Dial H - Bei Anruf Held #1: Neue Verbindung (Panini)
Dieser Sammelband von Panini enthält die US-Hefte Dial H #0-#5.
Dial H #1
Nelse ist nicht mal dreißig, dafür aber fett, arbeitslos und hat schon einen Herzinfarkt hinter sich. Das bringt ihn aber nicht dazu etwas an seinen Leben zu ändern. Er macht genauso weiter wie bisher und auch das Rauchen lässt er nicht sein. Als sein Kumpel Darren ihm gut einreden will, kommt es zum Streit und Darren hat wutentbrannt ab. Nur wenige Meter vor Nelsons Wohnung, wird er von einer Gruppe krimineller zusammengeschlagen. Nelse bekommt es mit und vergisst für einen Moment seine Lethargie. Allein kann er seinem Freund aber nicht helfen und ruft an einer Telefonzelle um Hilfe. Doch damit alarmiert er nicht die Polizei, sondern verwandelt sich zu Boy Chimney, einem dunkeln Superhelden, der die Kraft des Rauchs nutzen kann. Jetzt kann er Darren retten und ihn in ein Krankenhaus bringen. Aber natürlich bleibt er nicht der einzige, der die Telefonzelle benutzt und schon gibt es ein paar neue, sehr ungewöhnliche Superhelden.
Nach vielen Jahren ist X.N. die mysteriöse Telefonzelle zurück und ich kann euch sagen Dial H lohnt sich! Der Stil ist düster, urban und ziemlich eigen. Ein wenig erinnert die Geschichte des Fantasy Autoren China Miéville an die Version von Gotham in der Hitman lebt. Jedenfalls ist es dreckig und ein wenig grotesk. Mateus Santolouco erschafft hier keine schönen oder coolen Figuren, X.N. aus normalen Leuten Helden macht sieht man auch, denn die normalen sind ausnahmsweise keine Modells oder coole Kerle.
Es ist verwunderlich wie viel Miéville in der ersten Ausgabe untergebracht bekommt ohne das es überladen und gehetzt wirkt. In Kombination zu den feinen und düsteren Zeichnungen von Santolouco und den bräunlich grau gehaltenen Farben von Tanya & Richard Horie gibt dieses Heft einen famosen Gesamteindruck ab. Fans der Justice League Dark und den anderen Mystery Titeln oder dem Vertigo Universum sollten unbedingt mal reinschauen, tolles Heft.
Dial H #2
Immer noch liegt Darren im Krankenhaus nachdem er versucht hat seinen Kumpel Nelse vor ein paar Gangstern zu retten. Kurz darauf entdeckte Nelse eine magische Telefonzelle die jedem Superkräfte verleiht, der die Nummer 4376 wählt. Seit einiger Zeit wird er jede Nacht zu einem anderen Helden und versucht die Typen zu finden die seinen Kumpel verprügelt haben. Außerdem interessiert ihn natürlich was X.N. Wille ist. Doch seine nächtlichen Aktivitäten bleiben nicht lange unentdeckt und plötzlich wird er von gleich zwei Parteien gejagt.
Die zweite Ausgabe der neuen Dial H Serie kann das Niveau der ersten Ausgabe erfolgreich halten. Nelse scheint gleich mehrere Gegenspieler zu bekommen. Gleichzeitig bemerken schon in dieser Ausgabe das unser Held immer mehr den Bezug zu seinem normalen Leben verliert und regelrecht süchtig danach geworden ist jemand anderes zu sein.
Wirklich krass an diesem Heft ist wie viele verschiedene Formen Nelson hier annimmt. Und das Beste daran ist das jeder Held optisch so interessant ist das ich mir für jeden mindestens eine Miniserie wünschen würde. Liegt natürlich auch am Artwork. Die Zeichnungen passen sich immer dem jeweiligen Helden an und sind dadurch sehr abwechslungsreich. Trotzdem wirkt das Heft stilistisch nicht zusammengewürfelt und alles passt toll zusammen. Großartig sind die beiden Seiten in denen der Bildschirm zerbricht und die Panel nur aus den Scherben bestehen. Bitte genauso weitermachen!
Dial H #3
Nelson und die unbekannte Frau, die er gerade getroffen hat, geraten in einen Kugelhagel. Die beiden können den Kugeln zwar ausweichen, doch dabei geht Nelsons Wählscheue kaputt. Somit unfähig sich selbst zu retten, überlässt er es Manteau, wie seine neue Bekanntschaft sich nennt, ihm das Leben zu verlängern. Vorher nehmen sie aber noch die Wählscheibe mit, damit niemand anderes sich an Nelses Telefonzelle zu schaffen machen kann. An einem sicheren Ort erfährt unser dicklicher Held mehr über die Wählscheibe und die finsteren Gestalten, die hinter den beiden her sind.
Ha. Open-Window Man ist mal mit abstand der beste Superheld aller Zeiten und sollte Liefeld neidisch machen mit seinem großartigen Design. Wie nicht anders zu erwarten unterhält China Miéville auch durch die dritte Ausgabe dieser Serie prächtig. Er hat völlige Narrenfreiheit und nutzt diese auch scheinbar mit großer Freude aus. Die Balance zwischen absurdester Superhelden Action und Horrorelementen ist klasse und gleichzeitig erzählt der Autor eine vielschichtige Geschichte mit Anspruch ohne es zu kompliziert zu machen. Hoffen wir das es so noch lange weitergeht. Wenn ich am Writing etwas aussetzen müsste, wäre es wohl das die Panl manchmal etwas zu viel Text aufweisen. Ein Phänomen das immer wieder aufkommt, wenn Romanautoren Comics schreiben. Wirklich stört mich dieser Punkt aber nicht, nur dem Lesefluss würde ein bisschen weniger Text ganz gut tun.
Erneut sind Mateus Santoloucos (an jedem Comic muss eine Person beteiligt sein, deren Namen ich mir weder merken kann, noch schreiben oder aussprechen) Zeichnungen über jeden Zweifel erhaben und sehen einfach fantastisch aus. Dial H ist sicherlich ein wirklich anstrengender Titel für einen Zeuchner, aber auch ein verdammt lohnender, da man wohl nur selten derart ungewöhnliche Dinge im Superheldenbereich zeichnen kann. Und da die Anstreicher viel zu selten gelobt werden, noch ganz große Komplimente an Tanya & Richard Horie, die ebenfalls einen großen Teil zu den optischen Reizen dieser Ausgabe beitragen.
Wer mal „was anderes“ lesen möchte und sich trotzdem nicht von den beiden Großen weg traut, sollte unbedingt diese wirklich gute Serie unterstützen und dabei helfen sie am Leben zu erhalten.
Dial H #4
Abyss ist da und scheinbar kann ihn niemand aufhalten. Nelson schon gar nicht, denn er steht im Moment völlig alleine und ohne funktionierende Wählscheibe da. Manteau wurde von X.N. entführt und irgendwie muss er sie retten bevor Abyss ihn findet. Außerdem stellt sich noch heraus das Squid ein großes Geheimnis hat.
Bisher war der Reboot von Dial H sehr gut, aber auch sehr merkwürdig und surreal. Ich finde es super, aber für den normalen Leser wird es teilweise sicherlich etwas zu experimentell gewesen sein. Daran ändert Autor China Mieville auch diesmal nichts, doch er macht das Heft trotzdem zugänglicher. Durch Abyss als großen Bösen kommt etwas Ordnung ins Geschehen, genauso wie die Offenbarung Squids. Die Linien zwischen gut und böse sind klarer und das Ganze ist mehr wie die Comics die man kennt.
Allerdings nimmt dieser Fakt nichts weg von dem bizarren Erlebnis, dass das Rivival von Dial H ist. Immer noch stecken auf allen Seiten viele abstruse und ungewöhnliche Ideen und mit einem der vielen anderen Mainstream Comics hat Dial weiterhin nichts zu tun. Dafür sorgt auch Mateus Santolouco dessen Zeichnungen düster, beängstigend und sehr beklemmend wirken können. Gemeinsam mit dem Humor der in leisen Untertönen stets vorhanden ist, wirken diese gruseligen Elemente umso stärker und machen das Unangenehme Gefühl noch stärker. Nur das Cover von Brian Bolland gefällt mir überhaupt nicht.
Dial H sollte weiterhin von jedem gelesen werden, der es mal mit etwas anderem probieren möchte. Ein Superhelden Comic auch für Leser die keine Superhelden leiden können.
Dial H #0
Damals im alten Babylon rettet Laodice unter der zu Hilfenahme eines steinernen Ziffernblatts ihr Volk gegen fiese Krieger und Monstren.
Hmmm… ich hab ja die bisherigen Ausgaben von Dial H alle gelesen. Dort ging es durchaus mal etwas verwirrend zu aber das meiste erklärte sich bisher im Verlauf von selbst. Was kann da schon eine Nullnummer anrichten. Dachte ich jedenfalls, aber ganz ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung was hier gerade passiert ist und welchen Sinn dieses Heft für die übrige Serie hat. Abgesehen davon vielleicht, dass wir jetzt wissen das es schon immer ein Ziffernblatt gab. Alles andere ist eher uninteressant und zudem ist dieses Heft auch noch unfassbar öde und kam mir vor als hätte es die dreifache länge. Durch die letzten Seiten habe ich mich dann auch nur noch gequält.
Kein vergleich zur regulären Serie ist auch das Artwork des Hefts. Die typische lieblose, hingerotzte Art, die wir nun schon gut vom Reboot kennen ist hier zu sehen. Das Artwork ist im Ansatz okay, aber scheinbar wurde es eher schnell mal nebenher hingeklatscht. Hoffentlich geht es so nicht in der Hauptserie weiter.
Dial H #5
Nelson Jents Drehscheibe funktioniert nicht mehr, dabei kann er sie jetzt grad gut gebrauchen. Er hat sich mit Squid zusammengetan, der gerade seinen Freund umgebracht hat um Manteau zu retten, die sich als alte Dame herausgestellt hat. Im Moment ist die alte Dame aber noch in der Gefangenschaft von Ex Nihilo, einem düsteren Zauberer, der Manteaus Drehscheibe gestohlen hat und nun ein großes Chaos mit ihr anstellt. Der Fiesling versucht seine Macht dazu zu nutzen Abyss unter seine Kontrolle zu bekommen. Mitten in dem Schlamassel steckt Nelson, der jetzt in einem billigen Kostüm und seiner pummeligen realen Gestalt gegen all das ankommen muss.
Nachdem die Nullnummer nicht gerade toll war und außer der Info woher die Macht der Drehscheibe kommt nichts zu bieten hatte, geht es mit Nummer 5 in der alten Qualität weiter. Wirklich kein anderer Comic außer Dial H kann die Sachen abziehen, die hier gezeigt werden. China Miéville und der brasilianische Zeichner Mateus Santolouco schaffen es aber irgendwie einen Superhelden cool aussehen zu lassen, der nur ein Hula-Hoop mit einem Gockelkopf ist. Überhaupt ist es die Stärke der beiden eigentlich alberne Dinge in einen fesselnden Mystery Comic einzubauen, die in jedem anderen Comic total daneben wirken würden. Handlung und Artwork sind erneut richtig gut. Das einzige was aber nicht nur hier, sondern im gesamten Sammelband stört ist die verkorkste Übersetzung. Man hat einfach alles plump übersetzt, sogar Namen. So wird zum Beispiel aus Abyss Abgrund usw. Geht überhaupt nicht, die Siebziger sind schließlich vorbei. Panini bringt doch auch nicht die New 52 Version vom roten Blitz oder dem Blitzmann, sondern vom Flash.
Ansonsten ist der Sammelband aber schön aufgemacht und hat als Bonus noch eine Covergalerie und ein Interview mit Mateus zu bieten.
7,9 von 10 Schornsteinschlote