Ikigami - Der Todesbote #4 (Carlsen Manga)
Im vierten Band muss Fujimoto wieder zwei weitere Ikigamis ausstellen, die Todesnachricht falls jemand das Pech hat Einer von Tausend zu sein, die durch eine Nanokapsel im Herzen von der Regierung getötet werden. Sein erster “Kunde“ ist der junge englisch Lehrer Souichi Tamura. Von vielen Schülern und auch seinen Kollegen wird er nur belächelt, da alle meinen er sei zu verweichlicht, da er niemals mit den Schülern schimpft. Stattdessen sucht er die Gründe für das Fehlverhalten der Kinder bei sich, den anderen Lehrern und auch bei den Eltern. Daran ändert sich selbst dann nicht, als sein Problemschüler Mitsuru ihm das Handy stiehlt und damit Schülerinnen beim Umziehen fotografiert, um seinen Lehrer als Spanner hinzustellen. Diese Vorwürfe führen dazu, dass er suspendiert wird. Als er zudem auch noch einen Ikigami erhält und somit innerhalb der nächsten 24 Stunden sterben wird, dreht er durch und beschließt an allen Rache zu nehmen. Zumindest an allen Erwachsenen, denn die Kinder sind unschuldig und können nichts dafür wie sie von ihren Eltern und Lehrern groß gezogen wurden.
Sein zweiter Auftrag führt ihn zu der 24-jährigen Mutter Naoko Seki. Sie soll nun auch sterben und wird dabei ihre siebenjährige Tochter Mina zurücklassen. Mina leidet unter einer schlimmen Form von Asthma, aber schlimmer ist noch, dass sich ihr Vater Ryuuta um nichts kümmert. Alles was ihn interessiert ist seine aufgemotzte Karre und damit Rennen zu fahren. Dafür lässt er regelmäßig seine Familie im Stich und hat schon Unmengen Schulden dafür aufgenommen. Bei so einem Mann möchte sie ihre Tochter nicht lasse und außerdem soll sie nicht geimpft werden. Daher rast sie mit Mina zum Meer, wo sie ihre Tochter auf ein Frachtschiff gen Dubai schmuggeln möchte.
Wie immer werden wieder zwei Ikigamis vom Todesboten verteilt. Beide male geht es dabei recht emotional zu. Während aber die zweite Story ein gradliniges Familiendrama ist, mischt sich in der ersten Story das Drama mit einem frischen Thriller. Nebenher erfahren wir aber auch ein wenig mehr über Fujimoto und das GFW (Das Gesetz für Fortschritt und Wohlstand). Es wird immer deutlicher was für Auswirkungen der Job auf die Hauptfigur hat. Er leidet von mal zu mal mehr unter der schlimmen Botschaft die er überbringt und zudem führt es dazu, dass er mittlerweile keinerlei Beziehungen mehr zu anderen Menschen eingehen kann. Von seinem alten Arbeitskollegen erfährt er und somit auch der Leser mehr über die Anfänge der Impfung. Darüber wie Besatzungsmächte nach dem Krieg Japan dieses Programm aufgezwängt haben und wie dies dazu führte, dass sich große Studentenproteste formierten, die allerdings keine Chance gegen das totalitäre Regime hatten.
Anhand von Fujimotos alten Arbeitskollegen wird eindrücklich aufgezeigt, wie es dazu kommen kann, dass selbst Regimekritiker irgendwann entmutigt aufgeben, sich anpassen und versuchen im kleinen etwas zu verbessern, bis sie schließlich völlig vom Moloch verspeist werden und sich am entgegen gesetzten Ende ihrer eigentlichen Meinung wieder finden. Das fantastische an “Ikigami” ist wie Motore Mase es jedes mal aufs neue schafft eine reale Zukunftsfantasie zu schaffen, die recht schnell, recht greifbar und auf erschreckende Weise möglich erscheint. Gerade weil die politischen Umstände in jedem Akt aus anderer Sicht beleuchtet werden. Mal von Befürwortern, mal von Gegner oder mit viel Abstand auch von ehemaligen Gegner. Mal auf nationaler Ebene, mal ganz persönlich. Es wird auf künstlerischen Ebene angegangen, wirtschaftlich, politisch, aber auch immer wieder emotional. So fügen sich Gesellschaftskritik, düstere aber nicht fantastische Science-Fiction, Thriller und Drama zu einem immer interessanten und kurzweiligen Lesespaß zusammen, der einen aber auch immer zum denken anregt. Zusammengehalten wird das Ganze immer durch Fujimoto, der versucht seine Arbeit gut zu machen und den Menschen ihren Tod zu vereinfachen, dabei stellt er aber jedes mal wieder fest wie schwer ihm seine Arbeit fällt. Und so wird er sich immer unsicherer ob die Regierung wirklich das richtige tut. Die weiteren Möglichkeiten der Reihe sind schier unendlich und ich bin gespannt wohin die Reise geht.
Die Zeichnungen sind an sich nichts außergewöhnliches, aber mir gefällt jedes mal sehr, wie die Emotionen der Charaktere in den Mittelpunkt gestellt werden. Daher werden die Gesichter oft stark in den Mittelpunkt gebracht und besonders an der Mimik hat man sich toll ausgetobt. Aber auch andere ruhige Momente gelingen immer wieder, genauso wie bedrohliche Szenen. Nur wenn es mal richtig rasant wird, fehlt dem Artwork manchmal das nötige Tempo und die richtige Wucht. Aber actionreich wird es ja eh nur selten, daher gibt es nicht viel zu kritisieren.
Eine clevere und immer spannend zu lesende Mangareihe, hoffen wir, dass es auf dem Niveau noch lange weiter geht.
8,5 von 10 verräterische Auspüffe