Mein Ärger mit den Frauen (Reprodukt)
Für nichts ist Underground Comiclegende Robert Crumb besser bekannt als für seine Felix the Cat Parodie Fritz the Cat. Wenn man sich auch nur ein ganz wenig mit dem Künstler beschäftigt hat, wird man auch seine andere bekannte Figur “Mr. Natural” kennen, genauso wie seine höchst neurotische Art, die vor allem im Kontakt zu Frauen immer wieder extrem stark durchkommt. Das war schon in seiner Kindheit so und ist auch jetzt wo er ein alter Mann ist nicht anders. In dem 96 Seiten starken Album, haben die Reproduktler einen umfangreichen Querschnitt über seinen Ärger mit den Frauen und vor allem seiner eigenen Sexualität versammelt. Darunter Comics und Skizzen die zwischen 1967 und 1995 entstanden sind und ursprünglich aus seinen gesammelten Sketchbooks, sowie Fanzines wie dem Zap, Weirdo und Hup stammen.
Dabei analysiert er vor allem seinen Umgang mit Frauen. Dieser ist nur selten korrekt, oftmals total daneben und das weiß er auch selbst. Seine Geschichten reichen von den harmlosen ersten Fusseleien während des Unterrichts, bis hin zu seinen vielen sexuellen Abenteuern, die er Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger als angesehener Star der Gegenkultur erleben durfte. Was auf den ersten Blick oftmals ganz komisch rüberkommt ist auf den zweiten Blick meist eher tragisch. Crumb erzählt uns von diesen eher ruhmlosen Momenten seines Lebens, vor allem die in den er seinen Kultstatus einsetzt um seine Ehefrau zu betrügen, offensichtlich um sich Schuld von der Seele zu reden. Der Comic ist somit also der neue Beichtstuhl des sehr katholisch erzogenen Roberts geworden.
Neben seinen Nächten mit den vielen Damen von stämmigem Stand und ausladenden Hinterteilen, erzählt Crumb in den hier vertretenen Geschichten sehr viel über seine Hippiezeiten und seinen vielen währenddessen erlebten LSD-Trips. Dabei wird es dann auch gerne mal absurd und Crumb trifft auf eine Herde weiblicher Kentauren. Aber zum Ärger mit den Frauen gehört natürlich nicht nur alles, was er mit den Bettgespielinnen erlebt, sondern natürlich auch der Alltag mit seiner Frau und später natürlich seiner Tochter. Durch diese eingestreuten Strips wird es trotz dem eng gefassten Thema doch nicht zu eintönig und nur auf seine Schmuddeleien beschränkt. Bei alldem hilft wieder mal sehr gut, dass kein geringerer als Harry Rowohlt für die Übersetzung verantwortlich war. Es braucht schon einen talentierten Mann wie ihn um Crumbs schnodderig neurotische Art zu übersetzen ohne die ganz eigene Tonlage zu riskieren.
Da die Geschichten in einer Zeitspanne von fast 30 Jahren entstanden sind, schwankt der Stil der einzelnen Strips immer mal wieder hin und her und man bekommt so auch einen guten Eindruck von den verschiedenen Schaffensepochen des Autoren. Von sehr detailreichen, eifrig schraffierten Geschichten die mit dem bekannt scharfen crumbschen Stricht entworfen wurden, bis hin zu eher lapidar hin gerotzten Strips die unter schlechter Laune und Zeitmangel entstanden sind ist alles dabei. Gewöhnlich und austauschbar ist allerdings keines der Kapitel, sein Stil ist einfach unverkennbar. Großen Respekt verdienen Michael Hau, Dieter Kerl und Olav Korth, die gemeinsam eine schwere Aufgabe hatten und fürs Handlettering zuständig waren. Auf vielen der Seiten sicherlich eine fiese Fummelarbeit.
Für Crumb Einsteiger vielleicht nicht der beste Band, da würde ich Kafka der Nausea eher empfehlen oder noch eher Fritz the Cat wenn man das Album mal wieder auflegen sollte (sehr unterschwellige Botschaft an die Leute von Reprodukt), wer aber mit Crumb schon seine Erfahrungen gemacht hat, sollte sich diese besondere Sammlung nicht entgehen lassen. Kommt wieder mal als schickes Hardcover.
8 von 10 ausgefallene Stellungen