Doppeltes Glück mit dem Roten Affen (Avant Verlag)
Während des diesjährigen Gratis Comic Tag, spendierte euch der Avant Verlag die ersten 32 Seiten aus Joe Dalys Comic über den affenfüßigen Comickünstler Dave. Das vollständige Album ist aber ganze 112 Seiten dick und enthält noch eine zweite Geschichte. Also bekommt ihr noch mal meine Meinung zur ersten Geschichte “Der undichte Cellokoffer” und wer die schon gelesen hat scrollt weiter Runter und liest was ich zu “John Wesley Harding” zu sagen habe.
Der undichte Cellokoffer:
“Ob der Wüstenplanet der Film sei in dem die Beegees in Discokluft auf einem riesigen Sandwurm reiten” ist nur eine von vielen abstrusen Fragen denen sich der unerfolgreiche Zeichner Dave abgeben muss. Dave versucht sich grad als Werbezeichner für eine Ziegelsteinfirma durchzuschlagen, was ihm allerdings mehr schlecht als recht gelingt. Eigentlich träumt er ja davon irgendwann mal eine erfolgreiche Comicserie zu erschaffen, die ihm ein Leben in Kapstadt abseits der gesellschaftlichen Zwänge ermöglichen soll. Im Moment hat er aber ernsthaftere Probleme. Der Job läuft scheiße, im Lift wird er fast von einem Mexikaner verprügelt dessen Cellokoffer tropft, seine Freundin verlässt ihn und sein geliebter Wels Hoffmann muss fast dran glauben weil er beim Aquarium auffüllen vergessen hat das Wasser abzustellen und somit die Wohnung unter Wasser gesetzt hat. Dann muss er noch auf ein klapsiges Chinesenkind aufpassen, das ist aber eigentlich voll nett und liest in aller Stille Comics. Jetzt könnte er also endlich arbeiten, dazu müsste nur sein ständig verdrogter Kumpel endlich mal abhauen und wenn die Russenzwergenarmee über ihm mal aufhören würde zu trampeln würde es sicherlich auch helfen. Ach so, Dave hat übrigens Affenfüße, ein grausamer Scherz der Evolution.
Zuerst war ich etwas skeptisch, wenn Autoren ihre Graphic Novels auch noch selbst bebildern erschrecke ich mich schon aus Prinzip ganz kurz. Hier ist die Optik sicherlich auch etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach ein paar der hier abgedruckte 32 Seiten verliebt man sich ein wenig in die drolligen Charaktere und ihre großen Stirnpartien. An manchen Stellen sind die Zeichnungen von Joe Daly aber auch richtig cool geworden. Zum Beispiel machen die Kröten ordentlich was her und das sonnige Kapstadt kommt auch super rüber.
Das beste am hier komplett abgedruckten Kapitel “Der undichte Cellokoffer” ist aber freilich der Humor. Die Einleitung des Verlags trifft es eigentlich schon ganz gut und beschreibt Ähnlichkeiten die auch ebenso erfunden habe. Ein wenig Drogenhumor a la Big Lebowski und noch viel mehr der beiden Chaoten Cheech & Chong trifft auf die unschuldige Abenteuerlust von Hergé und wird von Pointen von Gilbert Sheltons freakigen Brüdern niedergerissen. Miteinander vermengt ergibt das einen ganz feinen Spaß, für alle die diese Art von Loserromantik mögen und etwas mit solchen Figuren anfangen können. Teilweise wird für meinen Geschmack aber der Comic nicht genug als visuelles Mittel genutzt. Wenn jemand etwas tut, brauche ich persönlich keien Sprechblase, die halb so groß wie das Panel ist und die mir erklärt das der Charakter genau das macht, was wir auf dem Panel sehen. Dadurch werden oftmals sehr viel mehr Wörter genutzt als eigentlich nötig wären. Davon abgesehen aber ein krötiger Spaß für alle die ihren inneren Affen befriedigen wollen.
7 von 10 Ziegelsteine mit neugierigen und einzigartigen Gesichtern
John Wesley Harding:
Nachdem Dave und sein noch verplanterer Kumpel Paul den fiesen Krötendealer stellen konnten ist etwas ruhe eingekehrt im Leben des erfolglosen Künstlers. Zur Zeit fällt ihm zwar nichts für einen neuen Comic ein, dafür konnte er mit der neuen Nachbarin anbandeln und außerdem schämt er sich nicht mehr so sehr wegen seinen Affenfüßchen. Problematisch ist zur Zeit nur, dass seine Freundin ihn mit ihrem Vater bekanntmachen möchte. Von diesem anstehenden Problem wird der Slacker allerdings, wie so oft, von Paul abgelenkt. Der hat nämlich eine Bitte an seinen Freund. Seit einiger Zeit hat er nämlich einen Job im Tierheim angenommen, wo er sich mittlerweile vom Scheißeschaufler zum Schweinepfleger hochgearbeitet hat. Ihm bringt seine Aufgabe auch sehr viel Spaß und er kümmert sich gut über die Schweine. Letztens wurde allerdings im Tierheim eingebrochen und während die Diebe zwar nur technische Geräte gestohlen haben, ließen sie bei ihrer Flucht das Tor offen, durch das dann ein Capybara abgehauen ist. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Wasserschwein, das weltweit größte Nagetier. Weil es genauso easy und relaxt ist wie das klassische Bob Dylan Album, hat man es John Wesley Harding getauft. Nun muss das Riesenmeerschwein aber schnellst möglichst gerettet werden. Zwar wird es sich in den australischen Sümpfen wohl fühlen, doch den Winter wird es nicht heil überstehen. So durchforsten sie das Gelände und finden auch bald erste Capybara Spuren, doch außerdem scheint der Sumpf auszutrocknen. Nach kurzen Nachforschungen vermuten sie, dass ein finsterer Immobilienmakler hinter der Verwüstung des Naturschutzgebiets steckt. Auf der Suche nach einer großen Verschwörung geraten die beiden in eine verzwickte Situation nach der anderen.
In seiner zweiten Geschichte um Dave mach Daly ein paar Sachen besser, leider auch ein paar Sachen schlechter. An den Zeichnungen hat sich nichts geändert, dafür ist aber die Farbgebung hübscher geworden und sieht nicht mehr so arg digital aus. Auch die Dialoge zwischen Dave und Paul schaffen es hier noch knackiger zu sein. Man bekommt echt einen guten Eindruck davon wie gut sie befreundet sind. Während Paul in der ersten Geschichte noch etwas anstrengend war, wirkt er hier sehr sympathisch. Allein wie sehr er sich über seinen Job im Tierheim freut wirkt total cool und seine verplante Art lässt ihn wie einige Leute wirken die ich selbst kenne. Jedenfalls sind die Hauptfiguren auf eine Art geschrieben, dass man sie gerne um sich hätte, da sie einiges spannender machen würden. Zu letzt sind auch die vielen Wendungen und Überraschungen auf den letzten Seiten ein wahres Fest. Es überschlagen sich die Ereignisse und man weiß letztlich gar nicht mehr was los ist. Alles geht drunter und drüber und mittendrin das unschuldige Wasserschweinchen, im übrigen ein sausüßes Tier.
Allerdings kann man den verworrenen dritten Akt auch sehr kritisch beäugen und Daly unterstellen, dass er irgendwann nicht mehr wusste wie er weitermachen sollte und einfach nur irgendwas gemacht hat. Wenn man aber drüber nachdenkt gibt es von Anfang an auf das meiste Hinweise und es erschließt sich doch jeder einzelne Twist. Vom Ton des ganzen hebt sich das Finale aber schon sehr ab und gerade im Vergleich zur ersten Story kommt es einem doch etwas übertrieben vor. Was mich aber wirklich gestört hat, ist der textlastige Mittelteil. Da wimmelt es derart von übervollen Sprechblasen, dass man schon sehr interessiert sein muss um nicht einfach ein paar Panel zu übergehen. Leider bricht das Tempo stellenweise fast völlig ein, was mich kurzzeitig auch echt abgeschreckt hat. Insgesamt ist aber auch die zweite Handlung nicht schlechter, aber nicht annähernd so kurzweilig wie die Eröffnungsnummer.
Beide Comics kommen in Form eines Softcover Albums beim Avant Verlag raus, ein Vorwort oder Extras fehlen leider gänzlich.
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