The Silver Age of DC Comics (TASCHEN)
Im ersten großen Historien Band über den Comicverlag DC lies Paul Levitz uns einen tiefen Blick hinter die Kulissen des Verlags werfen. Dabei erklärte er uns alles über das
goldene Comiczeitalter von 1935-1956. Im zweiten Band packt er sich die Silver Age und beackert die Jahre 1956-1970. In Erinnerung geblieben ist das Zeitalter vor allem durch seine Albernheiten. Babybatman, Superhorse, eine eigene Lois Lane Comicreihe in der sie unter anderem als Hexe auftritt, Aquaman reitet auf einem Seepferdchen und Bob Hope trifft auf Monster. Was viele aber vergessen, ist dass es auch eine Zeit voller Tiefen und Höhen und in gewissen Bereichen auch ein mutiger Schritt in neue Richtungen war.
Was weniger beachtet wurde waren zum Beispiel die Neueinkäufe. 1955 kaufte DC nämlich Quality Comics auf. Deren Helden wie G.I. Combat und Blackhawk sie 1956 wiederbelebten und konsequent weiterführten. Den größten Helden von Quality Comics, der sich auch heute noch im DC Universum tummelt, nämlich Plastic Man, hat man erst mal auf Eis gelegt und erst in den Sechzigern aufgetaut. In den Sechzigern bekam DC gerade bei den jungen Lesern ein starkes Image Problem. Während man bei Marvel mit Spider-Man echte Menschen mit Problemen zu Helden machte oder mutierte Monster plötzlich die Guten waren, wie zum Beispiel bei den Fantastic Four und Robert Crumb und andere Undergroundkünstler Fanzines aufmischten, sorgte die Adam West Batman Serie von 1966 endgültig dafür, dass DC’s Helden vollkommen albern wurden. Aber auch schon ein paar Jahre später konnten sich Jugendliche nicht mehr damit identifizieren, wenn reiche Playboys Bankräuber verprügeln.
Während die Helden also immer unwichtiger wurden, erfreuten sich wie auch im Filmmedium die Science-Fiction und Mystery Anthologien wie Showcase, Strange Adventures, Mystery in Space, Tales of the Unexpected und mit ihnen ihre Helden wie die Challengers of the Unknown, Adam Strange und die Atomic Knights größter Beliebtheit. Später traute man sich aber auch bei DC ein wenig neues. Man erschuf die bis heute aktuelle zweite Inkarnation von Green Lantern und dem Flash, lies die Justice League auf die JSA treffen und brachte somit zum ersten mal verschiedene Generationen von Comicfiguren und Lesern zusammen. Weitere spannende Neuereungen waren Superboys Auftritte in der Legion of Superheroes und auch der Kultcharakter Bizarro tauchte zum ersten mal auf. Überhaupt legte man im silbernen Zeitalter das Fundament für DC Comics, das eigentlich bis heute noch genutzt wird. Die meisten Inkarnationen der aktuellen Helden sind ihren Versionen aus den Sechzigern noch sehr ähnlich. Wirklich mutige Schritte konnte man aber eh nicht machen, selbst wenn man gewollt hätte, schließlich war allem mutigen immer noch der strikte Comiccode im Weg. Dies führte dazu, das MAD Comics zum MAD Magazine wurde und somit freier agieren konnte.
Auf knapp 400 Seiten im überformatigen Hardcover bekommen wir hier einen sehr umfassenden Eindruck vom damaligen Status Quo des Verlags. Levitz beginnt seine Zeitreise mit einem Interview mit einem der wohl einflussreichsten Comickünstler überhaupt. Neal Adams erzählt ihm von seinen Anfängen in der Werbebranche und natürlich kommen auch Green Lantern, Green Arrow, Deadman und Spectre zur Sprache. Schließlich hat niemand diese Charaktere mehr geformt als Adams. Adams war einer der wenigen, die es geschafft haben nicht nur den albernen Silver Age Stil zu bedienen, sondern auch eine neue erwachsene und dunklere Erzählweise umzusetzen, wie auch humoristische und karikaturistische Comics aufs Papier zu bringen. Auf den folgenden Seiten könnt ihr mehrere hundert Bilder bestaunen, von denen einige nirgendwo anders und wenn dann ganz klar nicht in dieser Qualität zu finden sind.
Gezeigt werden berühmte, lustige oder auch bemerkenswerte Cover. Nur zu dieser Zeit konnte man eine Geschichte bringen in der Batman ein Tiger ist. Aber auch Fotos der Künstler, Filmscreenshots, Merchandise, ganze Strips, Skizzen, Charakterentwürfe und Comicausschnitte sind zu sehen. Aber auch total rare Dinge wie Fotos von japanischen Blechbatmanzügen, Mangaskizzen, Sammelkarten, deutschen Modemagazinen und anderem Kram sind dabei. Levitz hat dann noch gute 40 Seiten über die DC Geschichte geschrieben und auch zu den meisten Bildern gibt es ausführliche Erklärungen. Neben Adams bekommen noch die Zeichner und Autoren Julius Schwartz, Carmine Infantino, Gil Kane, Curt Swan, Wally Wood, Joe Kubert und Steve Ditko eigene Kapitel. Genauso gibt es spezielle Kapitel die sich Bereichen wie Science-Fiction, Abenteuer, Kriegscomics, Love Comics und so weiter widmen. Es wird also nichts ausgelassen und einen umfangreicheren Blick über das gesamte Schaffen des Verlags während dieser Zeit kann man in so einer komprimierten Art gar nicht ermöglichen. Wer sich also genauer mit der DC Historie auseinandersetzen möchte, sollte sich diese Reihe von TASCHEN nicht entgehen lassen.
9,4 von 10 Gorillahexen