Yes/No: You lie, you die (2012) [Eurovideo]
Kate (Ellen Hollman) und Jack (John Brotherton) sind beide Ende zwanzig und seit ein paar Monaten ein Paar. Kate ist als Tochter eines mehr als erfolgreichen Geschäftsmannes eine gute Partie und ihre Beziehung zu Jack scheint dem liebevollen Chaoten endlich Halt im Leben zu geben. Trotz aller Unsicherheiten beschließen sie zu heiraten. Schon kurze Zeit später finden sie sich von einander getrennt in einem kleinen Raum wieder. Fußboden, Wände und Decke des abgeschlossenen Raums sind mit Projektoren, Lautsprechern, Lampen und Gasdrüsen ausgestattet. Im kahlen Raum befindet sich außer einem Feldbett noch ein kleiner Schreibtisch mit wenigen Utensilien. Ansonsten ist da nur noch ein kleines Display und darunter zwei Knöpfe. In unterschiedlichen Abständen werden ihnen auf dem Display Fragen gestellt die sie per Knopfdruck mit “Ja” oder “Nein” beantworten müssen. Wenn nicht, werden sie oder ihr Partner hart bestraft.
Zwei junge Ehepartner finden sich kurz nach ihrer Hochzeit in einem orwellschen Albtraum wieder und werden in Gefangenschaft mit allen Geheimnissen und Fehlern ihres Partners konfrontiert, um ihre wahre Liebe zu testen. Daher heißt die italienische Co-Produktion mit amerikanischen Teilhabern im Originaltitel auch passend “True Love”. Da man hier den gesamten Film über in einem sterilen Raum gesperrt ist und dabei langsam mit den Charakteren herausfinden muss, was eigentlich Phase ist, bemüht der schmierige Rezensent aus Faulheit die
Cube Reihe, wobei der Vergleich mit Filmen wie “Panic Button” oder “Exam” wohl richtiger wäre. Die Bedrohung hierbei ist jedenfalls nur sekundär körperlicher Natur und viel mehr geht es hier um die seelischen Qualen, die den Protagonisten angetan werden.
Im Mittelpunkt steht dabei die Liebe zwischen den beiden. Knallhart werden dem anderen Wahrheiten präsentiert, die er oder sie nie wissen sollten oder wollten und zugleich Dinge angedeutet, die vielleicht nicht wahr sind oder eben doch. Die Initiatoren machen sich also zu Nutzen, dass beide Partner Geheimnisse vor dem anderen haben. Ihre eigenen Schuldgefühle werden also genutzt, um die eigenen Fehler beim Partner wiederzuentdecken. Dabei werden die Verbindungen im Verlauf des Films immer verworrener und man sollte schon gut aufpassen um alles mitzubekommen. Leider liegt dies nicht nur an der Komplexität der Handlung, sondern auch mitunter daran, dass das Drehbuch ein wenig zu wirr und nicht immer kompetent strukturiert wurde. An anderen Stellen wird die Manipulation dann zu offensichtlich und man erkennt ein paar der Twists schon recht früh. Andere überraschen dann doch schon mehr, was aber nur daran liegt, dass sie teilweise zu absurd sind oder manche Wendungen stark konstruiert und bemüht daherkommen. Dann sind da noch andere kleine Punkte, die etwas nerven, wie von Beginn an recht lethargische Akteure, kleinere und größere Logiklöcher und nicht zuletzt auch das eine oder andere Plothole. Schlimm ist es aber erst wirklich dann, wenn man dem Zuschauer eine Ausgabe von “1984” fast ins Gesicht prügelt, um Parallelen zu verdeutlichen.
Am Ende ist es aber doch ein nicht vollkommen toll geschriebenes Beziehungsdrama im “Wollen wir Spielen”-Thriller Gewand, und dennoch ein recht packendes Ding. Es geht um Vertrauen und wie Überwachung auch aus Unschuldigen Täter macht. Die Handlung lässt aber auch viele sozial-, medien- und gesellschaftskritische Deutungen zu hätte aber inhaltlich noch einen Feinschliff benötigt, um mehr als nur zu einem Tipp für Kenner zu werden. Mit einem besseren Drehbuch hätte der Film nämlich ein echter Hammer werden können. So ist unter anderem auch das Ende ein ziemlicher Reinfall. Die Idee ist aber Top und die Umsetzung an vielen stellen effektiv. Der psychologische Horror kann eigentlich konstant aufrecht gehalten werden, ich bin aber auch ein Fan solcher Spielchenfolterfilme, gerade wenn die Folterungen mehr über die psychische Komponente funktionieren. Besonders perfide wird es hier, wenn die Charaktere wetten können, ob ihre Antwort, die sie zum Leben ihres Partners gegeben haben, richtig war oder nicht. Dabei geht es zuerst um Wasser für sich selbst oder den Partner über kleine Folterungen, die alle unblutig aber trotzdem diabolisch sind, bis hin zur Tötung des Partners. Echt fiese Nummer und eine Gefühlslage, in die man sich selbst sehr schnell hineinfinden kann. Gerade deshalb funktioniert diese Art von Folter besser als dieses ganze billige SplatterSawGedönse.
Die Machart ist einfach, aber teilweise doch positiv verspielt. Die Idee mit den projizierten Videoschnipseln ist klasse und da sich die Projektoren überall im Raum befinden, lassen sich in Kombination mit den Gefangenen immer wieder schöne Bildcollagen erzeugen. So hat Enrico Clerico Nasino quasi unendlich viele Möglichkeiten, den stark begrenzten Raum immer wieder neu einzufangen. Neben dem Pärchen spielen noch Jay Harrington und Gabriel Myers kleinere Rollen. Außer den Vieren gibt es aber nur noch Statistenrollen. Obwohl man nur vier Rollen zu besetzen hatte, können die Darsteller nie völlig überzeugen. Den einzigen, den ich wiedererkannt habe, war auch John Brotherton (Pervert!), der hier und da mal in Serien rumstolperte. Schlecht sind die Darsteller aber auf keinen Fall. Jeder hat auch Momente, in denen er wirklich sehr begeistern kann. Abgesehen vielleicht von Gabriel Myers, der eigentlich immer etwas zu sehr drüber ist.
Emotional schön heftiges Ding, rational betrachtet aber nur solides Mittelmaß oder etwas weniger, je nachdem wie sehr man sich über kleine Mängel aufregt. Mir hat’s jedenfalls sehr gefallen, auch wenn ich mit ein paar Punkten so meine Probleme hatte.
Die DVD von Eurovideo kommt mit einem guten Bild und einer eigentlich nicht schlechten Synchro daher, die aber so manches mal ihre liebe Mühe hat, synchron zu bleiben. Bonusmaterial gibt es leider abgesehen vom Trailer und einigen weiteren zu hauseigenen Filmen nicht.
7 von 10 selbstgemachte Pralinen