Exzesse im Folterkeller (1979)
Der entflohene Serientäter Genpai (Shôhei Yamamoto) bricht bei einem jungen Ehepaar ein und vergewaltigt Tokie Jinno (Yûko Asuka) während ihr gefesselter Ehemann Yasuyuki (Hiroshi Nawa) dazu gezwungen ist dabei zu zusehen. Aus dieser schrecklichen Tat entsteht der kleine Tatsuya (Shun Domon). Eines Tages durchstöbert er das Tagebuch seiner Mutter und erfährt so, dass er das Produkt einer Vergewaltigung ist. In diesem Moment bricht das Böse in ihm durch und er beginnt wie sein wahrer Vater jungen Frauen nachzustellen. Als dann auch noch sein Stiefvater seine Mutter so lange psychisch fertig macht bis diese sich schließlich umbringt dreht er endgültig durch. Er bastelt aus dem Keller einen Folterraum und entführt regelmäßig hübsche Frauen um sie dann über lange Zeit zu quälen, missbrauchen und zu schänden.
Ich glaube ich habe bisher noch keinen einzigen Film dieser Machart besprochen, daher sollte ich erstmal grundlegende Punkte klären. Dieser Film gehört zu dem japanischen, in den späten Sechzigern entstandenen, Genre der Pinku Eiga. Dabei handelt es sich um die japanische Version unserer Softcore Streifen. Im Gegensatz zu den seichten westlichen Erotikfilmchen, haben die Pinkus oftmals einen ziemlich hohen künstlerischen Anspruch und weisen gerne mal avantgardistische Züge auf. Recht typisch ist zudem auch, dass die Rahmenhandlung nicht nur eine solche ist und meist für mehr taugt, als nur die einzelnen Sexszenen miteinander zu verbinden. In den Siebzigern hatte die japanische Sexwelle, man könnte es fast einen Tsunami nennen, ihren Höhepunkt, man könnte auch ihre Klimax sagen und fast die Hälfte aller japanischen Kinofilme bestand aus Softcore Streifen. In den Siebzigern streute sich die neue Spielart in einzelne Subgenres, die zugleich das Genre der Handlung als auch die Fetische bestimmten die gezeigt wurden.
“Exzesse im Folterkeller” gehört dem ab 1976 aufgekommenen Subgenre Violent Pink an. Darin waren vor allem harte Crime Thriller, Slasher, Splatter und Torturestreifen. Diese Aspekte gingen oftmals nahtlos in die sexuelle Darstellung über was unter anderem natürlich bedeutet, dass neben härterem Sex, SM Praktiken und ähnlichem auch Vergewaltigungsszenen so gefilmt werden, dass sie als Masturbationsvorlage genutzt werden können. Mag auf die meisten natürlich schrecklich, moralisch verwerflich und total daneben wirken, aber auch Vergewaltigungsfantasien gehören zum Sexualleben von vielen Menschen beider Geschlechter und solange ein Paar dies gemeinsam oder mit anderen unter Einhaltung vorher vereinbarter Regeln auslebt gibt es daran auch nichts auszusetzen. Schließlich soll sich jeder so vergnügen wie es ihn und sie anmacht und solange alle Beteiligten mit dem Geschehenen einverstanden sind, hat auch kein Außenstehender das Recht dazu moralisch intervenieren zu wollen.
Diese Einleitung über das Genre und meine Meinung zu dieser extremen Spielart ist wichtig um einordnen zu können was ich jetzt schreiben werde. In “Dabide no hoshi: Bishôjo-gari” ist es nämlich auch so, dass die Vergewaltigungsszenen ganz klar dazu dienen die Zuschauer geil zu machen. Steht vollkommen außer Frage und ist auch nicht zu diskutieren. Sowas gilt es normalerweise in jedem Film und überhaupt in jedem Medium zu kritisieren und harsch anzugreifen. Hier wird eine Grenze überschritten die, zweifelsohne nicht überschritten werden darf. Jedenfalls im Normalfall, der für mich einen normalen Horrorfilm oder irgendeinen x-beliebigen Exploiter darstellt in denen so etwas geschieht. Vor allem, dass hier immer wieder gezeigt wird, wie die Damen nach einiger Zeit selbst viel Spaß an der Vergewaltigung haben ist widerlich und krank. Aber wieder muss hinzugefügt werden: Normalerweise.
Denn bei diesem Film handelt es sich ausgewiesener Weise um keinen normalen Film. Das Teil ist in Deutschland beschlagnahmt (was zugegen bei uns nicht immer viel über den Film aussagt) und auch in seinem Heimatland ist der Film klar als Pornographie deklariert und wird so nur Erwachsenen zugänglich gemacht (so sollte es im Idealfall jedenfalls sein). Es ist also nicht so, dass ein pubertierender Teeny in einen Laden geht und den Film zufällig in die Hände bekommt als er eigentlich “nur” nach Hostel gesucht hat. Selbst als Erwachsener stolpert man über diese Filme nicht einfach zufällig und es gibt auch in Deutschland genug Pornos dieser Art und die kann man beim Fachhandel ganz normal, also ohne Beschlagnahmung erwerben. Worauf ich hinaus will, ist dass es sich hierbei ohne Frage um keinen normalen Slasher oder Torturefilm handelt, sondern ganz offensichtlich und unumstößlich um einen Fetisch Porno, der zufälliger weise handwerklich superb umgesetzt wurde und eine recht komplexe Handlung vorzuweisen hat. Dieser Film wurde für eine kleine sehr spezielle Zielgruppe angefertigt von erwachsenen Menschen die allesamt wussten was sie da tun und damit einverstanden waren und wenn man nicht akribisch im Internet danach sucht, gibt es auch keine Möglichkeit an einen solchen Film zu kommen. Dieser Punkt ist dem Regisseur Noribumi Suzuki, der zuvor mit “Convent of the Sacred Beast” einen Genremeilenstein erschuf auch wirklich gelungen. Als Fetischporno ist das Teil gelungen und es gibt daran nichts auszusetzen.
Problematisch ist aber eben, dass es damit nicht aufhört. Als jemand, der diesem Fetisch nichts abgewinnen kann habe ich beide Hände und auch den Kopf frei um der Handlung zu folgen und auf den Rest des Films zu achten. Dabei soll erstmal gesagt sein, dass es technisch absolut nichts auszusetzen gibt. Suzuki weiß wie man Szenen arrangiert, versteht wie man Spannung aufbaut und was einen schönen Film ausmacht. Er ist ganz klar ein Künstler und offensichtlich talentiert. Auch die Sexszenen sind immer wieder neu umgesetzt und bieten auch jedes Mal was neues. Selbst die Darsteller sind zum Teil gar nicht mal so schlecht und die musikalische Untermalung ist sehr effektiv und stimmungsvoll. Der Hund liegt allerdings bei der Handlung begraben. Hätte man sich einfach darauf beschränkt einen Slasherplot mit den Fetischporno Aspekten umzusetzen wäre mein Fazit recht simpel. Handwerklich eine sichere Nummer, die Art der sexuellen Darstellung ist nicht mein Ding, aber der Fetisch der bedient wird, wird gekonnt bedient.
Aber Suzuki wollte scheinbar wie auch schon bei “Convent of the Sacred Beast” mehr als das. Er wollte Subtext, provozieren und irgendwo im Skript war wohl mal eine Botschaft, die aber hinter dem Porno zurückstecken musste und nicht mehr klar auszumachen ist oder vielleicht auch nur schrecklich dumm und banal wurde. Irgendwie scheint der Regisseur uns sagen zu wollen, dass das Böse zum Menschen gehört und teilweise auch angeboren ist. Er hämmert es uns auch richtig derbe ein wenn er uns zeigt wie geil Shun Domon, dessen einzigste Filmarbeit dieser Streifen übrigens geblieben ist, wird wenn er Kriegsverbrechern der Nazis anschaut und sich darauf einen runterholt. Provokation um des Willens von Provokation, schrecklich platt und dumm. Ein weiterer Punkt betrifft eines seiner Opfer. Eines der Mädchen ist nämlich Jüdin, man sagt wohl Jewpanese, gibt sich aber als Katholikin aus. An dieser Stelle war in Suzukis Kopf sicherlich noch etwas mehr, was er aber nicht auf die Leinwand bringen konnte. Am Ende wirkt alles sehr platt und unausgegoren. Teilweise werden auch recht wahllos Bibelzitate eingestreut, was er in Convent auch besser konnte und dort kam dabei auch noch eine religionskritische Botschaft dabei heraus. Hier kommt einfach nichts raus außer Nazichic, plumper Symbolismus und relativ unblutige Goreszenen, abgesehen von einer recht effektiven. Vielleicht ist an dieser Stelle aber auch etwas bei der Adaption verloren gegangen. Der Film basiert nämlich auf einer Mangareihe von Masaaki Sato (über Google finde ich auf Anhieb nur einen Masaaki Sato aus Berlin, der Psychoanalytiker ist. Irgendwie passend). Der Manga wurde in den Neunzigern auch noch mal als Anime mit einer fünfteiligen OVA umgesetzt.
Auf diese Weise versagt der Film dann letztlich doch auf allen Ebenen, da die Handlung zu sehr von der Pornographie ablenkt ohne Mehrwert bieten zu können. Daneben wäre das Ganze so oder so, aber man kann es in diesem Fall nicht mal als Kunstwerk rechtfertigen und die Botschaft bleibt auf der Strecke wenn denn da auch keine ist. Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich mir vorher nicht wirklich Gedanken darüber gemacht habe wie schwer es werden würde genau das in diesem Text auszudrücken was ich über diesen Film denke, als ich eher spontan geschaut habe. Es ist jedenfalls ein schwieriges Thema und ich hoffe irgendwie halbwegs verständlich meine Meinung gesagt zu haben. Genauso hoffe ich, dass durchkommt, dass ich hier keinesfalls sexuelle Gewalt relativieren oder ihre Verherrlichung in Medien gutheißen möchte. Zugleich ist es mir aber auch ein Bedürfnis darüber zu sprechen, dass es eben diesen Fetisch ganz klar und gar nicht mal so selten bei beiden Geschlechtern gibt und diese Leute haben genauso das Recht auf Masturbationsvorlagen wie alle anderen Menschen mit Gesellschaftlich akzeptierten Vorlieben beim Sex. Natürlich aber auch nur dann, wenn alle Beteiligten einverstanden sind, mit dem was passieren soll. Dies sollte aber für jede Facette der Sexualität gelten, sowie eigentlich auch alle anderen Aspekte des Miteinanders. Traurig, dass ich das Bedürfnis habe solche Verständlichkeiten noch mal anzumerken. Eine Punktzahl spare ich mir, wie schon vorher bei anderen inhaltlich schwierigen Filmen, da unsere kleine harmlose und eher humoristische Punktevergabe an dieser Stelle an ihre Grenzen stößt. Eigentlich sollte meine Meinung aus dem Text ersichtlich werden.