieren würde.

9,5 von 10 eloquenten Handlangern