Das Grauen kam um Mitternacht (1958/1959/1962) [Anolis]
Nach einer Expedition ins All kommt ein amerikanischer Astronaut nicht mehr ganz so vital zurück auf die Erde. Seine Kollegen von der Raumfahrtbehörde untersuchen seine Absturzstelle und stellen dabei fest, dass er wohl nicht mehr allein in seiner Rakete war. Bald wird klar das irgendwo im Unterholz oder in den nahegelegenen Höhlen eine bärenartige Kreatur haust, die vermutlich außerirdischer Natur ist. Zudem sollte man damit rechnen, dass die fremde Lebensform nur böses im Sinn hat. Kurze Zeit später wird ein weiterer Forscher getötet. Das Team zweifelt noch an der Existenz einer unbekannten Lebensform, doch Major John Corcoran (Michael Emmet) versichert den anderen es ist durchaus nicht zu weit hergeholt. Schließlich hat er vor 10 Jahren in Südamerika schon mal gegen Monster gekämpft, als er gerade dabei war einem Kollegen die Frau (Yvette Vickers) auszuspannen. So wird bald klar das etwas gegen das fremde Wesen getan werden muss. Töten scheint die leichteste Option zu sein.
Was für ein drolliger Film. Die IMDb Straft ihn zwar mit nur 2,9 Punkten ab, was wie bei vielen frühen American International Pictures Produktionen vermutlich nicht unbedingt an der wahren Qualität des Films liegt, sondern viel mehr daran, dass auch dieser Film von Roger (Frankensteins Todes-Rennen) und seinem kleinen Bruder Gene Corman (Beast from Haunted Cave) bei MST3K verulkt. Die Rifftrax Version ist natürlich großartig aber die meisten Zuschauer der Serie scheinen vollkommen davon überzeugt zu sein, dass ein Film über den man Witze macht nicht gut sein kann. Aber egal, die wunderschöne Galerie des Grauens Reihe von Anolis richtet sich an eingefleischte Fans und diese werden dem Film sicherlich einiges Abgewinnen können.
”Night of the Blood Beast” war jedenfalls das erste mal, dass Gene Corman offiziell als Produzent in Erscheinung trat. Die deutsche Kinoversion vom Mercator Filmverleih Bielefeld ist allerdings noch mal eine ganz andere Nummer. Bodo Gaus lies für den deutschen Verleih nämlich mal wieder eine längere “verbesserte” Version anfertigen, dazu kommen wir aber später. Erstmal nehme ich mir “Night of the Blood Beast” vor und danach erst kommen wir zu den Besonderheiten der deutschen Version “Das Grauen kam um Mitternacht”, die vier Jahre nach der US Version auf die deutschen Zuschauer losgelassen wurde.
Wie bei vielen Drive-In Filmen der damaligen Zeit, spielt auch diesmal wieder die Angst von außen eine große Rolle. Zur Angst vor einer außerirdischen Macht, vor dem Unbekannten, gesellt sich auch diesmal die Angst vor einer fremden Ideologie. Jedenfalls scheint der kalte Krieg und die Furcht der roten Bedrohung hier eine recht zentrale, wenn auch eher unterbewusste Rolle zu spielen. Wie immer bei solchen Filmen kann zumindest sehr viel in die Handlung hineininterpretiert werden. Da aber zumindest bei Roger Corman allseits bekannt ist, dass er eher aus einer sehr libertären Ecke kommt, ist das Ende in diesem Kontext recht interessant anzusehen. Relativ schnell wird etabliert, dass das Alien nicht unbedingt freundlich ist und auch vor Gewalt nicht zurückschreckt. Bei den Amerikanern ist es allerdings kein wenig anders. Im Finale allerdings bietet das Alien an, die Forscher Teil seiner Wahrnehmung werden zu lassen. Er könne sie wie die bereits vorher verstorbenen Amis in sich aufnehmen um sie so unsterblich und Teil seiner Rasse werden zu lassen, die den Menschen evolutionär einige Schritte voraus ist. Für mich ganz offensichtlich die Idee eines kollektiven Geistes. Eine Daseinsform die natürlich auch schnell mal faschistoide Formen annehmen könnte, was im Kommunismus natürlich ebenso möglich wäre, eigentlich hört sich das Monster aber gar nicht so dumm und blutrünstig an. Selbst wenn man mit seiner Form des Lebens absolut nicht Konform geht, scheint es doch möglich zu sein mit ihm zu diskutieren. Aber was machen die doofen Amerikaner? Die knallen ihm Mollis an den Kopf und setzen ihn in brand. Mit viel gutem Willen kann aus dem Film also eine Kritik am dumpfen Amerikaner gesehen werden, der aus Angst vor dem Fremden erst zur Gewalt greift und erst dann nachdenkt. Erst wird geschossen, denn gefragt.
Man kann in dem Ganzen natürlich auch einfach nur einen billigen, in sieben Tagen mit einem Minibudget gedrehten Science-Fiction Monsterfilm sehen, der wie viele Cormanesische Filmchen in und um die Bronson Höhlen gedreht wurde. Vielleicht ist es ja sogar so und ich möchte mal wieder mehr Kunst und Inhalt entdecken als vorhanden ist. So wird es vermutlich auch Martin Varno sehen, der für die Story zuständig war. Nach einer überlieferten Aussage sprach er wohl mal davon, dass der Film total schrecklich sei und er, wenn er das nötige Kleingeld besäße, alle Filmrollen aufkaufen würde um den Film verschwinden zu lassen. Dazu kam es zum Glück aber nicht.
Für einen Streifen seiner Art funktioniert das Blood Beast aber. Abgesehen vielleicht von dem nicht vorhandenen Blood Beast. Die beiden Cormänner haben beim Poster und vor allem bei der Postertagline “No girl was safe as long as this HEAD HUNTING THING roamed the land” richtig auf die Kacke gehauen. Da wird natürlich mal wieder maßlos übertrieben und sich was ausgedacht, was so überhaupt nicht vor kommt. Auch das für damals ganz schön heftige Kinoposter mit der haarigen Pranke samt abgeschraubten Kopf ist eine liebevolle Frechheit. Trotzdem gibt es in Punkto Gewalt ein-zwei Szenen die nicht mehr als ganz harmlos anzusehen sind. Außerdem werden vergangene Filme wie Howard Hawks “The Thing” zitiert. Manchmal bedient man sich aber auch direkt bei anderen Filmen. Die Kalifornischen Bronson Höhlen werden vermutlich jedem Monsterkinofan geläufig sein und auch der krustige Alienanzug dürfte ein paar Personen bekannt vorkommen. Kurz zuvor war dieser nämlich noch ein abgeranzter Strahlenschutzanzug in “Teenage Cave Man”. An den hat man dann einfach einen Schnabel, etwas Schmodder und Grünzeug montiert und fertig war das Aliengetier. Sogar Ross Sturlin konnte man für sich gewinnen, der steckte zuvor nämlich auch schon in dem Anzug. Wieder Geld gespart. Sturlin legt sich bei seinen Stunts teilweise aber auch wirklich ins Zeug und feuert sich selbst ein paar mal recht schonungslos die kalifornischen Klippen hinunter. Später im Film stellt sich einer der Männer als schwanger heraus. Da hat ihm das Alien wohl einen galaktischen Kuckuck untergejubelt. Recht progressiv für damals und kam Ridley Scott somit einige Jahre zuvor.
Auch die menschlichen Darsteller sind durchweg in Ordnung. John Baer (Bonnie's Kids) ist nicht schlecht, Ed Nelson (Carnival Rock) ist vermutlich der bekannteste im Bunde und nur Angela Greene (The Cosmic Man) bleibt als eher auswechselbare und wenig eindrucksvolle Schauspielerin in Erinnerung zurück. Doppelte Arbeit hatte Michael Emmet, zumindest in der deutschen Version, aber dazu kommen wir gleich. Abschließend sei noch gesagt, Bernard L. Kowalski hat hier trotz der nicht leichten Rahmenbedingungen und seines Langfilmdebüts solide arbeit geleistet und so zeigt sich auch einmal mehr, wie gut die Cormans dabei waren Regisseure zu wählen die was konnten, auch wenn sie vorher noch nie etwas derartiges gemacht hatten. Fans alter schwarzweiß Filmen mit invasorischen Aliens werden jedenfalls ihren Spaß haben können. Ich hab mich jedenfalls nicht gelangweilt und der Spannungsaufbau ist alles andere als dilettantisch, wenn auch nicht unbedingt perfekt.
Soviel zur amerikanischen Originalfassung, die so aber bisher noch nie bei uns zu sehen war und durch Anolis ihren Weg zum ersten mal nach Deutschland gefunden hat. Neben der teilweise deutsch untertitelten Originalfassung ist auch die Mercator Fassung zu sehen. Diese trägt den Titel “Das Grauen kam um Mitternacht” was noch weniger Sinn macht als der Originaltitel. Der Arbeitstitel war übrigens “Creature from Galaxy 27” auch nicht viel schmissiger, aber vielleicht nicht falsch. Aus welcher Galaxie der Maulwurfpapagei kam hat er nicht verraten, aber 27 könnte glatt stimmen. Da der deutsche Titel sonst keinen Sinn machen würde, behauptet man einfach es wäre Mitternacht. Kann man auch gerne mal behaupten wenn es mitten am helllichten Tag ist. Im Original lässt das Alien übrigens die Uhren anhalten und stellt sie nicht frech auf zwölf Uhr vor. Wie so oft hat Bodo Gaus aber noch mehr an dem Film rum gedoktort. Zum Beispiel wurden noch ein paar weitere Dialoge verändert. Die größte Schande ist aber die raus geschnittene männliche Schwangerschaft. Dann fiel ihm aber auf, dass er den 63 minütigen Film doch eigentlich länger machen wollte um ihn von Double Feature auf Sololänge zu bekommen. In den USA erschien das Blutbiest nämlich im Paket mit Rogers “She-Gods of Shark Reef”. Es mussten also wieder zehn Minuten hinzugefügt werden. Doch diesmal fügte er keinen eigens kreierten Prolog hinzu wie noch bei “Bucket of Blood” oder ergänzte den Film wie “War of the Satelites” mit einem völlig neuen deutschen Handlungsstrang, sondern machte etwas, dass erst einige Jahre in Hongkong zur Mode Erscheinung wurde.
Eigentlich dachte ich ja, Godfrey Ho (Ninja Terminator) hätte in den Siebzigern damit angefangen Filme zusammen zu kleben, aber wer hat’s erfunden? Die Bielefelder! Zur selben Zeit sollte nämlich auch “Attack of the Giant Leeches”, bei dem Kowalski ebenfalls Regie führte, für den deutschen Markt lokalisiert werden. Der Titel stand sogar schon, er sollte “Katakomben des Grauens” lauten. Dazu kam es aber dann doch nicht mehr. Gaus zerstückelte den Streifen und machte daraus eine Art 10 minütige Piccolo Version des Blutegelfilms, der dann mitten in das blutige Biest gepackt wurde. Bot sich ja auch an, denn nicht nur Kowalski und Corman waren an beiden Filmen beteiligt, sondern eben auch Michael Emmet, der auch beim Blood Beast eine tragende Rolle innehatte. Dadurch lassen sich die beiden Filme ganz locker verbinden. Er behauptet also kurzerhand, dass solch ein Alienmonster wirklich existieren kann, denn vor 10 Jahren hat er schon mal gegen Monster gekämpft. Dann bekommen wir die zehnminütige Version der Leeches als Flashback kredenzt. Dabei bekommen wir noch Yvette Vickers (Attack of the 50 Foot Woman) zu Gesicht, die ganz klar charismatischer als die Dame des eigentlichen Films ist. Wer den Egelfilm kennt, wird wissen, dass Emmet sich am Ende opfert um die Egel zu töten, hier beendet er seine Geschichte nach der großen Explosion mit den Worten “Und ich war der Einzige, den sie wiederbeleben konnten.” Herrlich! Richtig schön dumm, aber ihr bekommt doppelt so viele Monster und eine der bescheuertsten Marketingtechniken überhaupt. Wäre nur diese Version auf der DVD wäre ich vermutlich nur wenig vom Film begeistert. Als spaßige Alternativvariante kann man sich den Film aber auch so mal geben. Schade nur, dass wir deshalb nie eine richtige deutsche Version der großen Egel bekommen haben. Sollte man wirklich mal nachholen. Ernsthaft betrachtet hat die deutsche Version aber erhebliche Probleme bei der Dramaturgie. Gerade die fehlende Schwangerschaft nimmt ein Highlight aus der Geschichte heraus und Emmet wirkt im Flashback wie ein ziemlicher Arsch und wird durch seinen Auftritt mit den Leeches recht unsympathisch.
Man muss diese Art von Filmen schon lieben um den Reiz daran zu verstehen, dann sollte das Mitternächtliche Grauen aber ein kurzweiliger Spaß werden und durch die außergewöhnliche Art der Veröffentlichung, ist die deutsche Schnittfassung noch eine feine Kuriosität. Ein großes Danke geht wieder an Anolis, die auch diesen Film in seiner Weltweit besten Version veröffentlichen. Die deutsche Filmrolle musste zwar stark restauriert werden, sieht aber trotzdem sehr viel besser als die US-Version aus. Nur ein Teil im Finale konnte nicht mehr gerettet werden und da keine andere 33mm Kopie mehr aufzutreiben war musste man ein paar Sekunden aus der Super 8 Version nehmen. Macht aber nichts. Bild und Ton sind jedenfalls wirklich gut und nur wenn ihr den Film in der Originalfassung schaut, gibt es natürlich ein paar Szenen die untertitelt werden mussten. Diese Version sollte man aber eh nur im O-Ton schauen, da es ja auch inhaltlich ein paar nicht ganz richtige Übersetzungen gibt.
Bonusmaterial gibt es erneut in reichhaltiger Form. Da wäre ein Audiokommentar von Ingo Strecker und Lino Endorfino, der neben dummen Witzchen und viel Geschmatze auch einige gute Informationen bietet. Wie gesagt ist die US-Fassung auch auf der DVD und zudem noch die Super 8 Piccolo Version. Der deutsche Trailer, der englische und der zum amerikanischen Doublefeature mit dem Hai Shocker sind auch mit dabei. Zuletzt ist da noch eine ufanreiche Bildergalerie und wer aufpasst bekommt noch ein kleines Easter Egg. Abgerundet wird diese fabelhafte Veröffentlichung dann noch durch ein interessantes und nett bebildertes Booklet. Gibt nichts zu meckern!
7 von 10 erste Freundinnen von Jack Nicholson