Marsch der Krabben #2: Das Krabbenimperium (Splitter)
400 Millionen Jahre lang hat sich die Quadratkrabbe kein bisschen weiterentwickelt. Aber jetzt ist die Unterwasserwelt in Aufruhr. Sonne ist nicht nur die erste Krabbe seiner Art, die einen Namen bekommen hat, sondern er will sich von der Tradition seiner Rasse nichts mehr vorschreiben lassen. Wenn er eine schöne Krabbendame sieht möchte er einfach auf sie zugehen und nicht hoffen müssen irgendwann zufällig mit ihr die Bahn zu kreuzen. Man sagt sich über diese Krabbenart nämlich sie könne nicht von ihrer Bahn abweichen, die sie von Geburt bis zum Tod beibehalten müssen. Sonne hat jetzt aber gelernt sich zu drehen. Viele der anderen Krabben versuchen wie er zu lernen sich zu drehen und entwickeln dafür verschiedene Strategien, die Taschenkrebse, wie auch die Hummer tun alles um die paar Revoluzer klein zu halten. Dafür setzen sie auch eine machthungrige Diktatorkrabbe für ihre Zwecke ein. Denn wenn die Krabben erstmal ihre Freiheit begreifen werden sie sich von den stärkeren Krustentieren nicht mehr versklaven lassen. Ein Kampf scheint unausweichlich und alle Parteien sind bereit dazu.
Endlich geht es weiter mit dem zweiten Buch der Krabbentrilogie. Während Arthur de Pins im ersten Teil seines Preisgekrönten Comics ein eher chaotisches Abenteuer erzählte, wird nun klar in welche Richtung es gehen soll und dorthin wird nun zielsicherer marschiert. Auch hier spielen die Menschen wieder eine kleine Rolle, einmal in Form der Greenpeace Aktivisten und auch die Dokumentarfilmer sind noch dabei. Wichtiger ist aber was bei den Tieren geschieht. Diesmal weicht der Spaß immer mehr um dem Ernst Platz zu machen. Zentrale Themen sind nämlich keine geringeren als Faschismus, Tradition gegen Fortschritt und Evolution. Nicht unbedingt Punkte die man in einem Comic der auch für Kinder geeignet ist gleichzeitig vielschichtig diskutieren kann und dabei locker unterhalten kann, ohne den Inhalt dröge wirken zu lassen oder der Thematik ihre Gewichtigkeit zu nehmen. Pins hat diesen Eiertanz aber meisterhaft vollzogen und so verliert die Geschichte auch durch den teilweise schwer verdaulichen Inhalt nie an ihrem kindlichen Charme und bleibt auch dann noch sehr komisch wenn es eigentlich höchst politisch oder philosophisch wird. Ich finde es wirklich fantastisch wie der Autor es schafft eine so komplexe Geschichte so simpel zu erzählen, ohne die Probleme damit klein zu reden oder sie einfacher zu machen, als sie eigentlich sind. Ein wirklich toller Comic für alle Altersgruppen. Mir persönlich gefiel am allerbesten, wie hier sehr humoristisch aufgezeigt wird, wie sich neue politische Strömungen von einer guten Idee sehr schnell zu vielen, teilweise wirren Ideologien wandelt. Nicht weniger amüsant ist auch der lapidare Umgang der Krabben mit ihrem Märtyrertum.
Optisch ist das Buch stark durchstilisiert und jede Seite toll durchdacht. Ohne Pause wird ein ganz eigener Stil durchgezogen, der vor allem durch die sehr weichen Zeichnungen in Pastellfarben und dem fehlen von Outlines definiert wird. Humor wird genauso dynamisch rübergebracht wie auch die Action. Letztere sieht im übrigen fantastisch aus. Klingt vielleicht komisch, aber bei dem Kampf zwischen den Krabben und den Taschenkrebsen erinnerte mich teilweise irgendwie an 300. Für kämpfende Krustentiere sehen sie jedenfalls super cool aus. Auch wie man optisch auf die Propaganda Poster der Nazis anspielt ist clever gemacht. Durch und durch ein in allen Punkten wirklich toller Comic, an dem ich nichts auszusetzen habe. Ohne Zweifel eine klare Leseempfehlung.
9 von 10 verzweifelte Flirtversuche