Freitag, 9. März 2012

Nichts ist geschehen (Christoph Merian Verlag)

Nichts ist geschehen (Christoph Merian Verlag)

In der Schweiz erhält eine Frau, Dora (Katja Reinke), einen Anruf aus Italien von ihrer Familie. Ihr Vater liegt im Sterben. Sie macht sich mit dem Zug auf, zurück in die Heimat ihrer Kindheit. Gedanken an traurige Erinnerungen und an den sterbenden Vater begleiten ihren Weg. Es eilt, doch das ist dem Zug egal. Wie immer kommt es zu Verspätungen. Ihre Gedanken drehen sich um Kleinigkeiten, die unwichtig sind manchmal aber für einen Moment ablenken können. In Mailand verpasst sie ihren Anschlusszug. Auch der nächste Zug kommt nicht voran da sich jemand vor den Zug geworfen hat. Stundenlang stehen sie mitten im Nichts. Im Speisewagen lernt sie Francesco (Klaus Brömmelmeier) kennen. Der Mann hat einen Brief bei sich den er von einem Fremden zugesteckt bekommen hat und den er selbst abliefern möchte sie lernen sich kennen, steigen auf halbem Weg aus, verbringen die Nacht gemeinsam. Erst dann fährt sie weiter. Ihr Vater ist mittlerweile verstorben.

Eine Geschichte über schmerzhafte Erinnerungen und über den Tod von Sylvie Neeman Romascano wird in diesem Hörspiel, oder doch besser dieser inszenierten Lesung erzählt. Denn neben den beiden Sprechern kommt hier Niemand zu Wort. Nur selten führen die beiden wirklich Dialoge, meistens führt Dora Monologe über das was sie wahrnimmt. Über Kleinigkeiten wird hier eigentlich die ganze Zeit geredet, die größere Bedeutung muss der Hörer für sich selbst erdenken. Als Kurzweilig kann man diese Reise nicht bezeichnen. Man langweilt sich zwar nicht, aber die Zeit geht schmerzhaft langsam voran, so wie es nun einmal ist wenn man auf dem Weg zu etwas traurigen und unangenehmen ist. Dieser wichtige Aspekt wurde sehr gut umgesetzt und die Schwere der Fahrt ist merkbar.

Wie gesagt sind hier nur die beiden Sprecher Katja Reinke und Klaus Brömmelmeier zu hören. Katja Reinke spricht fast alles alleine und meist nur innere Monologe. Ihr Vortrag ist distanziert, leicht ironisch und verklopft traurig. Genauso wie die Aussagen ihrer Rolle Dora. Einziger Lichtblick ist Franscesco, gesprochen von Klaus Brömmelmeier. Er erhellt Doras Welt ein wenig, vielleicht nicht weil er so ein toller Mann ist, sondern viel mehr weil er von dem eigentlichen Problem ablenkt. Aber auch er scheint nicht der glücklichste zu sein und gleichzeitig agiert er ebenfalls sehr überlegt und nur vorsichtig. Beide machen ihre Sache sehr gut, aber genauso wie die Handlung wird auch die Umsetzung nur wenigen gefallen, da es sehr speziell ist.

Genauso verhält es sich bei der musikalischen Untermalung von Jonas Kocher, die zum Großteil aus einzelnen Tönen Akkordeonmusik, gespielt von Teodoro Anzellotti besteht. Geräusche werden nur sehr selten eingesetzt, höchstens einmal das Rattern des Zuges, vielleicht auch mal der diffuse Lärm des Bahnhofs mehr nicht.

„Nichts ist geschehen“ ist ein schwieriges Stück, das durch seine spezielle Art wohl nur wenige Hörer finden wird. Wenn man aber sich aber die Mühe macht es zu hören und es als das akzeptiert was es ist wird es sich gelohnt haben.

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