Woman on the River (Splitter)
Nach 35 Jahren im Knast, hat der ehemalige Auftragskiller Dennis seine Strafe endlich abgesessen. Er bezieht eine kleine Hütte an eine, ruhigen Kanal, wo er bald Anschluss an die Nachbarsfamilie mit ihrem kleinen Sohn findet. Zum ersten mal scheint sein Leben einen glücklichen Verlauf zu nehmen, wenn doch nur nicht jede Nacht diese Albträume ihn heimsuchen würden. Denn immer wieder träumt er von seinen Taten und bekommt kein Auge zu. Auch als er eine hübsche Frau kennenlernt, die immer wieder mit einer Yacht den Kanal auf und ab fährt, wird es nicht besser. Zwar findet er zum ersten mal in seinem Leben Liebe, aber auch dabei holt seine Vergangenheit ihn auf erschreckende Weise ein.
Zuletzt versuchte sich Matthias Shultheiss erfolgreich an einer düsteren Religionskritik und Gesellschaftssatire. Sein neuster Comic nach “Daddy” trägt den Namen “Woman on the River” und geht in eine vollkommen andere Richtung. Auf den meisten der 61 Seiten dieses Albums geht es um Dennis Albträume aber noch viel mehr darum wie er es jetzt schafft in der Freiheit klar zu kommen. Zum einen Teil füllt sich die Handlung mit seinen inneren Monologen die meist von seinen Ängsten handeln und zum anderen sehen wir mit an wie er zum ersten mal richtige Freunde kennenlernt und mit ihnen eine gute Zeit hat. Doch letztlich kommt es dann doch so wie es kommen muss und seine neu errungene Liebe wird in der wiederaufkommenden Gewalt erdrückt.
Über viele Seiten hören wir dabei den verschwurbelten und oft philosophisch angehauchten Monologen des Protagonisten zu. So was kann sehr schnell ins Auge gehen, denn nichts ist peinlicher als wenn zum Beispiel Batman darüber schwadroniert wie groß seine Verantwortung ist und wie schwer der Tod seiner Eltern an ihm nagt und der Writer dann absolut hölzern und bemüht schreibt. Schultheiss allerdings, kann seinem Dennis sehr schnell viel Tiefe verleihen. Die dunklen und teilweise sehr bedrückenden Gedanken erklären sehr eindringlich wie es ihm geht und was in seinem Kopf die Runde macht. Sehr schnell beginnt man mit diesem ehemaligen Mörder mit zu fühlen und man gönnt ihm sein neues Leben. Am Horizont kündigt sich aber schon sehr schnell an worauf es letztlich hinauslaufen wird, was jede Seite und vor allem jeden neuen schönen Moment noch schwerer zu ertragen macht. Über die längste Zeit handelt es sich also um ein Drama und nur zum Ende wird es kurzzeitig zu einem Thriller.
Alles in diesem Album hat einen starken Grünstich, so färbt der brackige Kanal im Hochsommer alles in seiner nähe mit seiner algigen Farbe ein. Alles ist sehr trostlos gestaltet, Dennis und seine Freundin sind stark vernarbt und auch bei den anderen Figuren betont der Zeichner absichtlich stark die hässlichen Körpermerkmale der Figuren und rückt sie in den Mittelpunkt. Zur beklemmend sumpfigen Atmosphäre und den zelebrierten Makeln gesellt sich noch ein weiteres einfaches, aber effektives Stilmittel. Schultheiss benutzt keinerlei quadratischen Panel, sondern schrägt die Seiten immer ein wenig an, wodurch das Bild zudem noch unruhiger und unangenehm wirkt als schon durch die beklemmende Handlung allein.
Wie für den Autoren und Zeichner typisch konzentriert Schultheiss sich wieder auf die düsteren Seiten des Lebens und hält kräftig drauf. Im Grunde erleben wir nur einen sehr kurzen Zeitraum im Leben des Killers mit, diesen aber sehr ausführlich und vor allem intensiv. Mich konnte das Album jedenfalls von Beginn an fesseln, da diese im Grunde eher unspektakuläre Geschichte ganz einfach mitreißend und emotionsgeladen rübergebracht wird. Ein auf bescheidene Weise toller Comic.
8,6 von 10 Hüte die die Angst nehmen