Die Brücke – Transit in den Tod (2011) [Edel:Motion]
Auf der Öresundbrücke fällt das Licht aus. Zwar eigenartig, aber auch hochmoderne Technik kann versagen. Als das Licht wieder angeht, ist eine Linie exakt auf der Grenze von Dänemark und Schweden gezeichnet. Was aber noch viel schockierender ist, dass eine tote Frau auf dieser Linie liegt – ein Teil in Dänemark, der andere in Schweden. Es treffen die Kriminalpolizisten Martin Rohde aus Kopenhagen (Kim Bodnia) und Saga Norén aus Malmö (Sofia Helin) auf der Brücke ein und kommen sich auch recht schnell aufgrund der Zuständigkeiten und unterschiedlicher Auffassungen der Vorschriften ins Gehege. Da dies jedoch ein Fall zu sein scheint, der die beiden zur Zusammenarbeit zwingen wird – die Leiche auf der Brücke wurde aus einer schwedischen Politikerin und einer dänischen Prostituierten zusammengesetzt – müssen sie miteinander klarkommen. Für beide ist das eine Herausforderung, ist Martin doch ein aufgrund unerbärmlicher Libido und Fruchtbarkeit frisch sterilisierter Familienvater, der Regeln zu Gunsten der Ermittlungen gerne mal „anpasst“ und Saga vorschriftstreue Single-Frau, der das alltägliche Leben und das Sozialverhalten anderer Menschen ein Rätsel ist. Trotz ihrer anfänglichen Schwierigkeiten müssen sie sich allerdings auf den Fall konzentrieren, denn der Täter wendet sich über das Internet und das Radio an die dänische und schwedische Öffentlichkeit. Er möchte fünf Wahrheiten über die Gesellschaft verkünden. Die erste ist: „Es gibt keine Gleichheit vor dem Gesetz.“ …
Die Serie lief im März und April auf dem ZDF und wurde nun von Edel:Motion auf DVD veröffentlicht.
Hauptgrund für mich, diese Serie zu schauen, war wohl Kim Bodnia. Nach den üblichen Verdächtigen wie 'In China essen sie Hunde', 'Pusher' und 'The Good Cop' habe ich seine Karriere nicht weiter verfolgt und so war ich doch etwas verwundert, ihn bei einer Krimi-Produktion wiederzusehen, die sogar auf dem ZDF läuft.
Die Rolle, die er spielt, passt schon ganz gut. Dieser auf den ersten Blick liebende und in sich ruhende Familienvater hat doch so einiges an Fehlern, hat er doch bisher jede Ehe durch Seitensprüngen in den Sand gesetzt. Bodnia zeigt in einem klärendem Gespräch zwischen seinem Charakter und dessen Sohn aus einer vorherigen Ehe, was er darstellerisch so vorzuweisen hat. Überraschend ergreifend das Ganze.
Sofia Helins Darstellung Saga Noréns ist teilweise etwas über das Ziel hinausgeschossen. In manchen Szenen wirkt sie wie ein Clown, über den sich lustig gemacht wird. Der Charakter hat mit dem Fehlen von Empathie, dem Unverständnis gegenüber dem Sozialverhalten anderer und der Vertiefung in ihre Arbeit schon fast etwas Autistisches an sich. Auch wenn manche Szenen nicht ganz geglückt sind, stimmt doch alles, wenn es drauf ankommt. Als Saga ein wenig von ihrer Hintergrundgeschichte erzählt und ihr Selbstbild offenlegt, erlangt der Charakter ordentlich an Tiefe und ihre Versuche, sich in das Sozialgefüge einzufügen, in dem sie sonst nur „zu Besuch“ ist, erscheinen in einem ganz anderen Licht. Nichtsdestotrotz kommt es teilweise zu herrlichen Fremdschämattacken, auf die allerdings auch abgezielt wurde.
Die vielen weiteren Charaktere sind zum überwiegenden Teil ebenfalls gut dargestellt, gerade der „Wahrheitsterrorist“, wie er von den Medien getauft wird, wird von Lars Simonsen unangenehm charmant dargestellt. Was leider etwas stört ist, dass bei den meisten Charakteren dann doch eher auf Klischees zurückgegriffen wurde, so z.B. der Hauptkommissar Hans, der bald von seinem Posten abtreten möchte und man daher permanent damit rechnet, dass er anderweitig abtritt.
Und da wären wir auch bei einem sehr positiven Punkt der Serie, der Unberechenbarkeit, die nur selten gebrochen wird. Man erwartet ständig, dass die Standards bedient werden, wird jedoch entweder weiter auf die Folter gespannt oder mit einer gänzlich anderen Richtung überrascht. So werden dann schon öfter gesehene Szenen, wie z.B. eine in der ein Journalist zusammen mit einer schmucken Bombe in seinem Auto eingesperrt wird, wirklich mal zu einer spannenden Angelegenheit, da man nicht einschätzen kann, welche Relevanz dieses Ereignis und diese Person im weiteren Verlauf haben könnte. Sogar abgebrühte Zuschauer werden hier auf ihre Kosten kommen.
Die Serie ist in sehr ruhigen und atmosphärischen Bildern gedreht, denen immer auch eine gewisse Melancholie anhaftet. Das steht der Geschichte sehr gut, da sie, nachdem der „Wahrheitsterrorist“ seine Botschaften an die Bevölkerung gebracht hat, sehr persönlich wird und die Motive hinter den Taten klar werden. Leider wird in der erwähnten Ruhe auch der ein oder andere Spannungsbogen etwas überreizt, so dass es ein wenig anstrengend wird. Gerade in der Zeit, in der das Ermittlerteam im Dunkeln tappt und die Hinweise aus den „Wahrheiten“ sortiert, ist auch filmtechnisch etwas diffus und wie gesagt anstrengend.
Das legt sich jedoch recht schnell, nachdem der Bösewicht enttarnt wurde. Ab diesem Zeitpunkt wird es emotional regelrecht unangenehm, da er mehrere der durch den guten Aufbau liebgewonnenen Charaktere direkt aufs Korn nimmt und es zu einem Finale kommt, das zwar nicht neu, aber an Intensität selten ist. Der Abspann reicht da nicht, um sich zu beruhigen.
Die Brücke – Transit in den Tod hat mich mit seiner Qualität wirklich überrascht. Sonst nicht so der Krimi-/Thriller-Freund haben mich die guten Charaktere, die Erzählweise und die emotionale Schwere der Serie überzeugt. Ebenso ist es schön zu sehen, dass die sozialen Missstände, auf die der „Brückenmörder“ hinweist, nicht vollständig als Hirngespinste eines Verrückten dargestellt werden, sondern ernsthaft - wenn auch kurz - zur Diskussion stehen. Knorke.
Die 5-DVD-Box kommt auf eine Gesamtlaufzeit von ca. 565 Minuten. Es sind zum einen fünf fast zweistündige Episoden vorhanden, als auch Interviews mit den Machern und den Hauptdarstellern.
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