Paper Man (2009)
Offiziell ist sein erstes Buch wohl recht gut - Richard (Jeff Daniels) hasst es. Und sooo gut kann es auch wieder nicht sein, denn die Verkaufszahlen sind nicht gerade berauschend. Dennoch macht das Management Druck und seine Frau Claire (Lisa Kudrow) steckt ihn zum Schreiben in ein Sommerhaus auf Long Island. Die Frage, ob Richard „ihn“ mit hier rausgebracht hat, verneint er. Das ist aber glatt gelogen, denn „Captain Excellent“ ist seit seiner Jugend sein ständiger Begleiter. Der imaginäre Superheld (Ryan Reynolds) hat ihn schon aus so mancher Situation gerettet. Nichtsdestotrotz wollen die Worte einfach nicht fließen, was vielleicht bei einem geplanten Buch über Geflügel nicht verwunderlich ist. Daher macht sich Richard gefrustet auf, die nächstgelegene Stadt zu erkunden. Dort begegnet er Abby (Emma Stone), einer selbstbewussten, aber äußerst traurigen Teenagerin. Nach mehreren Missverständnissen entwickelt sich eine Freundschaft, die auf wenig Gegenliebe von außen stößt - vor allem von Abbys Stalker (Kieran Culkin) - aber aus der beide einiges lernen...
Jeff Daniels war für mich schon sehr lange von der Bildfläche verschwunden. Der einzige erwähnenswerte Film, der mir spontan nach „Dumm & Dümmer“ einfällt, ist „Der Tintenfisch und der Wal“. Mit Paper Man meldete er sich 2009 ruhig aber auch ein bisschen zerstreut mal wieder. Das Gesicht mittlerweile wie eine alte ausgeleierte ausgelaufene Wärmflasche, kann er hier überzeugen und überraschen.
Als ich den Film das erste Mal sehen wollte, war ich noch etwas skeptisch. Die Kombination Daniels / Reynolds hätte durchaus albern und schlecht werden können. Aber die Sache ist folgende. Daniels' Charakter ist natürlich in erster Linie lustig geschrieben - ein wirrer Typ, der ein Buch über das Aussterben einer Vogelart, die nur auf Long Island existierte, schreiben will und seit Jahrzehnten einen imaginären Freund zur Seite hat. Hinzu kommen noch andere Eigenarten. Sobald es jedoch um seinen emotionalen Zustand geht, fällt es sehr leicht, sich mit dem Charakter zu identifizieren. Da wären z.B. die Probleme innerhalb der über die Jahre abgekühlten Beziehung zu seiner Frau, das Verlangen nach Nähe oder auch der Wunsch etwas im Leben zu schaffen, dass nicht für die einen umgebende Gesellschaft, sondern für einen selbst von Wert ist. Das kann man als „depressives Gewäsch“ abtun, allerdings wird durch Captain Excellent ein guter Ausgleich gefunden. Der Charakter ist Reynolds auf den lächerlich makellosen Körper geschrieben – vollkommen überspitzt...und naja...eben Superheld. Erst sehr spät, als Excellent sozusagen ein Fazit aus der Freundschaft Richards und Abbys zieht, kommt man doch sehr positiv über Reynolds darstellerischen Fähigkeiten ins Grübeln. Daumen hoch.
Das Zweiergespann Stone / Culkin ist fast ebenso stark, wobei hier Culkins Charakter etwas fade bleibt. Das mag auch daran liegen, dass es eben ein depressiver Stalker sein soll, der kaum Regungen zeigt. Großartig ist, dass der Film ab dem Zeitpunkt, als Abby von einem traumatischen Ereignis und dem daraus resultierten Verlust erzählt, eine viel ernstere Stimmung annimmt, jedoch das Augenzwinkern nicht unterlässt.
Der Film spricht auf sehr putzige, aber auch traurige Art und Weise viele Aspekte unseres täglichen Zusammenlebens an. Was mir noch aufgefallen ist und was ich als recht interessant finde, ist, dass die Freundschaft der beiden nach dem sehr sehr sehr sehr sehr eigenartigen und unangenehmen Beginn natürlich keine sexuellen Aspekte hat und haben soll, aber von außen permanent und von allen Seiten eben solche aufgezwungen bekommt. Ein Mann und eine Frau können keine Freunde sein und vor allem nicht bei dem Altersunterschied.
Paper Man ist ein Kleinod, das mir jetzt schon desöfteren sehr großes Vergnügen bereitet hat. Den Film kann und will ich einfach mal jedem empfehlen.
8,8 von 10 Origami-Abdomen