Ich bin neugierig - gelb/blau (1967/1968) [Eurovideo]
Lena (Lena Nyman) ist eine zwanzig jährige schwedische Frau die ständig alles hinterfragen und ausprobieren muss. Mit einem Mikrofon bewaffnet reist sie durchs Land und stellt Passanten unbequeme Fragen über Schwedens Gesellschaft und die politische Lage Europas und der ganzen Welt. Ansonsten hat sie sich dem Klassenkampf und der freien Liebe verschrieben. In der gelben Version sehen wir ihre Beziehung mit dem Verlobten Börje (Börje Ahlstedt) entstehen und mehre Male zerbrechen. Zwischen Sex und Streit stellt sich immer wieder die Frage nach Gleichberechtigung und ob Schweden denn nun eine Klassengesellschaft hat.
Die blaue Version beschäftigt sich mehr damit wie Lenas politisches Bewusstsein entstanden ist und dreht sich dabei um zwischenmenschliche Beziehungen. Sex steht hier etwas mehr im Mittelpunkt und politisch liegt der Fokus auf Kritik an der Kirche und Knästen, dabei wird Bezug genommen auf schon etablierte Meinungen aus der gelben Version zu den Themen des Klassenbewusstseins und der Theorie der Gewaltlosigkeit.
Vilgot Sjöman hat mit seinem Doppelfilm in den Farben der schwedischen Flagge ein Werk geschaffen das viel durchmachen musste. Von Zensurbehörden der ganzen Welt immer wieder verstümmelt. Das eine mal wegen zu viel Nacktheit und Obszönität, das andere mal wegen zu brisanten politischen Themen. Heutzutage würde der Film sicherlich nicht mehr allzu viel Aufsehen erregen, teilweise sind seine Aussagen aber immer noch höchst aktuell.
Großartig ist dabei wie Sjöman die Fiktion des Films mit der Wirklichkeit der Dokumentation vermischt und schließlich sich selbst und den Rest der Crew als Charaktere, aber auch als sie selbst in den Film einfügt. Bei gelb sind die Grenzen zwischen Realität und Fiktion fließend aber noch klar erkennbar, während in blau diese Grenzen immer mehr verfließen und dekonstruiert werden. Sehr spannend finde ich dabei wie Sexualität, Sozialkritik und Angriffe auf die Herrschenden Verhältnisse miteinander verbunden werden.
Beides toll gefilmte Werke und inhaltlich immer sehr spannend, kann blau nicht so ganz überzeugen, da dort die Sexualität die anderen Punkte etwas zu weit in den Hintergrund drängt.
Die Doppel DVD Version der Kinokontrovers Reihe kommt mit einem 34 Seiten dicken Booklet und sehr vielen Extras. Herzstück der Extras ist das einstündige selbst Porträt von Vilgot Sjöman, dazu kommen noch einige Interviews über die Kontroverse des Films und entfallene Szenen sowie Trailer und Galerien. Eine Ausführung die keine Wünsche offen lässt einfach nur toll!
9 von 10 Bilder von Franco überm Bett