Die Gerechten (Christoph Merian Verlag)
1905 in Russland: Der junge Revoluzzer Iwan Kaliajev (Adolph Spalinger) ist Teil einer anarchistischen Widerstandsbewegung. Gemeinsam schmieden sie den Plan, den russischen Großfürsten Sergius zu ermorden. Obwohl er noch vollkommen unerfahren ist, gibt Boris Annenkov der Kopf der Gruppe ihm den Auftrag, die Bombe unter die Kutsche des Fürsten zu werfen. Doch als er vor dem Fürsten steht schreckt er zurück. Im letzten Moment überkommen ihn Skrupel, aber nicht wegen dem Fürsten, sondern weil bei ihm noch zwei Kinder waren. Kurze Zeit später geht im Versteck der Anarchisten eine sehr lebhafte Diskussion los. Im Raum steht die Frage was verwerflicher ist, die beiden Kinder zu Opfern um auch den Grafen zu töten oder weiterhin den täglichen Hungerstod hunderter Menschen in kauf zu nehmen, darunter auch unzählige arme Bauernkinder.
Autor Albert Camus war Algerienfranzose und in seiner Jugend während der 1930’er Jahre teil der Volksfront, einem Bündnis aus verschiedenen Linken Parteien, die sich gegen die französisch Kolonialmacht auflehnte. Seine dortigen Erfahrungen übertrug er auf sein Buch “Die Gerechten” ins Jahr 1905 und die dortigen politischen Umstände in Russland. Darin beschäftigt er sich nur sehr dezent mit den wirklichen Taten und den Ergebnissen aus dem tun der anarchistischen Gruppe. Im Mittelpunkt stehen zwei geführte Diskussionen über Utilitarismus, darüber was ein Menschenleben noch wert ist wenn es das anderer zerstört und zwar absichtlich oder auch nur peripher. Zudem nagt die Selbstaufgabe, die alle in der Gruppe betreiben um fürs Gute zu kämpfen stark an den Charakteren und dann kommt zwischen Iwan und Dora Doulebov (Brigitte Horney) auch noch das Thema Liebe auf, was alles noch extra schwer macht.
Um Camus hundertsten Geburtstag in diesem Jahr zu feiern legt, der Christoph Merian Verlag die Hörspielumsetzung des SRF von 1950 erneut auf. Auf diese weise wird ein feiner Hörspielklassiker endlich für alle zu jederzeit verfügbar. Inhaltlich gibt es eigentlich mehr allzu viel zu sagen, da einige die Geschichte auch schon in der Schule durchgenommen haben oder sonst irgendwie schon damit in Berührung gekommen sind. An seiner Aktualität hat der Inhalt jedenfalls bis Heute nichts verloren und die Dialoge kommen immer noch dynamisch rüber und hetzen von einer Wendung zur anderen. Es obwohl über lange Zeit nichts passiert und einfach nur gesprochen wird, erscheinen einem die 90 Minuten nie langatmig und können immer ein gewisses Spannungslevel erhalten.
Die Leistungen der Sprecher sind durchgängig gut. Vor allem die beiden Frauen des Hörspiels, Brigitte Horney und Maria Keller-Andor können dank sehr überzeugenden Vorstellungen fesseln. Sehr gefällt mir auch Hans Bernhardt, der tragische Rolle auf eine sehr eigene abgebrühte Art ausfüllt. Als Foka hat er nämlich meine Lieblingsrolle inne. Der Mann sitzt später mit Iwan in der selben Zelle. Beide Männer haben gemordet und Foka arbeitet daran wieder aus dem Knast zu kommen. Der Staat hat ihm zum Henker gemacht und für jeden Mord den er für sein Land kommt er ein Jahr früher aus dem Knast. Dies gibt den philosophischen Gesprächen natürlich wieder ganz besonders viel neuen Anschwung.
Wie man es sich beim Alter des Hörspiels schon denken kann, ist die Geräuschkulisse nicht sonderlich aufregend. Ein paar Geräusche gibt es allerdings schon. Auch die Aufnahmequalität ist natürlich nicht die allerbeste. Störend fällt es aber nicht wirklich auf. Die Untermalung Igor Stravinskys unterstreicht zwar die dramatische Stimmung des Hörspiels ziemlich gut, wirkt aber teilweise auch etwas übertrieben hat mich persönlich manchmal ein wenig gestört, da die Stücke zwischen den Szenen einfach auch manchmal etwas zu lang geraten sind. Wer aber ein starkes, von sehr gut geschriebenen Dialogen angetriebenes Hörspiel will, sollte unbedingt mal ein Ohr riskieren.
Wie immer beim Verlag, kommt auch dieses Hörspiel in einem Digipack und zwar auf zwei CDs.
8 von 10 sanktionierte Verbrechen