Der Fall John Yesterday (PC) Preview
John Yesterday wacht eines Tages ohne Erinnerungen an sein früheres Leben auf. Der wohlhabende Henry White nimmt ihn auf und erzählt ihm, John habe einen Suizidversuch hinter sich und aufgrunddessen sein Gedächtnis verloren. Er sei vorher ein Spezialist auf dem Gebiet satanischer Sekten gewesen – genau wie seine Mutter Elaine. Leider hat John bei Gesprächen mit seiner vermeintlichen Mutter immer wieder das Gefühl, dass irgendetwas nicht ganz stimmt und nicht alle Charaktere, die ihm begegnen, vollkommen ehrlich zu ihm sind. Dieses Gefühl wird immer wieder durch Erinnerungsfetzen untermauert. Auf der Suche nach seiner wahren Identität und der Bedeutung der Ypsilon-Narbe auf seiner Handinnenfläche begegnet er in Paris auch der hübschen Antiquitätenhändlerin Pauline, mit der er anscheinend eine leidenschaftliche Beziehung führte. Wenn er sich doch nur erinnern könnte...
Das Spiel ist ein klassisches Point&Click-Adventure – zumindest auf den ersten Blick. Nach ein paar Klicks merkt man, dass hier doch schon einiges etwas anders abläuft und man es eher mit einem interaktiven Comic zu tun hat. Es gibt zwar bilschirmfüllende, handgezeichnete Orte, in denen sich die Figuren bewegen, aber spricht man mit Personen oder interagiert man mit Gegenständen, werden Panels darüber gelegt, in denen man das Geschehen genauer dargestellt bekommt. Zwischensequenzen sind gänzlich animiert, sind jedoch ebenso comicartig aufgebaut, so dass eine ganz eigene Dynamik im Spielablauf auftritt.
Die Bedienung ist im Gegensatz zu früheren Point&Click-Adventures, bei denen man noch selbst herausfinden musste, wie man mit Gegenständen interagiert bzw. wie genau man Gegenstände kombinieren könnte, sehr vereinfacht. Der Spieler hat eine kleine Menüleiste am unteren Bildschirmrand zur Verfügung, die auch gleichzeitig das Inventar darstellt und bei Bedarf minimiert werden kann. Neben simplen Spielfunktionen wie „Beenden“ oder der Auswahl des gewünschten Kapitels, stellt die Menüleiste auch eine Hilfe bereit. Hat der Spieler schon mehrere Male versucht, ein Rätsel zu lösen, füllt sich währenddessen ein kleines Lampensymbol, bei dem man sich bei voller Anzeige einen Tipp abholen kann. Diese Tipps kommen jedoch oft der Lösung gleich.
Kann ein Gegenstand näher betrachtet werden, erscheint über diesem eine Lupe. Klickt man auf den Gegenstand, wird dieser in einem eigenen Panel vergrößert gezeigt. Sollte eine weitere Interaktion möglich sein, werden unten rechts im Panel Zahnräder angezeigt. Werden diese betätigt, wird die entsprechende vorgegebene Aktion ausgeführt.
Die Kombination von Gegenständen geschieht durch altbekanntes Drag&Drop. Die Bedienung ist somit sehr intuitiv und effizient. Das führt jedoch auch dazu, dass viele „Rätsel“ ohne viel Rätseln durchgeklickt werden können, da der Spieler kaum Eingriffsmöglichkeiten hat und vieles schlichtweg vorgegeben ist.
Die Geschichte erinnert an Filme a la „Memento“ und mischt noch ein wenig Okkultismus hinein. Das wirkt durchaus interessant, ist aber an ein paar Stellen sehr durchschaubar. Die von mir angespielte Preview-Version umfasst die ersten vier von sieben Kapitel, die soweit ganz dicht erzählt sind und mit einigen eigenartigen Charakteren aufwarten können. Allerdings kommen keine wirklich überraschenden Momente auf. Erst zum Ende des vierten Kapitels werden Szenen gezeigt, die die Geschichte vielleicht von gewohnten Bahnen abbringen könnten. Es wird also spannend und ich werde mich hüten, ein Urteil über die Geschichte zu fällen, ohne sie komplett gespielt zu haben.
Die Charaktere sind zum überwiegenden Teil liebevoll gestaltet und es wird ausreichend Hintergrund gegeben, um ihnen Relevanz zu geben. Leider fällt Pauline da ein wenig heraus. Der Charakter bleibt etwas fad und die Erinnerungen Johns an ihre Beziehung wirken sehr klischeehaft. Allerdings ist ja auch hier das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Richtig gut ist die Tatsache, dass die Erzählperspektive mehrmals wechselt. So beginnt man das Spiel als Henry White in der Vergangenheit, der zusammen mit seinem Kumpel Cooper mehreren Obdachlosenmorden nachgeht. Es folgt ein Wechsel zu Cooper. Mit dem Sprung in die Gegenwart des Spiels wird das Zepter langsam an John Yesterday übergeben. Das funktioniert prima und lässt einen die Geschichte aufmerksam verfolgen.
Die Sprecher machen ihre Sache sehr gut. Dadurch, dass nur die Preview-Version vorlag, war die Sprachausgabe oft nicht synchron, so dass die Wirkung und vor allem die erzeugte Stimmung schwierig zu beurteilen sind. Aber Konstantin Graudus (u.a. Staplerfahrer Klaus, Tatort,...) als Erzähler liefert super ab. Er schafft es, unterstützend zu klingen, aber im gleichen Atemzug auch den Eindruck zu hinterlassen, als würde er mehr wissen und sich vor allem auch ein bisschen über John lustig machen. Gut, gut.
Der Stil ist wie schon erwähnt sehr comicartig. Die Orte sind handgemalt und richtig schick. Die Personen sind leider 3D-Modelle, die sich nicht unbedingt immer in ihre gezeichnete Umgebung einfügen wollen. Das ist nicht schön; das funktioniert in den komplett computeranimierten Zwischensequenzen besser.
Die Nahaufnahmen während der Gespräche sind ebenfalls nicht sehr schön anzusehen. Meist bestehen diese nur aus einem Bild des Charakters, bei denen sich fast nur der Mund bewegt - wenige zeigen mal ein Blinzeln oder irgendeine andere Bewegung.
wird im April ein weiterer Beitrag zum langsam wieder mit mehr Aufmerksamkeit bedachten Point&Click-Adventure-Genre sein. Wenn die vier Kapitel der Preview-Version repräsentativ sind, wird es leider ein sehr kurzer Spaß. Die Rätsel sind durch die sehr simple Steuerung leicht zu lösen, so dass man sehr rasch Fortschritt macht und somit die an sich gute Geschichte schnell durcharbeitet. Ob die Geschichte Wendungen nimmt, die dem Ganzen einen noch ausgebliebenen eigenen Stempel aufdrücken, bleibt abzuwarten.
? von 10 Walter